Der Staat als öffentlich-rechtliche Körperschaft in Kanada und Deutschland

Standard

Dean Clifford als wohl Erfahrenster unter den praktizierenden Freemen des Commonwealth hat in seinem neuesten Telefoninterview einige auch für Deutsche sehr interessante Aussagen zum rechtlichen Status des kanadischen Staates gemacht (ab ca. 45:30):

„They have been „granted“ a crown corporation privilege by the Queen going back to England, and that’s why you find the Canada Act of 1982 was actually passed in the United Kingdom. Canada is not a government of this land. They were given a Crown-granted monopoly over this land to protect us under the Commonwealth.“

Übersetzung:
Sie haben von der Königin in England das Privileg einer Crown Corporation „gewährt“ bekommen. Deshalb werdet ihr feststellen, daß der Canada Act von 1982 tatsächlich in Großbritannien verabschiedet wurde. Kanada ist keine Regierung dieses Landes. Kanada bekam von der Krone das Monopol gewährt, uns in diesem Land im Rahmen des Commonwealth zu schützen.

Was genau ist nun eine Crown Corporation? Fragen wir den Kanadischen Rundfunk:

(dt. Übersetzung folgt dem englischen Text)

Crown corporations are peculiar hybrid entities — somewhere between a government body and a private enterprise. They are wholly owned by the state but operate at arm’s length from government.

Crown corporations are created to advance certain policy objectives and in this sense are „instruments of public policy,“ in the words of a Treasury Board report on the subject. But some of them also have to operate in a business capacity, meaning they have commercial interests and competitive pressures to contend with that can, at times, conflict with their policy mandate.

They are generally created to fill a need the government feels is not being met by the private sector, which is either unable or unwilling to provide certain services the government deems necessary or in the national interest.

Often, Crown corporations provide services that would not be economically feasible for a private enterprise to undertake, such as delivering mail in or providing passenger transport to remote or sparsely populated parts of the country. Examples of these types of corporations would be Canada Post or Marine Atlantic, which operates a ferry service between Newfoundland and Labrador and Nova Scotia.

In other instances, they provide public services or functions that don’t quite fall under the purview of a federal or provincial ministry and that the government feels would be best administered through a corporate structure — but not entirely within the commercial sphere.

Crown corporations are peculiar hybrid entities — somewhere between a government body and a private enterprise. They are wholly owned by the state but operate at arm’s length from government.

Crown corporations have been most common in sectors such as transportation, telecommunications, utilities and power generation, but they extend into many parts of the economy, including alcohol sales, gaming, finance, business development, insurance, agriculture and culture.

The degree of financial support and government control of Crown corporations varies. Some are fully funded by government appropriations; others are financially self-sufficient or profit-making corporations that pay dividends, which the government, as the sole shareholder, collects.

Profit-making corporations that operate in a competitive environment are classified in a separate category from other Crown corporations and have greater autonomy in how they operate and how much government oversight they are subject to. They do not have to submit an annual operating budget for government approval, for example, like other Crown corporations do.

Crown corporations are created through either an Act of Parliament or by articles of incorporation under the Canada Business Corporations Act.

They are accountable to Parliament through the minister responsible for that particular corporation.

The government can intervene in the management of a Crown corporation by having the minister responsible issue a directive to the board of directors ordering them to take some specific action.

Provincial Crown corporations function similarly to their federal counterparts. They are accountable to the provincial government and their directors are appointed by the provincial cabinet …

Übersetzung:
Crown corporations sind eine seltsame Mischung aus staatlicher Verwaltung und privatwirtschaftlichem Unternehmen. Der Staat ist hundertprozentiger Eigentümer dieser Körperschaften, sie agieren aber nicht wirklich als staatliche Organe. [Damit entsprechen sie anscheinend ziemlich genau den öffentlich-rechtlichen Körperschaften der Bundesrepublik Deutschland.]

Crown corporations dienen dazu, bestimmte politische Ziele besser zu erreichen und sind insofern „Instrumente der öffentlichen Gewalt“, wie sie in einem Bericht des [kanadischen] Finanzministeriums zu diesem Thema bezeichnet werden. Einige von ihnen müssen aber auch als Unternehmen agieren, was mit unternehmerischen Interessen und Wettbewerbsdruck einhergeht und hin und wieder zu Konflikten mit ihrem politischen Auftrag führt.

Allgemein werden solche Körperschaften für Aufgaben gegründet, die seitens der Regierung als notwendig oder von öffentlichem Interesse betrachtet werden, für welche die Privatwirtschaft aber entweder keine entsprechenden Dienste anbieten kann oder will.

Crown corporations erfüllen Aufgaben, die sich für private Unternehmen wirtschaftlich nicht rechnen würden, z.B. Postzustellung und Passagiertransport in entlegene Regionen des Landes. Beispiele für solche Körperschaften wären die Canada Post oder die Marine Atlantic, von welcher die Fähre zwischen Newfoundland, Labrador und Nova Scotia betrieben wird.

In anderen Fällen bieten solche Körperschaften öffentliche Dienste an oder erfüllen öffentliche Funktionen, die nicht direkt in den Zuständigkeitsbereich einer Bundes- oder Provinzbehörde fallen und von denen die Regierung meint, daß sie am besten von einer Körperschaft übernommen werden sollten, die aber nicht hundertprozentig kommerziell ausgerichtet sein sollte.

Crown corporations finden sich am häufigsten in Bereichen wie Transportwesen, Telekommunikation, Versorgung und Stromerzeugung, aber sie agieren auch in privatwirtschaftlichen Sektoren wie Alkoholverkauf, Glücksspiel, Finanzwirtschaft, Wirtschaftsförderung, Versicherungswesen,  Landwirtschaft und Kultur.

Inwiefern Crown corporations finanzielle Unterstützung bekommen und inwieweit sie staatlich kontrolliert werden, ist recht unterschiedlich. Einige werden vollständig mit staatlichen Mitteln finanziert, andere sind finanziell unabhängig oder schütten sogar Dividenden aus, die vom Staat als Alleineigentümer kassiert werden.

Profitorientierte Körperschaften, die wettbewerbsfähig sein müssen, bilden eine eigene Kategorie von Crown corporations. Sie sind freier in ihrer Entscheidung, wie sie arbeiten und wie sehr sie sich seitens des Staates in ihre Arbeit hineinreden lassen müssen. Sie brauchen sich ihren Jahreshaushalt nicht wie andere Crown corporations vom Staat bewilligen lassen.

Crown corporations entstehen entweder durch Parlamentsbeschluß oder durch Gründung gemäß Canada Business Corporations Act .

Sie sind über den zuständigen Minister dem Parlament gegenüber rechenschaftspflichtig.

Der Staat kann direkten Einfluß nehmen auf die Arbeit einer Crown corporation, indem der zuständige Minister dem Vorstand eine Handlungsanweisung in Form einer Anordnung übermittelt.

Crown corporations der Provinzen funktionieren ähnlich wie die auf Bundesebene. Sie sind der Provinzregierung gegenüber rechenschaftspflichtig, und ihre Leiter werden von der Provinzregierung ernannt …

Kommt uns das alles ein ganz klein wenig bekannt vor? Seltsame körperschaftliche Hybridformen, sowohl staatlich als auch unternehmerisch tätig? Und der gesamte Staat ein solches körperschaftliches Hybridwesen, das von einem fremden Staat das Nutzungsmonopol für ein ganzes Land „gewährt“ bekommen hat? Ohne ein Staat der Menschen auf diesem Land zu sein, sondern eine vom Ausland lizensierte Körperschaft, welche diese Menschen und die Ressourcen ihres Landes bewirtschaften darf?

Mit dem Unterschied, daß Kanada (einstige) Kolonie war, dabei aber inzwischen – bis auf Verfassungsfragen – weitgehend unabhängig, bis es dann per britischem Gesetz vermeintlich ganz unabhängiger Staat innerhalb des Commonwealth wurde, während das Deutsche Reich als „Vereinigtes Deutschland“ spätestens 1990 per Alliiertenbefehl der Bundesrepublik Deutschland zur Bewirtschaftung übergeben wurde. Beide nennen sich Staaten, sind aber eigentlich als Körperschaften öffentlichen Rechts definiert. Ja, da ist ein Unterschied.

Schauen wir auf die Geschichte der öffentlich-rechtlichen Körperschaft in D:

Das Allgemeine Preußische Landrecht von 1794 definierte

… Gesellschaften, die einem fortdauernden gemeinnützigen Zweck dienen und vom Staat ausdrücklich  genehmigt wurden, als „öffentliche“ oder „privilegierte“ Korporationen. Zu ihnen gehörten Stadtgemeinden, Zünfte und Universitäten. … wobei deren gemeinnütziger Zweck mit der bemerkenswerten Verpflichtung umschrieben wurde, … „Ehrfurcht gegen die Gottheit, Gehorsam gegen die Gesetze, Treue gegen den Staat und sittlich gute Gesinnung gegen ihre Mitbürger einzuflößen

… blieb es auch unter der Weimarer Verfassung bei dem Körperschaftsbegriff des Preußischen Allgemeinen Landrechts

… An diese Situation knüpfte der Parlamentarische Rat 1948/49 faktisch an …

… ist eine Rückbesinnung auf die erste Kodifizierung kirchlicher Körperschaftsrechte im Preußischen Allgemeinen Landrecht erforderlich, denn von dort wurde sie in die Weimarer Reichsverfassung und von dieser wiederum in das Grundgesetz übernommen.

Quelle

Halten wir fest: Die öffentlich-rechtliche Körperschaft war staatlich anerkannt und zur Treue dem Staat gegenüber verpflichtet – der Staat selbst war keine öffentlich-rechtliche Körperschaft, sondern Territorialherrscher, er stand über dem Gesetz, das er erlassen hatte.

Dieser Status des Staates hat sich in den vergangenen Jahrzehnten weltweit geändert:

Der Staat genießt nach einem der ältesten und über die Jahrhunderte unbestrittensten Sätze des Völkergewohnheitsrechts Immunität. Dieses galt im herkömmlichen Völkerrecht grundsätzlich. Der Staat war einer Gerichtsbarkeit nur unterworfen, wenn er sich für bestimmte Bereiche dazu herab ließ.
Hoheitliches Handeln eines Staates (acta iure imperii= Hoheitsakte) wird ausschließlich nach Völkerrecht beurteilt. Der hoheitlich handelnde Staat, wird dafür ggfs von Instanzen des Völkerrechts, etwa dem IGH oder vom Sicherheitsrat den Vereinten Nationen zur Rechenschaft gezogen, er setzt sich auch möglichen völkerrechtlichen Sanktionen aus, aber er unterliegt nicht der Gerichtshoheit eines anderen Staates.

Wenn der Staat von dem hohen Roß seiner Hoheit herabsteigt und wie eine Privatperson am Wirtschaftsverkehr teilnimmt, wird er auch wie eine Privatperson behandelt. Die nicht hoheitliche wirtschaftliche Betätigung eines Hoheitsträgers (acta gestionis) unterliegt daher der Gerichtsbarkeit der zuständigen in- oder ausländischen Gerichte. Dieser Grundsatz war lange umstritten. Das ist er heute nicht mehr. Er kann heute als Weltrechtssatz gelten. Damit wäre er ein Beispiel für die unter dem Einfluß des internationalen Handels sich vollziehende Fortentwicklung des Völkerrechts.

Als wäre das schon immer so gewesen, ist es heute weltweite Überzeugung, daß die Äußerungen eines Staates, also die Betätigung seiner Souveränität, in einen hoheitlichen Bereich (acta iure imperii) und einen privatrechtlichen (acta iure gestionis ) zerfällt. Beide Bereiche werden rechtlich unterschiedlich bewertet.43 Dieser Grundsatz dürfte heute ein Satz Völkergewohnheitsrechts sein.

Quelle (wichtiger Text!)

So, so. Als Ergebnis der handelsrechtlichen Globaliserung wurde es zum Völkergewohnheitsrecht (common law of nations), daß der Staat zu einem Teil hoheitlich und zu einem Teil unternehmerisch tätig ist? Völlig unabsichtlich vermutlich wurde er dabei – zumindest in manchen Ländern – peu à peu selbst zu einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft, aus der nur weitere öffentlich-rechtliche Körperschaften hervorgehen.

Wem aber dient der Staat, der selbst öffentlich-rechtliche Körperschaft (geworden) ist:

Territoriale Körperschaft des öffentlichen Rechts ist zunächst der Staat als originärer Träger von Hoheitsgewalt. …

  • Staatsrechtliche Körperschaften des öffentlichen Rechts: die Bundesrepublik Deutschland, die Länder, Gemeinden, Gemeindeverbände

Wikipedia

Von wem aber bekommt der Staat als oberste öffentlich-rechtliche Körperschaft seine Anerkennung, daß er tatsächlich dem Gemeinwohl dient? Von seinen Zwangsmitgliedern, die er so systematisch wie rabiat ausplündert? Die ihn laut Isensee nur noch durch Revolution abschaffen können, nicht etwa durch Ausübung der Staatsgewalt, die ja angeblich komplett von ihnen ausgeht?

Schlußfolgerung:

Falls die Bundesrepublik Deutschland doch nicht 1949 bereits als lizensierte Verwaltungsorganisation für Deutschland gegründet worden war,  so hat man womöglich ab 1990 das damals seit 8 Jahren verwendete Modell Kanada verwendet: Der Staat als per (Grund-)Gesetz geschaffene Körperschaft mit Lizenz zur Hoheitsausübung in einem bestimmten Gebiet, wobei die Lizenz vom territoriumsfremden Souverän „gewährt“ wurde.

Da sind bestimmt Details dabei, die den Vergleich nicht ganz stimmig machen, aber so stellt sich mir der Status der Bundesrepublik momentan dar. Die Situation der kanadischen Freemen entspricht womöglich sehr viel mehr unserer als wir bisher dachten, Common Law hin, römisches Recht her.

Eine Antwort »

  1. Pingback: Bloggempfehlung für Patrioten – Free Woman on the Land | S I R I U S N E T W O R K

  2. Ok. Klasse.

    Herr Schäubles Aussage ‚…BRDeutschland (ist) zu keinem Zeitpunkt voll souverän gewesen‘ ist somit verständlich. Die Siegermächte (USA) übergaben der BRD treuhänderisch die Souveränität, können aber immernoch ihre Interessen ohne Einmischung dieser Körperschaft wahren (Rammstein, Trafficking). Art 146 GG fand keine Anwendung, weil kontraproduktiv. Daraufhin wurde Art23GG abgeschafft(die PDS waren die einzigen, die sich dagegen stellten), die Präambel bekam Rechtsbindung und somit wurde ‚Gott‘ als oberste Instanz ins Gesetz aufgenommen.

    Das wird ein Spass, im übrigen hat mich der BUND schon darauf hingewiesen, dass die nun alles tun werden, um mich fertig zu machen – ich bin also im Zugzwang. Danke nochmal, solche Bausteine, wie die ihrigen sind Gold dabei wert.

Hinterlasse einen Kommentar