Der Mensch und seine Personen im deutschen Recht

Standard

Es wird in rechtlichen Definitionen des Begriffs „Person“ immer nur von zahlenmäßig einer Person des Menschen gesprochen, nämlich allgemein die des Menschen in seiner Rolle als Träger von Rechten und Pflichten, als stehe ihm nur diese eine zur Verfügung.

Tatsächlich aber ist es gang und gäbe, dem Menschen mehrere verschiedene Personen, die ihm zur Verfügung stehen, zuzuordnen. Wer’s nicht glaubt, der gebe in einschlägigen oder weniger einschlägigen Internet-Suchmaschinen mal die Wortgruppe „in seiner Person als“ oder „in ihrer Person als“ ein. Dann wird schnell deutlich, wie unmißverständlich und im Sprachgebrauch fest etabliert im Grunde die Vorstellung ist, daß ein und derselbe Mensch in mehreren verschiedenen Personen, also in verschiedenen Rollen oder Eigenschaften handeln und auftreten kann.

Es wird in der deutschen Sprache völlig synonym verwendet:

in seiner Rolle als …
in seiner Eigenschaft als …
in seiner Person als …

Auch in juristischen Texten wird diese Formulierung gern verwendet. Hier die erstbesten paar Beispiele aus der Suchmaschine:

„Wäre der Anspruch daher zunächst in ihrer Person als Erbin entstanden, so wäre er gemäß dem wirksamen und sie bindenden Abtretungsvertrag sogleich auf den Abtretungsempfänger (J. E.) übergegangen.“
Urteil des 5. Senats des Bundesverwaltungshofs vom 23. Oktober 2008 BVerwG 5 C 31.07

„Der Angeklagten, der bekannt sei, daß auch die Verfolgung von Verkehrsordnungswidrigkeiten zu den Aufgaben der Polizei zähle, sei es bei der Äußerung „ganz eindeutig“ darum gegangen, den Beamten in seiner Person als Polizist und in seinem konkreten Handeln herabzuwürdigen.“
Kammergericht Berlin Beschluss v. 27.09.2000 (5) 1 Ss 365/99 (15/00)

 „Der dem Handelsvertreter W. angelastete Verstoß liegt in seiner Person als Geheimnisträger begründet und rührt aus seiner früheren Tätigkeit für die Klägerin her.“
BGH · Urteil vom 19. Dezember 2002 · Az. I ZR 119/00

 „Er führt aus, der Verfügungsbeklagte zu 2.) habe nicht als natürliche Person gehandelt, sondern lediglich als Geschäftsführer der Beklagten zu 1.).“

Damit dürfte belegt sein, daß die „eigene Person“ gleichbedeutend mit der „natürlichen Person“ eines Menschen ist. Da stellt sich mir die Frage, wie der Staat die von ihm beanspruchte gesetzliche Verfügungsgewalt über „natürliche“, also vorstaatliche Personen rechtfertigt? Sobald man in der Rolle einer bestimmten Funktionseinheit handelt, also z.B. als Beamter oder Geschäftsführer oder Angestellter oder Regierungsbeamter oder Bundestagsabgeordneter oder was auch immer, dann handelt man also nicht als natürliche Person, sondern „nur“, also wohl begrenzt auf diese Rolle. Wie kann der Staat nun einen Menschen in seiner natürlichen, also vorstaatlichen Person dazu bringen, auf sein Widerstandsrecht zu verzichten und sich zuverlässig staatlichen Vorgaben zu unterwerfen? Nun, indem er ihn glauben läßt, er sei auch als natürliche Person nichts als eine staatliche Funktionseinheit.

„Wenn er sich in seiner Person als Organ dieser Gesellschaft der Unterlassungsverfügung nicht hätte aussetzten wollen, hätte er, wenn er anderer Auffassung als der Gesellschafter der Verfügungsbeklagten zu 1.) gewesen wäre, sein Amt niederlegen müssen.“
LG Dortmund · Urteil vom 4. Dezember 2003 · Az. 16 O 107/03

„Im Rahmen dieser Interessenabwägung hat das Berufungsgericht zutreffend darauf abgestellt, dass die Klägerin an der beabsichtigten Herstellung des Tonträgers, für die sie die Einräumung der beantragten Nutzungsrechte begehrt, aus Rechtsgründen gehindert ist, weil an den Musikstücken, die der Tonträger wiedergeben soll, Leistungsschutzrechte des Streithelfers bestehen, die in seiner Person als ausübendem Künstler der betreffenden Darbietungen entstanden sind, und weil die Klägerin insoweit nicht über die für die Herstellung des Tonträgers erforderlichen Nutzungsrechte verfügt.“
BGH · Urteil vom 22. April 2009 · Az. I ZR 5/07

Hier haben wir einen Fall, wo jemand direkt in verschiedenen der ihm zur Verfügung stehenden Personen am Streit beteiligt ist, nämlich einmal in seiner Person als sogenannter Streithelfer der Beklagten und einmal als ausübender Künstler mit Rechten an seinen eigenen Darbietungen.

„Insoweit weist die Klägerin darauf hin, dass sie Mitgesellschafterin der … GbR sei und aufgrund der Vertragsgestaltung als atypische stille Gesellschaft nur ihr Ehemann als Geschäftsführer und in seiner Person als Gewerbetreibender angemeldet sei.“
Finanzgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 24.03.2009, Az. 4 K 1524/06

Auch hier: Der Ehemann tritt in nur einem einzigen Urteilssatz in gleich drei verschiedenen Personen in Erscheinung: als Ehemann, als Geschäftsführer einer GbR und als Gewerbetreibender, allesamt verbunden mit jeweils verschiedenen Katalogen aus Pflichten und Rechten.

 „Das bedeutet, dass der Rechtsnachfolger gegenüber der Bekanntgabe seiner Pflichtigkeit gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1 SOG M-V nur geltend machen kann, dass in seiner Person die Rechtsnachfolge nicht eingetreten sei oder in seiner Person als Rechtsnachfolger Gründe liegen, die im Vollstreckungsverfahren zu berücksichtigen wären.“
Oberverwaltungsgericht für das Land Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 08.07.2009, 3 M 84/09

Hier wird in einem einzigen Satz das Wort Person in sowohl der allgemeinen Form als auch in der speziellen Rollenform verwendet. Wir dürfen wohl davon ausgehen, daß von der natürlichen Person des betreffenden Mannes die Rede ist, wenn es heißt, „in seiner Person sei die Rechtsnachfolge nicht eingetreten“. Woraufhin seine spezielle Person als Rechtsnachfolger ins Spiel gebracht wird.

Ich will an dieser Stelle mal aufhören mit den einschlägigen juristischen Beispielen und konstatieren, daß die herrschende Rechtsprechung in der Bundesrepublik Deutschland nachweislich die Existenz verschiedener Rechtspersonen kennt und juristisch regelmäßig berücksichtigt. Ich konstatiere weiterhin, daß die „natürliche Person“ des Bürgerlichen Gesetzbuchs der „eigenen Person“ entspricht.

Im Otto Palandts Bürgerlichem Gesetzbuch von 1956 heißt es:

 „Natürliche Personen sind die Menschen. Das BGB geht selbstverständlich davon aus, daß jeder Mensch die allgemeine Rechtsfähigkeit besitzt, d.h. grundsätzlich fähig ist, Träger irgendwelcher Rechte oder Verbindlichkeiten zu sein (Was bei den Sklaven nicht der Fall war.) Das bedeutet aber nicht etwa, daß jedem Menschen jede Rechtsstellung zugänglich wäre. Gewisse Rechtsstellungen setzen ein bestimmtes Geschlecht, ein gewisses Alter, früher auch die Zugehörigkeit zu einer Zunft, einem Stand o.ä. voraus. … Der Begriff der allgemeinen Rechtsfähigkeit, und damit derjenige der Person, deren einziges Kennzeichen die allgemeine Rechtsfähigkeit ist, hat viel von seiner grundlegenden Bedeutung verloren, wenn man erkennt, daß mit der Feststellung der allgemeinen Rechtsfähigkeit (Rechtspersönlichkeit) so lange nichts gewonnen ist, als nicht auch die besondere Rechtsfähigkeit auf dem betreffenden Gebiet feststeht. …
Natürliche Person ist der Mensch. Er ist stets rechtsfähig im Sinne der allgemeinen Rechtsfähigkeit und damit Rechtssubjekt (=Person). … Die Sklaverei ist dem deutschen Recht unbekannt; ein Mensch, der nach ausländischem Recht Sklave ist, ist nach deutschem Heimatrecht rechtsfähig. – Unterscheide von Rechtsfähigkeit die Handlungsfähigkeit, das ist die Fähigkeit, durch eigenes Handeln Rechtswirkungen hervorzubringen. … Sie wird unterteilt in Geschäftsfähigkeit und Verantwortlichkeit.“

Halten wir also fest: Ein Mensch ist grundsätzlich mit seiner Geburt allgemein rechtsfähig. Er erhält also seine allgemeine, seine natürliche Person. Ein Mensch, der außerhalb Deutschlands diese natürliche allgemeine Rechtsfähigkeit nicht hat, bekommt sie innerhalb Deutschlands nach deutschem Heimatrecht, d.h. sobald er eine Heimat „vorweisen“ kann, bekommt er diese Rechtsfähigkeit. Da für in Deutschland geborene Menschen automatisch allgemeine Rechtsfähigkeit gilt, weil Sklaverei nach deutschem Recht unbekannt ist, dürften sie nicht obendrein einen Heimatnachweis brauchen, um als allgemein rechtsfähig zu gelten.

Um einen Menschen mit seiner natürlichen, seiner eigenen Person, die sich aus seiner Geburt ergibt und die ihn ganz allgemein rechtsfähig macht, ihn zum rechtlichen Subjekt, also zum selbst Handelnden qualifiziert, um diesen Menschen nun mit bestimmten Rechten und Pflichten zu versehen, für die er bestimmte Voraussetzungen benötigt, muß seine besondere Rechtsfähigkeit für diese bestimmten Rechte und Pflichten festgestellt werden. Wie wird eine solche besondere Rechtsfähigkeit festgestellt? So ziemlich ausnahmslos durch ein Dokument, einen sogenannten Titel oder auch Rechtstitel, der zur Wahrnehmung dieser bestimmten, besonderen Rechte und Pflichten befähigt.

Jedes rechtswirksame Dokument mit Daten in Bezug auf einen Menschen sagt also etwas über seine besondere Rechtsfähigkeit auf einem bestimmten Gebiet aus, man könnte sagen, es verschafft ihm die für die besondere Rechtsfähigkeit auf diesem Gebiet nötige Person oder Eigenschaft. Deshalb ist jedes Dokument mit Daten in Bezug auf einen Menschen, das als Beleg für irgendetwas gilt, ein Rechtstitel, der ihm eine bestimmte Rechtsperson mit bestimmten Rechten und Pflichten zuweist bzw. zur Verfügung stellt.

All das gilt nach deutschem Recht von 1956. Schaut man in das Bürgerliche Gesetzbuch in der Ausgabe von 2008, steht da ein bißchen was anderes:

„Das BGB unterscheidet natürliche und juristische Person. Den Oberbegriff Person versteht es nicht im rechtsethischen, sondern im rechtstechnischen Sinn: Personen sind Subjekte von Rechten und Pflichten. Das für den Personenbegriff des BGB entscheidende Merkmal ist damit die Rechtsfähigkeit, d.h. die Fähigkeit, Träger von Rechten und Pflichten zu sein. Bei den natürlichen Personen geht das BGB als selbstverständlich davon aus, daß jeder Mensch ohne Rücksicht auf Stand, Geschlecht oder Staatsangehörigkeit rechtsfähig ist. Darin kommt richtig zum Ausdruck, daß die Rechtsfähigkeit dem Menschen nicht vom Gesetzgeber verliehen wird, sondern ihm vorgegeben ist. Dagegen ist die juristische Person eine Zweckschöpfung des Gesetzes; ihre Rechtsfähigkeit beruht ausschließlich auf der Anerkennung durch die Rechtsordnung. …

Der Grundsatz, daß alle Personen rechtsfähig sind, bedeutet nicht, daß jedermann jede Art von Rechten haben kann. … Von der allgemeinen Rechtsfähigkeit ist daher die besondere Rechtsfähigkeit im Hinblick auf den Erwerb bestimmter Einzelrechte zu unterscheiden.“

Es wird heutzutage also klar festgestellt, daß die allgemeine, durch die Geburt erworbene Rechtsfähigkeit als natürliche Person nicht vom Gesetzgeber zugestanden wird, sondern von ihm als gegeben anerkannt werden muß, daß sie also vorstaatlich ist. Wenn im aktuellen BGB nicht mehr von Sklaverei die Rede ist, so liegt das wohl daran, daß Sklaverei seit 1956 offziell durch die UNO geächtet ist, nicht etwa, daß Sklaverei wieder eingeführt ist.

Also: Auch im aktuellen, bei der Rechtsprechung in der Bundesrepublik Deutschland angewandten Recht (BGB) gibt es das Konzept der allgemeinen Rechtsfähigkeit (welche mindestens den allgemeinen Menschenrechten der UNO-Menschenrechtskonvention entsprechen dürfte und höchstens dem allgemeinen Grundsatz, daß die eigenen Rechte dort enden, wo die eines anderen Menschen beginnen),  welche als „natürliche Person“ bezeichnet wird, und das Konzept der besonderen Rechtsfähigkeit, welche dem jeweiligen Rechtstitel entspricht, durch welche sie erworben wird, und die eine andere, speziellere Rechtsperson als die natürliche Person darstellt.

Kein solches Dokument kann aber bewirken, daß der Mensch seine durch seine vollendete Geburt erworbene allgemeine Rechtsfähigkeit nach deutschem Recht verliert, seine natürliche, seine eigene Person, deren allgemeines Vorhandensein ja unabdingbare Voraussetzung ist für jede besondere, bestimmte, konkretere Rechtsfähigkeit, die ihm mit verschiedenen Dokumenten, mit Rechtstiteln bescheinigt wird. Untergeordnetes kann Übergeordnetes nicht außer Kraft setzen, weil es sonst implizit selbst außer Kraft wäre.

Außerdem kann niemand gezwungen werden, unter einem ihm zur Verfügung stehenden Rechtstitel aufzutreten, es sei denn, das ist ausdrücklicher Bestandteil der sich aus dem Rechtstitel ergebenden Pflichten, die aber wiederum mit Wegfall des Rechtstitels erlöschen. Ansonsten aber gilt kein Rechtstitel stets und ständig – mit Ausnahme des einen, allen anderen Rechtstiteln zugrunde liegenden Rechtstitels „lebender Mensch in eigener, natürlicher Person“, der mit der ersten Nennung des Geburtsnamens beginnt und erst mit dem Tode des Menschen erlischt. Logisch? Logisch.

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  1. Ist für mich eine gut nachvollziehbare Erklärung zum Thema der verschiedenen „Personen“. Auch ich habe immer wieder die Bediensteten der BRD bei meinen Schreiben auf die rechtliche Nicht-Identität meiner eigenen Person und die der staatlichen Person aufgeklärt. Ohne Wirkung. Sie machen keinen Unterschied und greifen über die juristische (staatliche) Person gleichen Namens auf mich als Mensch und mein Eigentum (per Pfändung) zu. Bei einem BRD-Gericht zu klagen ist, da sind wir uns wohl einig, völlig sinnlos. Das wissen auch die Bediensteten und fühlen sich dadurch sehr sicher. Ich habe zwar auch schon beim Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag Strafanzeigen eingereicht, bin aber mittlerweile derselben Überzeugung wie Peter Christof von freiheitistselbstbestimmtesleben daß die beim ICC nicht aktiv werden und dieser Gerichtshof eine reine Hollywood-Inszenierung zur Beruhigung der Leute ist. Mit Spannung verfolge ich deshalb auch Ihre „Knöllchen-Affäre“. Letztendlich werden sie bei Ihnen, genauso wie bei mir, sich das Geld per Pfändung holen. Wenn man also von Seiten der BRD-Gerichtsbarkeit und der übergeordneten Gerichtsbarkeit eines ICC sich keine Hilfe erwarten kann, was bleibt dann noch? Bewaffneter Widerstand? Scheint keine geeignete Lösung. Wie denken Sie hier?

  2. Klar, am Ende kommt gnadenlos die Pfändung. Die haben eben keine Anweisung, bei den Personen eines Menschen einen Unterschied zu machen. So läuft das in Ami-Land auch, da nennen sie die staatliche Person „strawman“. Man steht ohne Common-Law-Rechtsstruktur (lawful) als Alternative zum staatlichen Rechtssystem (legal) ziemlich im Regen. Ich habe mir schon die kompliziertesten Modelle ausgedacht, um der totalen Schutzlosigkeit irgendwie zu entgehen. Bringt aber alles nichts. Je komplizierter, desto falscher, will mir scheinen.
    Möglicherweise ist die Sache mit dem Staatsbürgerschaftsausweis doch eine heißere Spur als ich bisher dachte. Ich gehe kommenden Dienstag einen beantragen.

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