Archiv für den Monat November 2013

Nachweis für die Sinnlosigkeit der Paragraphenzerlegerei

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Jeder noch so kleine Verein in Hinterposemuckel wird von den Amtsgerichten genau dahingehend überwacht, ob er sich bei seinen Beschlußfassungen auch an seine Satzung hält.  Im Bundestag hat man sowas nicht nötig.

Treppenwitz der Geschichte: Weimar live in Berlin, keine hundert Jahre später. Es gibt nur kein Preußen mehr, das man auf diese Weise aus dem Weg räumen muß.

Über Männer, Frauen und Kulturgeschichte

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Was ich früh über Männer und Frauen gelernt habe

Was das Verhältnis zwischen Männern und Frauen in einer Gruppe anbelangt, mache ich mir aus meinen persönlichen Erfahrungen heraus schon tiefschürfende Gedanken, seit ich etwa achtzehn war. Ich habe damals schon ein paar Jahre lang miterlebt, wie in einer aus 8-10 Familien (meist mit Kindern und teilweise auch mit Großeltern) bestehenden und viel Zeit gemeinsam in der Natur verbringenden Gemeinschaft im Zusammenleben archaische Strukturen zum Vorschein kamen.

Das lag mit daran, daß als gemeinsames Hobby die Gebräuche einer Jäger-Sammler-Kultur nachgeahmt wurden. Jedenfalls beobachtete ich, wie sich die Gemeinschaft in die sozialen Gruppen „Männer“, „Frauen“ und „Kinder“ aufteilte, die aus der Nachahmung der fremden Kultur heraus jede für sich ihre besonderen und die anderen durchaus notwendig ausschließenden Aktivitäten und Aufgaben hatten. Es gab gelegentlich auch weitere Unterteilungen in „junge Frauen/ältere Frauen“ oder „junge Männer/ältere Männer“ und „Kinder/Teenager“. Ich habe fasziniert erlebt, wie „die Frauen“ gegen „die Männer“ in Streitigkeiten verwickelt waren, quer durch die Ehen hindurch. Wie „die Kinder“ von „den Erwachsenen“ erzogen wurden, wie sie aber auch in gemeinschaftliche Unternehmungen ganz selbstverständlich einbezogen wurden, ab einem bestimmten Alter auf Seiten ihrer Geschlechtsgruppe. Und ich habe auch erlebt, wie es die Sozialstruktur und das innere Gleichgewicht einer solchen Gruppe bis fast hin zur Handlungsunfähigkeit und Auflösung beschädigt, wenn religiöser Fundamentalismus und damit Respektlosigkeit Einzug hält.
Klar gab es auch einen „Anführer“, aber der war das durch anerkannte Kompetenz und nur als Sprecher und Unterschreiber, also als Repräsentant nach außen hin. Entschieden oder vefügt hat er nichts. Entscheidungen wurden in der Gruppe getroffen, mit Stimmrecht für alle Erwachsenen.

Das ist eine unbezahlbare Erfahrung, die ich damals machte. Sie bewahrte mich davor, je in die modische Falle der ideologisch-romantischen Frauenüberhöhung zu tappen. Ich weiß seitdem, daß geschlechts- und altersspezifische Gruppen mit eigenen alltäglichen und spirituell-sakralen Aufgaben für inneren Frieden und Stabilität in der Gemeinschaft sorgen. Und daß all diese Gruppen ihre Schwächen und Stärken haben.

Seitdem weiß ich auch, es ist am besten, wenn Männer Männerdinge tun, Frauen Frauendinge und Kinder Kinderdinge – und dabei genügend Freiraum bleibt für Ausnahmefälle. Und daß es den Druck aus Unzufriedenheitssituationen nimmt, wenn allgemein Spötteleien erlaubt sind, Bosheit und ernsthafte Respektlosigkeit aber nicht toleriert werden. Ich habe also selbst erlebt, wie vorstaatliche Gesellschaften sich für den Einzelnen in etwa anfühlen und wie leistungsfähig sie durchaus sind – im Rahmen ihrer vorstaatlichen Kultur.

Und damit sind wir beim eigentlichen Thema: Wer ist hauptverantwortlich dafür, wenn eine Kultur durch die Begegnung mit einer anderen Kultur untergeht?

Die Frauen

Beispiel: Wie kam es zur Aufgabe der Jäger-Sammler-Kultur zugunsten des Ackerbaus, obwohl das eine viel mühsamere Lebensweise und vor allem eine in überwiegend hierarchischen Verhältnissen war? Mephistopheles im Gelben Forum schrieb höchst unterhaltsam im Oktober 2013:

„Dieser Artikel in der FAZ „Gar lustig ist die Jägerei allhier auf grüner Heid“ hat mir die Augen geöffnet. (Jetzt nur noch im Bezahl-Archiv, aber ich hab das Original) Er berichtet davon, wie in Europa gleichzeitig Jäger- und Sammler-Gesellschaften und Ackerbauern existierten.

Nur, zu was braucht der Mann all die Mühe und Plage, die mit dem Ackerbau verbunden ist?
Mann ist doch glücklich beim Pirschen durch die Wildnis, beim Ansitz, beim schnellen und sicheren Zuschlagen, und abends wird im Kreise der Kameraden das Wild gegrillt. Oder die Fische.
Zu was braucht er da Geld? Und zu was braucht er eine Hierarchie?

Aber leider, leider erweisen die genetischen Untersuchungen, dass die Frauen abwanderten von den Jägern zu den Bauern. Obwohl alle Agrargesellschaften Hierarchien entwickeln. Eine umgekehrte Drift, von den Bauern zu den Jägern und Sammlern, hat es nicht gegeben.

Natürlich kannst du eine Frau leicht erobern, wenn du den wilden Jäger markierst, mit gespendetem Wildbret und mit der Klampfe beim Lagerfeuer und Gesang und nebenan ist das Gebüsch.
Aber wenn dir dann die nötigen Penunzen fehlen, dann ist es bald aus und vorbei mit der Liebe.
Und das weißt du auch ganz genau.

Deswegen auch die Schwärmerei von der Urzeit und den solidarischen Sippschaften mit Frauentausch und so hier im Forum. Das sind die, die darauf spekulieren, dass sie beim Zusammenbruch der Zivilisattion auch ohne Geld, nur als wilde Kerle, eine abbekommen würden.“

Der betreffende FAZ-Artikel basiert vermutlich auf dieser dpa-Meldung hier, aus der man wohl ungestraft zitieren darf:

„Die Wissenschafter sind sich sicher, dass die Jäger und Sammler in der gleichen Höhle ihre Toten bestatteten wie die Ackerbauern. Wildbeuter-Frauen heirateten bisweilen in die Bauerngesellschaften ein, während sich keine genetischen Linien der Bauersfrauen bei den Jägern und Sammlern finden. «Dieses Heiratsmuster ist bekannt. Bauersfrauen empfinden die Einheirat in Wildbeuter-Gruppen als sozialen Abstieg», erklärte Bollongino.“

Ich kann mich außerdem erinnern, vor ein paar Jahren irgendwo (möglicherweise auch im Gelben Forum) von Zeitzeugen Aussagen gelesen zu haben, daß die Polen und Tschechen den Deutschen gegenüber u.a. deswegen grundsätzlich eher feindselig gesinnt waren, weil die ihnen ihre attraktivsten Mädchen wegschnappten. Deutsche Männer waren (sind?) sehr beliebt bei slawischen Frauen. Es wurde als sozialer Aufstieg wahrgenommen, wenn man einen Deutschen heiratete. Man wurde „etwas Besseres“, weil Wohlstand bei einer solchen Heirat als so gut wie garantiert galt. Dafür stellte frau auf der romantisch-körperlichen Seite gerne weniger Ansprüche. Zumal die slawischen Männer ihrerseits nicht gerade legendär sind für ihre Liebeskünste … ^^

Die Frauen wandern also nach und nach aus der eigenen Kultur in die fremde ab, wenn die fremde allgemein mehr Sicherheit und Annehmlichkeiten bietet. Insofern tragen sie dazu bei, daß die eigene Kultur nach und nach ausstirbt bzw. assimiliert wird.

Die Männer

Das ist aber nur die eine Seite der Medaille! Denn die Verantwortung für das Erlöschen einer Kultur liegt eben nicht allein bei den Frauen, die zum „Feind“ überlaufen, weil der erstrebenswertere Lebensbedingungen zu bieten hat. Fakt ist nämlich, wie ich aus der Völkerkunde- und Trachtenforschung weiß, daß die Männer so gut wie immer die ersten sind, die sich für die unbekannte materielle Kultur begeistern und deren Kleidung  und Waffen übernehmen, weil das als besonders cool unter Ihresgleichen gilt. Die Frauen sind dagegen diejenigen, die bis zuletzt an der althergebrachten Kleidungsweise und an den Sitten ihrer Kultur festhalten. Ein Blick ins Sorbenland bestätigt das, ein Blick zu den Indianern verschiedenster Stämme auch. Die letzten Träger traditioneller Trachten sind fast ausnahmslos Frauen.

Eitelkeit, Wettbewerbssucht und notorisches Statusstreben bringen die Männer einer Kultur dazu, sich gegenüber ihren innergemeinschaftlichen Konkurrenten mit Elementen fremder materieller Kultur hervorzutun und ihre eigene Kultur insofern als weniger attraktiv und statusträchtig zu behandeln. Je überlegener und mächtiger die Fremden erscheinen, desto schneller übernehmen die Männer deren Habitus und Gebahren.

Wie gesagt, das kann man historisch überall belegen. Auch in Deutschland haben regelmäßig zuerst die Männer der einfachen Landbevölkerung die städtische Mode übernommen. Ihre Frauen übernahmen üblicherweise nur einzelne Elemente wie modische Jackenschnitte, Kurzwaren und teurere Stoffe und veränderten ihre Tracht damit, hielten aber insgesamt an ihrem Grundschnitt viel länger fest. So kommt es, daß viele bäuerliche Frauentrachten bis ins 20. Jahrhundert hinein Schnitte aufweisen, die für die Renaissance, also das 16. Jahrhundert typisch waren, die Männer dagegen Kleidung trugen, die der städtischen Männermode tendenziell stets dicht auf den Fersen war.

Fazit:

Männer wie Frauen tragen gemeinsam Verantwortung dafür, wenn ihre Kultur untergeht. Die Männer übernehmen materielle Elemente der Kulturfremden und betonen so die Attraktivität dieser Kultur, während die Frauen in die fremde Kultur einheiraten, wenn das Sicherheit und Wohlstand bedeutet – und sie die Wahl haben.

Junge Frauen und Männer als Ressource einer Gruppe

Damit sind wir beim nächsten Aspekt, der mir in dem Zusammenhang einfiel: Stagniert eine Kultur, wenn sie ihre Frauen nicht frei wählen läßt, wen sie heiraten?

Ich glaube, das kann man nicht so generell sagen. Denn im nachrömischen zivilisierten Europa durften die Frauen mindestens tausend Jahre lang nicht selbst bestimmen, wen sie heiraten wollten. Dennoch gab es aus den europäischen Gesellschaften heraus eine deutliche gesellschaftliche und kulturelle Entwicklung in dieser Zeit. Da spielen also mit Sicherheit andere Faktoren eine größere Rolle. Andererseits scheinen streng islamische Gesellschaften, die ihre heiratsfähigen Mädchen und Frauen zu Handelsware degradieren, tatsächlich unfähig, sich aus eigener Kraft kulturell weiterzuentwickeln.

Unbestreitbare Tatsache ist wohl, daß eine Gruppe mit eigener kultureller Identität auf ihre gebärfähigen Mädchen und Frauen angewiesen ist, wenn sie fortbestehen will. Und auf ihre waffenfähigen jungen Männer ebenfalls, um nach außen hin die Interessen der Gruppe zu verteidigen und nach innen die Versorgung mit allem Lebensnotwendigem zu gewährleisten. Beide Kategorien von Gruppenmitgliedern sind unverzichtbare Ressourcen. Hat die Gruppe zu wenig gebärende Mädchen und Frauen, stirbt sie aus demographischen Gründen aus. Hat sie zu wenige junge Männer, kann sie nicht mehr nach außen verteidigt werden, und die Gruppe verliert ihre Lebensgrundlagen wahrscheinlich nach und nach an andere Gruppen, die dieses Problem nicht haben.

Es macht also durchaus Sinn für eine Gruppe, diese wichtigen Ressourcen zu hüten und strategisch klug einzusetzen. Ist das vielleicht sogar die eigentliche Ursache für die Entstehung des Patriarchats? Aber nein, auch Frauen können über die Verwendung solcher Ressourcen strategisch klug entscheiden, und es könnte ja auch die Gruppe an sich sein, die einer Heirat im Interesse aller zustimmen muß.

Unbestreitbare Tatsache ist jedenfalls, daß bei freier Wahl für gebärfähige Frauen der Bestand der Gruppe fast automatisch gefährdet wird, sobald sie in Kontakt mit einer anderen Kultur kommt, denn ihre jungen Frauen könnten sie verlassen. Eine gebärfähige Frau aus der Gruppe weggehen zu lassen war deshalb ein so großer Verlust, daß er möglichst mit teilweise sehr erheblichen anderen Werten ausgeglichen werden mußte – der Beginn des viel geschmähten Brautpreises. Am besten wurde sie mit einer anderen gebärfähigen Frau ersetzt, was übrigens eine der häufigsten Bündnisversicherungen zwischen vorstaatlichen  Gruppen war. Frauentausch war der Anfang von allem Handel, sagen einige Forscher.

Wie dem auch immer. Es ist ein Balanceakt für jede Kultur, ihren jungen Leuten Wahlfreiheit zu lassen und dabei zu verhindern, daß diese Wahlfreiheit den Bestand der Kultur über kurz oder lang gefährdet. Und niemand kann es den Frauen oder Männern übelnehmen, wenn sie eine andere Lebensweise attraktiver finden als die ihrer Vorfahren und ihre Lebensentscheidungen entsprechend treffen. (Was die geringe Nachwuchsproduktion anbelangt, gibt es ja außerdem auch noch diesen Aspekt).

Übelnehmen kann man aber sehr wohl denjenigen ihr Tun, die eine fremde Kultur gezielt zerstören, indem sie die nachwachsende Generationen dieser Kultur glauben macht, die Werte ihrer Vorfahren seien verwerflich und abstoßend, und sie entstammten einem verachtenswerten „Tätervolk“. Ich kämpfe bis heute gegen die Folgen dieser Indoktrination bei mir. Deshalb nehme ich das den Verantwortlichen und Ausführenden sehr, sehr übel.

P.S.: Sehe grade, daß der neueste Pranger des Herrn W. thematisch paßt: Nr. 460 vom 20.11.2013.

Affengeile Session gestern

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Folklastig, aber nicht nur Folk. Ausgesprochen viel Gesang, häufige spontane Chorharmonien, bei denen vom tiefsten Baß bis zum höchstem Sopran alles vertreten war, von Katjuscha über Irland/Schottland, Italien, Bluegrass, Musical und Rock ’n Roll. Und ganz viele deutsche Traditionals zwischendrin, von Revolutions- und Auswandererliedern bis hin zu den üblichen Volksliedstandards und tiefschwermütigem Sterbekram, samt Rheinländer, Polka und Mazurka. Eine der für mich befriedigendsten Sessions meines Lebens. Ehrlich jetze. Mehr davon, bitte.

Die Körperschaft des öffentlichen Rechts als Organisationsform der Selbstverwaltung

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Klingt grandioser als dieser Eintrag werden kann. Egal.

Die Körperschaft des öffentlichen Rechts ist also (laut Wikipedia, dem Sprachrohr des herrschenden Systems) die typische Organisationsform kommunaler Selbstverwaltung. Sie übernimmt per definitionem staatliche Aufgaben und hat sich dabei an die staatlich vorgegebene Rechtsordnung zu halten, was vom Staat überwacht wird, dem sie also Rechenschaft schuldig ist. Wir lassen jetzt die Diskussion „BRD – Staat oder Nichtstaat“ mal raus. Legitimität spielt keine Rolle bei der Staatsfrage, sondern nur die Fähigkeit, auf einem Gebiet über Menschen Macht durchzusetzen. Leider. Die BRD ist mindestens ein de facto-Staat.

Ketzerische Frage: Ist damit nicht jede Kommune unweigerlich Teil des Macht ausübenden Staates und seiner Rechtsordnung unterworfen, sobald sie sich als Körperschaft des öffentlichen Rechts organisiert?

Und weiter: Verbietet es sich dann nicht von selbst, diese Organisationsform für eine alternative kommunale Selbstverwaltung zu favorisieren?

Und noch weiter: Um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts vermeiden zu können – muß man nicht das öffentliche Recht an sich abschaffen? Öffentliches Recht definiert die Beziehungen zwischen Trägern öffentlicher Gewalt und „Privatrechtssubjekten“. Öffentliches Recht ist ein Symptom der Krankheit Staat. Wenn die Gewalt bei jedem einzelnen „Privatrechtssubjekt“ liegt, braucht es auch kein öffentliches Recht, sondern lediglich ein vereinbartes und von jedem selbst durchsetzbares Land-/Volksrecht (common law, law of the land). Streitigkeiten landen vor dem jederzeit von der Gemeinschaft abwählbaren Richter, Urteile werden durchgesetzt von für jeden Einzelfall bestimmten Vollstreckern.

Ja, das funktioniert nur bei kleinen Gemeinschaften mit uneingeschränkt verantwortlichen und einander verpflichteten Mitgliedern. Keine Bürokratie, keine parasitären wichtigtuerischen Schreibtischtäter. Aber dafür braucht es stolze, selbstbewußte Menschen, keine Untertanen. Das Land ist jedoch voll von unterirdisch tief ergebenen, obrigkeitshörig dressierten Kriechern und widerlichen Radfahrertypen.

Woher also aufrechte, freiheitsliebende Menschen nehmen und nicht stehlen? Und wie sich durchsetzen gegen die Übermacht untertäniger, unselbständiger und gehorsamer Betreuungs-Junkies?

Ich komme immer wieder zur gleichen Lösung: Vorteile durch Vorleben beweisen. Der gemeine Obrigkeitshörige will keine Schwierigkeiten, sondern Vorteile. Das wird eine heikle, endlose Gratwanderung zwischen Widerstand und Nachgeben, um das eigene, sichtbare Handeln – selbst unter den gegebenen Umständen – als offensichtlich vorteilhaft zu präsentieren.