Der Staat als K.d.ö.R. ist internationaler Standard

Standard

Es scheint das „moderne Wesen“ eines Staates zu sein, sowohl unternehmerisch als auch hoheitlich tätig sein zu können.

Es wird ja in das Urteil des IGH vom 03.02.2012 Germany ./. Italy gern viel hineininterpretiert, was gar nicht drin steht. Z.B., die BRD sei Rechtsnachfolgerin des Deutschen Reichs. Die Stelle im Urteil, die das aussagt, habe ich bisher nicht gefunden. Was ich aber gefunden habe, ist das:

„119. It is clear in the present case that the property which was the subject of the measure of constraint at issue is being used for governmental purposes that are entirely non-commercial, and hence for purposes falling within Germany’s sovereign functions.“

Übersetzung: „Im vorliegenden Fall ist klar, daß die von der strittigen Zwangsmaßnahme gegenständlich betroffene Immobilie für ausnahmslos nichtkommerzielle Regierungszwecke genutzt wird, und somit für Zwecke, die den deutschen Hoheitsfunktionen zuzuordnen sind.“

Klingt jetzt nicht so wahnsinnig spektakulär, ich weiß. Man muß aber mal hinschauen, was impliziert wird mit dieser Aussage in einer Urteilsbegründung des Internationalen Gerichtshofes – man mag von ihm halten, was man will.

1. Es handelt sich um eine Gerichtsentscheidung auf allerhöchster internationaler Ebene.

2. Es wird ganz selbstverständlich auf höchster internationaler Ebene davon ausgegangen, daß Staaten handelsrechtlich tätig sind, indem darauf hingewiesen wird, die betroffene Immobilie in Italien sei von der Bundesrepublik Deutschland (welche im Urteil ausdrücklich mit Germany gemeint ist) für nichtkommerzielle und daher eben für hoheitliche Zwecke genutzt worden. Das impliziert den internationalen Standard, Staaten verfolgten wahlweise handelsrechtliche oder hoheitliche Zwecke mit ihren Aktivitäten, können aber auf jeden Fall beides.

3. Kein „echter“ Staat betätigt sich in irgendeiner Weise kommerziell. Er ordnet und schützt, fertig. Zu nichts anderem ist er aus Sicht der Menschen da. Nur die Staatshybriden namens Körperschaften des öffentlichen Rechts können sowohl hoheitlich als auch handelsrechtlich agieren. Wenn also auf allerhöchster Ebene davon ausgegangen wird, daß Staaten grundsätzlich diese beiden Optionen haben, dann heißt das, daß „moderne“ Staaten grundsätzlich Körperschaften des öffentlichen Rechts sind.

Das erklärt einmal mehr Schäubles herablassende Bemerkung über das „veraltete Modell der Nationalstaaten“ bei seiner berühmt-berüchtigten Rede vor Bankern 2011. Wörtlich sagte er damals:

„Das (Regelungsmonopol des Nationalstaats) war die alte Ordnung, die dem Völkerrecht noch zugrundeliegt – mit dem Begriff der Souveränität, die in Europa längst ad absurdum geführt worden ist.“

Wieder so ein Aha-Moment: Wenn die alte Ordnung der Nationalstaaten dem Völkerrecht „noch“ zugrundeliegt, die alte Ordnung aber gar nicht mehr gilt, weil es keine Nationalstaaten, sondern nur noch halbhandelsrechtliche Nationalstaatshybriden mit Territorialstaatsmerkmalen gibt – dann hat das Völkerrecht gar keine Grundlage mehr!

Wenn das Völkerrecht nicht mehr gilt, weil alle „Staaten“ inzwischen handelsrechtliche Interessen verfolgen und ihre Bevölkerungen systematisch als Anleihensicherheit für ihre Machtinteressen verpfänden wie der hinterletzte Feudalherr – dann brauchen wir uns nicht mehr zu wundern, wieso international nur (noch?) das Recht des Stärkeren gilt.

Alles nur noch Makulatur, einschließlich Haager Landkriegsordnung. Die kann erst wieder gelten, wenn Staaten wieder ausschließlich hoheitlich und machtpolitisch, aber nicht mehr als Händler unterwegs sind.

Eine Antwort »

  1. Damit hier kein Streit aufkommt und es das Urteil offiziell leider nicht in Deutscher Sprache gibt, habe ich mir mal für Euch die Mühe gemacht:

    Ich für mein Teil meine, dass durch das Urteil eins bestätigt wird, die BRD nicht kein Rechtsnachfolger des DEUTSCHEN REICHS!

    Aber lest bitte selbst:

    3. FEBRUAR 2012

    Urteil

    Gerichtliche IMMUNITÄTEN des STaates (deutschland ./. Italien, Nebenintervenient Griechenland)

    Inhalt

    CHRONOLOGIE DES VERFAHRENS

    I. HISTORISCHER UND FAKTISCHER HINTERGRUND………………………………. 15

    1. Der Friedensvertrag von 1947………………………………………………………………….. 15

    2. Das Bundesentschädigungsgesetz aus dem Jahre 1953…………………………………… 16

    3. Die Verträge von 1961……………………………………………………………………………. 16

    4. Gesetz zur Errichtung einer Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“…….. 17

    5. Verfahren vor italienischen Gerichten………………………………………………………….. 18

    A. Fälle mit Beteiligung italienischer Staatsangehöriger………………………………………. 18

    B. Fälle mit Beteiligung griechischer Staatsangehöriger……………………………………… 19

    II. Gegenstand des Rechtsstreits und Zuständigkeit des Gerichtshofs……………………….. 21

    III. Angebliche Verletzung der gerichtlichen Immunität Deutschlands in durch die italienischen Kläger eingeleiteten Verfahren………………………………………………………………………………………………………………….. 25

    1. Die Streitfragen vor dem Gerichtshof………………………………………………………….. 25

    2. Italiens erstes Argument: Gebietsbezogene Deliktsausnahme…………………………… 30

    3. Italiens zweites Argument: der Gegenstand und die Umstände der Klagen vor italienischen Gerichten 38

    A. Die Schwere der Verletzungen…………………………………………………………………. 39

    B. Das Verhältnis zwischen jus cogens und der Regel der Staatenimmunität………….. 42

    C. Das Argument der „letzten Instanz“……………………………………………………………. 45

    D. Die kombinierte Wirkung der von Italien geltend gemachten Umstände…………….. 47

    4. Schlussfolgerungen…………………………………………………………………………………. 47

    IV. Gegen auf italienischem Hoheitsgebiet gelegenes deutsche Eigentum ergriffene Zwangsmaßnahmen 48

    V. Die Entscheidungen italienischer Gerichte, mit denen Entscheidungen griechISCHer Gerichte, die ZIVILRECHTLICHEN Klagen gegen Deutschland stattgegeben haben, für in italien vollstreckbar erklärt wurden 51

    VI. Deutschlands SCHLUSSANTRÄGE und eingelegte Rechtsbehelfe…………………… 55

    Rechtswirksamkeitsklausel

    _______

    INTERNATIONALER GERICHTSHOF

    JAHR 2012

    2012

    3. Februar

    Gesamtliste

    Nr. 143

    3. Februar 2012

    Gerichtliche IMMUNITÄTEN des STaates (deutschland ./. Italien: Nebenintervenient Griechenland)

    Historischer und faktischer Hintergrund.

    Friedensvertrag von 1947 – Bundesentschädigungsgesetz von 1953 – Verträge von 1961 – Gesetz zur Errichtung einer Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ – Verfahren vor italienischen Gerichten – Fälle mit Beteiligung italienischer Staatsangehöriger – Fälle mit Beteiligung griechischer Staatsangehöriger.

    Gegenstand des Rechtsstreits und Zuständigkeit des Gerichtshofs

    Gegenstand des Rechtsstreits durch Klagen Deutschlands und Italiens begrenzt – Kein Widerspruch Italiens gegen Zuständigkeit des Gerichtshofs oder Zulässigkeit des Antrags – Artikel 1 des Europäischen Übereinkommens zur friedlichen Beilegung von Streitigkeiten als Grundlage der Zuständigkeit – Einschränkung ratione temporis nicht anwendbar – Gerichtshof ist zuständig – Gerichtshof muss nicht über Reparationsfragen entscheiden – Beziehung zwischen Reparationspflicht und Staatenimmunität – Keine weiteren Fragen bezüglich der Zuständigkeit des Gerichtshofs.

    *

    Angebliche Verletzungen der gerichtlichen Immunität Deutschlands in durch italienische Kläger eingeleiteten Verfahren.

    Dem Gerichthof vorgelegte Fragen – Ursprünge der Verfahren vor italienischen Gerichten – Existenz einer Regel im Völkergewohnheitsrecht, die Staaten Immunität verleiht – Quellen der Staatenpraxis und opinio juris – Staatenpraxis und opinio juris erkennen generell Staatenimmunität an – Regel der Staatenimmunität leitet sich aus dem Grundsatz der souveränen Gleichheit der Staaten ab – Notwendigkeit der Unterscheidung zwischen relevanten Handlungen Deutschlands und Italiens – Verfahrensrechtliche Natur des Immunitätsrechts – Gerichtshof muss Recht der Staatenimmunität in der Form prüfen und anwenden, in der es zur Zeit der italienischen Verfahren Gültigkeit hatte – Acta jure gestionis und acta jure imperii – Handlungen der Streitkräfte des Deutschen Reichs waren acta jure imperii – Staatenimmunität bezüglich acta jure imperii – Behauptung Italiens, dass Deutschland keine Immunität in Bezug auf Fälle vor italienischen Gerichten zustehe.

    Erstes Argument Italiens: Grundsatz gebietsfremder Delikte – Handlungen, die auf dem Hoheitsgebiet des Forumstaates durch Streitkräfte eines fremden Staates während der Führung bewaffneter Konflikte begangen werden – Artikel 11 des Europäischen Übereinkommens zur Staatenimmunität – Artikel 12 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Immunität der Staaten und ihres Vermögens von der Gerichtsbarkeit – Staatenpraxis: nationale Gesetzgebung und Urteile nationaler Gerichte – Staatenimmunität für acta jure imperii umfasst Zivilverfahren für Handlungen, die zu Tod, Personen- oder Sachschäden führen und von Streitkräften bei der Führung eines bewaffneten Konflikts begangen werden – Opinio juris – Fehlen abweichender Rechtslehre oder abweichender Erklärungen von Staaten – Entscheidungen italienischer Gerichte können nicht mit Grundsatz gebietsfremder Delikte gerechtfertigt werden.

    Italiens zweites Argument: Gegenstand und Umstände der Klagen vor italienischen Gerichten – Schwere der Verletzungen – Behauptung, dass Völkerrecht einem Staat keine Immunität bei schweren Verletzungen des Kriegsrechts einräume – Nationale Gerichte müssen Anspruch auf Immunität vor Verhandlung in der Sache feststellen – Keine Staatenpraxis zur Unterstützung der These, dass ein Staat seine Immunität in Fällen schwerer Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht verliert – Keine der Thesen wurde vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte akzeptiert – Der Staat verliert seine Immunität nicht, weil er schwerer Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht angeklagt wird.

    Beziehung zwischen jus cogens und Regel der Staatenimmunität – Angeblicher Konflikt zwischen jus cogens-Regel und Immunität Deutschlands – Kein Konflikt zwischen jus cogens und Immunität eines Staates – Argument, dass jus cogens anstelle von Staatenimmunität tritt wurde von nationalen Gerichten abgewiesen – Staatenimmunität wird durch Verletzungen von jus cogens nicht betroffen.

    Argument des „letzten Rechtsmittels“ – Behauptung, dass Weigerung italienischer Gerichte Deutschland Immunität zu gewähren gerechtfertigt gewesen sei, da alle anderen Versuche an Schadenersatz zu gelangen, fehlgeschlagen seien – Staatenimmunität hängt nicht von Verfügbarkeit effektiver alternativer Rechtsbehelfe ab – Italiens Argument verworfen – Weitere Verhandlungen zwischen Deutschland und Italien.

    Kombinierte Wirkung der von Italien angeführten Umstände – Keiner der drei Argumentationsstränge rechtfertigt die Handlung italienischer Gerichte – Keine Wirkung in Kombination – Staatenpraxis – Abwägen unterschiedlicher Faktoren würde Natur der Staatenimmunität missachten – Immunität darf nicht vom Ergebnis der Abwägung durch ein nationales Gericht abhängig sein.

    Handlungen italienischer Gerichte, mit denen Deutschland die Immunität verweigert wurde, stellen Verletzung der von Italien Deutschland gegenüber geschuldeten Verpflichtungen dar – Keine Notwendigkeit, sonstige von den Parteien vorgebrachte Fragen zu klären.

    *

    Gegen auf italienischem Hoheitsgebiet gelegenes Vermögen des deutschen Staates ergriffene Zwangsmaßnahmen.

    Hypothek auf Villa Vigoni – Fragliche Hypothek durch Italien ausgesetzt, um Verfahren vor dem Gerichtshof Rechnung zu tragen – Unterscheidung zwischen Regeln des Völkergewohnheitsrechts bezüglich der Immunität gegen Vollstreckung und bezüglich gerichtlicher Immunität – Keine Notwendigkeit festzustellen, ob durch Entscheidungen griechischer Gerichte, mit denen Deutschland monetärer Schadenersatz auferlegt wurde, die gerichtliche Immunität des Staates verletzt wurde – Artikel 19 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Immunität der Staaten und ihres Vermögens von der Gerichtsbarkeit – Das einer Zwangsmaßnahme unterworfene Vermögen wird für nicht gewerbliche hoheitliche Zwecke verwendet – Deutschland hat der Verhängung der fraglichen Zwangshypothek weder zugestimmt, noch die Villa Vigoni zur Befriedigung von Rechtsansprüchen bereitgestellt – Eintragung der Zwangshypothek auf die Villa Vigoni stellt eine Verletzung der Verpflichtung zur Beachtung der Deutschland geschuldeten Immunität durch Italien dar.

    *
    Entscheidungen italienischer Gerichte, mit denen Entscheidungen griechischer Gerichte, die zivilrechtlichen Klagen gegen Deutschland stattgegeben haben, in Italien vollstreckbar erklärt werden.

    Deutschlands Behauptung, dass seine gerichtliche Immunität durch diese Entscheidungen verletzt werde – Antrag auf Exequatur – Wurde die Immunität Deutschlands gegen Gerichtsbarkeit bei der Zulassung des Exequatur-Antrags durch die italienischen Gerichte beachtet – Zweck des Exequatur-Verfahrens – Das Exequatur-Verfahren muss als gegen den Staat gerichtet anerkannt werden, der Gegenstand des ausländischen Urteils war – Frage der Immunität ist vor Prüfung des Exequatur-Antrags zu prüfen – Keine Notwendigkeit darüber zu entscheiden, ob die Immunität Deutschlands durch griechische Gerichte verletzt wurde – Entscheidungen des Berufungsgerichts Florenz stellen eine Verletzung der Verpflichtung zur Beachtung der gerichtlichen Immunität Deutschlands durch Italien dar.

    *

    Schlussanträge Deutschlands und eingelegte Rechtsbehelfe.

    Die ersten sechs dem Gerichtshof durch Deutschland vorgelegten Anträge – Zulassung der ersten drei Anträge – Verletzung der gerichtlichen Immunität Deutschlands durch Italien – Vierter Antrag – Ersuchen um Erklärung, dass die internationale Verantwortung Italiens betroffen ist – Keine Notwendigkeit einer ausdrücklichen Erklärung – Verantwortung leitet sich automatisch aus der Feststellung ab, dass bestimmte Verpflichtungen verletzt wurden – Vierter Antrag nicht angenommen – Fünfter Antrag – Antrag nach dem Italien Maßnahmen eigener Wahl ergreifen und alle Schritte unternehmen soll, um sicherzustellen, dass alle Entscheidungen seiner Gerichte und anderer Justizbehörden, mit denen die staatliche Immunität Deutschlands verletzt wird, außer Kraft gesetzt werden – Fünftem Antrag stattgegeben – Ergebnis ist durch Erlassen der entsprechenden Gesetzgebung oder sonstige Methoden mit gleicher Wirkung zu erreichen – Sechster Antrag – Antrag nach dem Italien die Abgabe von Versicherungen der Nichtwiederholung auferlegt werden soll – Kein Grund zu der Annahme, dass ein Staat, dessen Verhalten durch den Gerichtshof für unrecht erklärt wurde, dieses Verhalten in Zukunft fortsetzt – Keine Umstände, die Versicherungen der Nichtwiederholung rechtfertigen – Sechstem Antrag nicht stattgegeben.

    URTEIL

    Anwesend: Präsident OWADA, Vizepräsident TOMKA, Richter KOROMA, SIMMA, ABRAHAM, KEITH, SEPÚLVEDA-AMOR, BENNOUNA, SKOTNIKOV, CANÇADO TRINDADE, YUSUF, GREENWOOD, XUE, DONOGHUE, ad hoc-Richter GAJA; Kanzler COUVREUR.

    In Sachen gerichtliche Immunität des Staates

    zwischen

    der Bundesrepublik Deutschland

    vertreten durch

    Ihre Exzellenz, Botschafterin der Bundesrepublik Deutschland, Frau Susanne Wasum-Rainer, Leiterin der Rechtsabteilung und Rechtsberaterin, Auswärtiges Amt,

    Seine Exzellenz, Botschafter der Bundesrepublik Deutschland im Königreich der Niederlande, Herr Heinz-Peter Behr,

    Herrn Christian Tomuschat, ehemaliges Mitglied und Vorsitzender der Völkerrechtskommission, emeritierter Professor für Öffentliches Recht, Völker- und Europarecht der Humboldt-Universität Berlin

    als Prozessvertreter;

    Herr Andrea Gattini, Professor für Internationales Öffentliches Recht an der Universität Padua,

    Herr Robert Kolb, Professor für Internationales Öffentliches Recht an der Universität Genf,

    als Rechtsbeistände und Anwälte;

    Herr Guido Hildner, Leiter des Referats Allgemeines Völkerrecht, Auswärtiges Amt,

    Herr Götz Schmidt-Bremme, Leiter des Referats Internationales Zivilrecht, Handels- und Wirtschaftsrecht und Steuerrecht, Auswärtiges Amt,

    Herr Felix Neumann, Botschaft der Bundesrepublik Deutschland im Königreich der Niederlande,

    Herr Gregor Schotten, Auswärtiges Amt,

    Herr Klaus Keller, Botschaft der Bundesrepublik Deutschland im Königreich der Niederlande,

    Frau Susanne Achilles, Botschaft der Bundesrepublik Deutschland im Königreich der Niederlande,

    Frau Donate Arz von Straussenburg, Botschaft der Bundesrepublik Deutschland im Königreich der Niederlande,

    als Rechtsberater;

    Frau Fiona Kaltenborn,

    als wissenschaftliche Mitarbeiterin;

    und

    der Italienischen Republik,

    vertreten durch

    Seine Exzellenz, Botschafter und Staatsrat, Herr Paolo Pucci die Benisichi,

    als Prozessvertreter;

    Herrn Giacomo Aiello, Staatsanwalt,

    Seine Exzellenz, Botschafter der Italienischen Republik im Königreich der Niederlande, Herr Franco Giordano;

    als Mitprozessvertreter;

    Herr Luigi Condorelli, Professor für Völkerrecht, Universität Florenz,

    Herr Pierre-Marie Dupuy, Professor für Völkerrecht, Graduate Institute of International and Development Studies, Genf, und Universität Paris II (Panthéon-Assas),

    Herr Paolo Palchetti, Privatdozent für Völkerrecht, Universität Macerata,

    Herr Salvatore Zappalà, Professor für Völkerrecht, Universität Catania, Rechtsberater, Ständige Vertretung Italiens bei den Vereinten Nationen,

    als Rechtsbeistände und Anwälte;

    Herr Giorgio Marrapodi, Gesandter, Leiter der Rechtsabteilung, Außenministerium,

    Herr Guido Cerboni, Gesandter, Koordinator der Länder Zentral- und Westeuropas, Generaldirektorat der Europäischen Union, Außenministerium,

    Herr Roberto Bellelli, Rechtsberater, Italienische Botschaft im Königreich der Niederlande,

    Frau Sarah Negro, Erste Sekretärin, Italienische Botschaft im Königreich der Niederlande,

    Herr Mel Marquis, Professor der Rechtswissenschaft, Europäisches Hochschulinstitut, Florenz,

    Frau Francesca De Vittor, Universitätsassistentin Völkerrecht, Universität Macerata,

    als Berater;

    zusammen mit dem in diesem Fall als Nebenintervenient zugelassenen Staat

    Hellenische Republik,

    vertreten durch

    Herrn Stelios Perrakis, Professor für Internationale und Europäische Einrichtungen, Panteion-Universität Athen,

    als Prozessvertreter;

    Seine Exzellenz, Botschafter der Hellenischen Republik im Königreich der Niederlande, Herr Ioannis Economides,

    als stellvertretender Prozessvertreter;,

    Herrn Antonis Bredimas, Professor für Völkerrecht, Nationale und Kapodistrias-Universität Athen,

    als Rechtsbeistand und Anwalt;

    Frau Maria-Daniella Marouda, Dozentin für Völkerrecht, Panteion-Universität Athen,

    als Beraterin;

    Der Gerichtshof,

    in seiner obigen Zusammensetzung,

    verkündet nach eingehender Beratung,

    das folgende Urteil:

  2. 1. Am 23. Dezember 2008 hat die Bundesrepublik Deutschland (nachfolgend „Deutschland“) bei der Kanzlei des Gerichtshofs Klage gegen die Republik Italien (nachfolgend „Italien“) bezüglich eines Rechtsstreits erhoben, der aus „Verletzungen völkerrechtlicher Verpflichtungen“ herrührt, wie sie von Italien durch die gerichtliche Praxis begangen worden sein sollen, mit der „die gerichtliche Immunität, die …. Deutschland nach dem Völkerrecht genießt, verletzt wurde“. Als Grundlage für die Zuständigkeit des Gerichtshofs hat sich Deutschland in seiner Klageschrift auf Artikel 1 der Europäischen Konvention über die friedliche Beilegung von Streitigkeiten vom 29. April 1957 berufen. 2. Nach Artikel 40, Absatz 2 des Statuts hat der Kanzler die Klageschrift unverzüglich an die italienische Regierung übermittelt und nach Absatz 3 dieses Artikels umgehend alle anderen zum Gerichtshof zugelassenen Staaten über die Klageschrift in Kenntnis gesetzt. 3. Da der Richterbank kein Richter angehörte, der italienischer Staatsangehöriger war, hat Italien nach Artikel 31, Absatz 2 des Statuts sein Recht zur Wahl eines Richters, der ad hoc am Verfahren teilnimmt, ausgeübt. Die Wahl fiel auf Herrn Giorgio Gaja. 4. Mit Verfügung vom 29. April 2009 wurde der 23. Juni 2009 als Frist für das Einreichen des Schriftsatzes durch Deutschland und der 23. Dezember 2009 als Frist für das Einreichen des Gegenschriftsatzes durch Italien festgelegt. Diese förmlichen Schriftsätze wurden fristgemäß eingereicht. Im Gegenschriftsatz Italiens wurde Widerklage „bezüglich der Frage der an die italienischen Opfer schwerer Verletzungen des humanitären Völkerrechts durch die Streitkräfte des Deutschen Reichs geschuldeten Reparationen“ erhoben. 5. Mit Verfügung vom 6. Juli 2010 hat der Gerichtshof entschieden, dass die von Italien eingereichte Widerklage nach Artikel 80, Absatz 1 der Geschäftsordnung des Gerichtshofs unzulässig sei. Mit gleicher Verfügung hat der Gerichtshof Deutschland das Einreichen einer Replik und Italien das Einreichen einer Duplik gestattet und den 14. Oktober 2010 bzw. den 14. Januar 2011 als Frist für die Einreichung dieser förmlichen Schriftsätze festgelegt. Die Schriftsätze wurden fristgemäß eingereicht. 6. Am 13. Januar 2011 hat die Hellenische Republik (nachfolgend „Griechenland“) bei der Kanzlei einen Antrag auf Beitritt zum Verfahren nach Artikel 62 des Statuts gestellt. In seinem Antrag stellte Griechenland fest, dass es „nicht Streitpartei werden wolle“. 7. Nach Artikel 83, Absatz 1 der Geschäftsordnung hat der Kanzler mit Schreiben vom 13. Januar 2011 beglaubigte Kopien des Antrags auf Beitritt zum Verfahren an die Regierung Deutschlands und an die Regierung Italiens übermittelt, welche davon in Kenntnis gesetzt wurden, dass der Gerichtshof den 1. April 2011 als Frist für die Einreichung ihrer schriftlichen Erklärungen zu diesem Antrag festgesetzt hat. Der Kanzler hat weiterhin nach Absatz 2 dieses Artikels eine Kopie des Antrags an den Generalsekretär der Vereinten Nationen übermittelt. 8. Deutschland und Italien haben jeweils ihre schriftlichen Erklärungen zum Beitrittsantrag Griechenlands fristgerecht eingereicht. Die Kanzlei hat jeder Partei eine Kopie der Erklärungen der jeweils anderen sowie Kopien der Erklärungen beider Parteien an Griechenland übermittelt. 9. Angesichts Artikel 84, Absatz 2 der Geschäftsordnung und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass keine der Parteien Widerspruch eingelegt hat, wurde vom Gerichtshof entschieden, dass keine Anhörung zu der Frage, ob dem Antrag Griechenlands auf Beitritt zum Verfahren stattzugeben sei, erforderlich sei. Der Gerichtshof hat dennoch entschieden, Griechenland eine Gelegenheit zur Stellungnahme zu den Erklärungen der Parteien und diesen wiederum die Gelegenheit zur Einreichung weiterer schriftlicher Erklärungen in der Sache zu geben. Der Gerichtshof hat den 6. Mai 2011 als Frist für die Einreichung der schriftlichen Erklärungen Griechenlands zu denen der Parteien und den 6. Juni 2011 als Frist für die Einreichung zusätzlicher Erklärungen zu den schriftlichen Erklärungen Griechenlands durch die Parteien festgelegt. Die Erklärungen Griechenlands und die zusätzliche Erklärungen der Parteien wurden fristgerecht eingereicht. Die Kanzlei hat den Parteien ordnungsgemäß eine Kopie der Erklärungen Griechenlands übermittelt. Jeder Partei wurde eine Kopie der zusätzlichen Erklärungen der jeweils anderen Partei und Griechenland Kopien der zusätzlichen Erklärungen beider Parteien übermittelt. 10. Mit Verfügung vom 4. Juli 2011 hat der Gerichtshof Griechenland den Beitritt zum Verfahren ohne selbst Partei zu werden gestattet, insofern als dieser Beitritt auf die Entscheidungen griechischer Gerichte beschränkt ist, die von italienischen Gerichten für in Italien vollstreckbar erklärt worden waren. Der Gerichtshof hat weiterhin folgende Fristen für das Einreichen schriftlicher Stellungnahmen und schriftlicher Erklärungen nach Artikel 85, Absatz 1 der Geschäftsordnung festgesetzt: 5. August 2011 für die schriftliche Stellungnahme Griechenlands und 5. September 2011 für die schriftlichen Erklärungen Deutschlands und Italiens zu dieser Stellungahme. 11. Die schriftliche Stellungnahme Griechenlands und die schriftlichen Erklärungen Deutschlands wurden fristgemäß eingereicht. Mit Schreiben vom 1. September 2011 teilte der Vertreter Italiens mit, dass die Republik Italien in dieser Phase des Verfahrens keine Erklärungen zu der schriftlichen Stellungnahme Griechenlands abgeben werde, sich jedoch „ihre Position und ihr Recht [vorbehalte], bestimmte, in der schriftlichen Stellungnahme angesprochene Punkte nötigenfalls im Zuge der mündlichen Verhandlung anzusprechen“. Die Kanzlei übermittelte den Parteien ordnungsgemäß eine Kopie der schriftlichen Stellungnahme Griechenlands; weiterhin wurden Italien und Griechenland jeweils eine Kopie der schriftlichen Erklärungen Deutschlands übermittelt. 12. Nach Artikel 53, Absatz 2 der Geschäftsordnung hat der Gerichtshof nach Feststellung der Ansichten der Parteien beschlossen, der Öffentlichkeit Kopien der förmlichen Schriftsätze und beigefügten Dokumente bei Eröffnung der mündlichen Verhandlung zur Verfügung zu stellen. Nach Rücksprache mit den Parteien und mit Griechenland hat der Gerichtshof beschlossen, ebenso mit der schriftlichen Stellungnahme des beitretenden Staates und den schriftlichen Erklärungen Deutschlands zu dieser Stellungnahme zu verfahren. 13. Öffentliche Anhörungen fanden vom 12. bis 16. September 2011 statt, bei denen das Gericht folgenden mündlichen Vorträgen und Antworten Gehör schenkte: Für Deutschland: Frau Susanne Wasum-Rainer, Herr Christian Tomuschat, Herr Andrea Gattini, Herr Robert Kolb. Für Italien: Herr Giacomo Aiello, Herr Luigi Condorelli, Herr Salvatore Zappalà, Herr Paolo Palchetti, Herr Pierre-Marie Dupuy. Für Griechenland: Herr Stelios Perrakis, Herr Antonis Bredimas. 14. Bei den Anhörungen wurden den Parteien und Griechenland als beitretendem Staat durch die Mitglieder des Gerichtshofs Fragen gestellt, die schriftlich beantwortet wurden. Die Parteien haben schriftliche Stellungnahmen zu diesen schriftlichen Antworten vorgelegt. * 15. In seiner Klageschrift begehrt Deutschland wie folgt: „Deutschland begehrt vom Gerichtshof die Feststellung, dass die Republik Italien: (1) durch Zulassung zivilrechtlicher Schadensersatzklagen, die gegen die Bundesrepublik Deutschland auf Grund von Verletzungen des humanitären Völkerrechts durch das Deutsche Reich während des 2. Weltkriegs von September 1943 bis Mai 1945 erhoben wurden, Verpflichtungen nach dem Völkerrecht verletzt hat, indem die gerichtliche Immunität nicht geachtet wurde, die die Bundesrepublik Deutschland nach dem Völkerrecht genießt; (2) durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen die „Villa Vigoni“, die Eigentum des deutschen Staates ist und für nicht kommerzielle Zwecke der Regierung genutzt wird, ebenfalls die gerichtliche Immunität Deutschlands verletzt hat; (3) durch die Vollstreckbarkeitserklärung von griechischen Urteilen in Italien aufgrund ähnlicher Vorfälle wie die in Antrag Nr. 1 geschilderten die gerichtliche Immunität Deutschlands wiederum verletzt hat. Entsprechend begehrt die Bundesrepublik Deutschland vom Gerichtshof, wie folgt festzustellen: (4) die Republik Italien ist international verantwortlich; (5) die Republik Italien muss nach ihrer eigenen Wahl alle Schritte einleiten, um sicherzustellen, dass sämtliche Entscheidungen ihrer Gerichte und sonstiger Justizbehörden, durch welche die staatliche Immunität Deutschlands verletzt wird, nicht mehr vollstreckt werden können; (6) die Republik Italien muss alle Schritte einleiten, um sicherzustellen, dass in der Zukunft italienische Gerichte keine Klagen gegen Deutschland aufgrund der in Antrag Nr. 1 oben geschilderten Vorfälle mehr verhandeln.“ 16. Im Zuge des schriftlichen Verfahrens wurde durch die Parteien wie folgt vorgetragen: Im Namen der deutschen Regierung: im Schriftsatz und der Replik „Deutschland begehrt vom Gerichtshof die Feststellung, dass die Republik Italien: (1) durch Zulassung zivilrechtlicher Schadensersatzklagen, die gegen die Bundesrepublik Deutschland auf Grund von Verletzungen des humanitären Völkerrechts durch das Deutsche Reich während des 2. Weltkriegs von September 1943 bis Mai 1945 erhoben wurden, Verpflichtungen nach dem Völkerrecht verletzt hat, indem die gerichtliche Immunität nicht geachtet wurde, die die Bundesrepublik Deutschland nach dem Völkerrecht genießt; (2) durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen die „Villa Vigoni“, die Eigentum des deutschen Staates ist und für nicht kommerzielle Zwecke der Regierung genutzt wird, ebenfalls die gerichtliche Immunität Deutschlands verletzt hat; (3) durch die Vollstreckbarkeitserklärung von griechischen Urteilen in Italien aufgrund ähnlicher Vorfälle wie die in Antrag Nr. 1 geschilderten die gerichtliche Immunität Deutschlands wiederum verletzt hat. Entsprechend begehrt die Bundesrepublik Deutschland vom Gerichtshof, wie folgt festzustellen: (4) die Republik Italien ist international verantwortlich; (5) die Republik Italien muss nach ihrer eigenen Wahl alle Schritte einleiten, um sicherzustellen, dass sämtliche Entscheidungen ihrer Gerichte und sonstiger Justizbehörden, durch welche die staatliche Immunität Deutschlands verletzt wird, nicht mehr vollstreckt werden können; (6) die Republik Italien muss alle Schritte einleiten, um sicherzustellen, dass in der Zukunft italienische Gerichte keine Klagen gegen Deutschland aufgrund der in Antrag Nr. 1 oben geschilderten Vorfälle mehr verhandeln.“ Im Namen der italienischen Regierung: im Gegenschriftsatz und in der Duplik: „Auf Grundlage der [im Gegenschriftsatz und der Duplik Italiens] angeführten Tatsachen und Argumente und unter Vorbehalt des Rechts auf Ergänzung oder Änderung dieser Anträge ersucht Italien den Gerichtshof höflichst festzustellen, dass sämtliche Klageanträge Deutschlands abzuweisen sind.“ 17. Bei der mündlichen Verhandlung wurden durch die Parteien folgende Anträge gestellt: Im Namen der deutschen Regierung: „Deutschland ersucht den Gerichtshof festzustellen, dass die Republik Italien: (1) durch Zulassung zivilrechtlicher Schadensersatzklagen, die gegen die Bundesrepublik Deutschland auf Grund von Verletzungen des humanitären Völkerrechts durch das Deutsche Reich während des 2. Weltkriegs von September 1943 bis Mai 1945 erhoben wurden, Verpflichtungen nach dem Völkerrecht verletzt hat, indem die gerichtliche Immunität nicht geachtet wurde, die die Bundesrepublik Deutschland nach dem Völkerrecht genießt; (2) durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen die „Villa Vigoni“, die Eigentum des deutschen States ist und für nicht kommerzielle Zwecke der Regierung genutzt wird, ebenfalls die gerichtliche Immunität Deutschlands verletzt hat; (3) durch die Vollstreckbarkeitserklärung von griechischen Urteilen in Italien aufgrund ähnlicher Vorfälle wie die in Antrag Nr. 1 geschilderten die gerichtliche Immunität Deutschlands wiederum verletzt hat. Entsprechend ersucht die Bundesrepublik Deutschland den Gerichtshof wie folgt festzustellen: (4) die Republik Italien ist international verantwortlich; (5) die Republik Italien muss nach ihrer eigenen Wahl alle Schritte einleiten, um sicherzustellen, dass sämtliche Entscheidungen ihrer Gerichte und sonstiger Justizbehörden, durch welche die staatliche Immunität Deutschlands verletzt wird, nicht mehr vollstreckt werden können; (6) die Republik Italien muss alle Schritte einleiten, um sicherzustellen, dass in der Zukunft italienische Gerichte keine Klagen gegen Deutschland aufgrund der in Antrag Nr. 1 oben geschilderten Vorfälle mehr verhandeln.“ Im Namen der italienischen Regierung „[A]us Gründen, die bereits in den Schriftsätzen und mündlichen Ausführungen vorgetragen wurden [ersucht Italien] den Gerichtshof festzustellen, dass die Anträge des Antragsstellers unbegründet sind. Dieses Ersuchen unterliegt der Einschränkung, dass … Italien keine Einwände gegen eine Entscheidung des Gerichtshofs hat, mit der Italien verpflichtet wird, dafür zu sorgen, dass die auf die Villa Vigoni im Grundbuch eingetragene Zwangshypothek gelöscht wird.“ * 18. Am Ende der nach Artikel 85, Absatz 1 der Geschäftsordnung eingereichten schriftlichen Erklärung hat Griechenland, unter anderem, wie folgt ausgeführt: „dass die Wirkung des Urteils, das der IGH im vorliegenden Fall zur gerichtlichen Immunität von Staaten verkünden wird, für das italienische Rechtssystem und definitiv auch für das griechische Rechtssystem von größter Bedeutung sein wird. ……………… Weiterhin werden sich die griechischen Gerichte durch eine IGH-Entscheidung zu den Wirkungen des Grundsatzes der gerichtlichen Immunität von Staaten in Bezug auf eine jus cogens-Norm des Völkerrechts – wie das Verbot der Verletzung der Grundregeln des humanitären Völkerrechts – in dieser Hinsicht leiten lassen. Sie wird damit eine maßgebliche Wirkung auf schwebende und potenzielle Verfahren haben, die von Einzelpersonen bei diesen Gerichten eingebracht werden.“ 19. Zum Abschluss der mündlichen Ausführungen zum Gegenstand des Beitritts nach Artikel 85, Absatz 3 der Geschäftsordnung erklärte Griechenland unter anderem: „Die griechischen Gerichte werden sich durch eine IGH-Entscheidung zu den Wirkungen des Grundsatzes der gerichtlichen Immunität von Staaten in Bezug auf eine jus cogens-Norm des Völkerrechts – wie das Verbot der Verletzung der Grundregeln des humanitären Völkerrechts – leiten lassen… Sie wird damit eine maßgebliche Wirkung auf schwebende und potenzielle Verfahren haben, die von Einzelpersonen bei diesen Gerichten eingebracht werden.“ …………… Die griechische Regierung ist der Ansicht, dass die Wirkung dieses Urteils, das [der] Gerichtshof in diesem Fall bezüglich der gerichtlichen Immunität erlassen wird, für das italienische Rechtssystem und definitiv auch für das griechische Rechtssystem von größter Bedeutung sein wird.“ * * * I. HISTORISCHER UND FAKTISCHER HINTERGRUND 20. Das Gericht hält es für sinnvoll, einleitend kurz auf den zwischen den Parteien weitgehend unstrittigen historischen und faktischen Hintergrund des Falls einzugehen. 21. Im Juni 1940 trat Italien als Alliierter des Deutschen Reichs dem Zweiten Weltkrieg bei. Nach der Entmachtung Mussolinis im September 1943 kapitulierte Italien gegenüber den Alliierten und erklärte im folgenden Monat Deutschland den Krieg. Jedoch befand sich ein großer Teil des italienischen Hoheitsgebiets unter Besatzung der deutschen Streitkräfte, die zwischen Oktober 1943 und dem Kriegsende zahlreiche Gräueltaten gegen die Bevölkerung in diesem Gebiet, wie Massaker an der Zivilbevölkerung und Verschleppung zahlreicher Zivilisten zum Einsatz als Zwangsarbeiter verübten. Daneben nahmen die deutschen Streitkräfte in Italien sowie andernorts in Europa mehrere hunderttausende Mitglieder der italienischen Streitkräfte gefangen. Den meisten dieser Gefangenen (nachfolgend „italienische Militärinternierte“) wurde der Status von Kriegsgefangenen verweigert und sie wurden zum Einsatz als Zwangsarbeiter nach Deutschland und in von Deutschland besetzte Gebiete verschleppt. 1. Der Friedensvertrag von 1947 22. Am 10. Februar 1947 schlossen die Alliierten Mächte nach dem Zweiten Weltkrieg einen Friedensvertrag mit Italien, in dem insbesondere die rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen des Kriegs mit Italien geregelt wurden. Artikel 77 des Friedensvertrags lautet wie folgt: „1. Vom Inkrafttreten des vorliegenden Vertrages an soll Eigentum Italiens oder italienischer Staatsangehöriger in Deutschland nicht mehr als feindliches Eigentum behandelt werden und alle Einschränkungen, die auf solcher Behandlung beruhen, sollen beseitigt werden. 2. Identifizierbares Eigentum Italiens oder italienischer Staatsangehöriger, das durch deutsche Streitkräfte oder Behörden unter Gewalt- oder Zwangsanwendung nach dem 3. September 1943 aus italienischem Hoheitsgebiet nach Deutschland verbracht worden ist, soll zurückerstattet werden können. 3. Die Wiederherstellung und Wiedererstattung italienischen Eigentums in Deutschland sollen mit den Mitteln vollzogen werden, die durch die Besatzungsmächte Deutschlands bestimmt werden. 4. Unbeschadet dieser und irgendwelcher anderer Anordnungen zugunsten Italiens und italienischer Staatsangehöriger durch die Besatzungsmächte Deutschlands verzichtet Italien in seinem Namen und im Namen italienischer Staatsangehöriger aller Ansprüche gegen Deutschland und deutsche Staatsangehörige, die am 8. Mai 1945 ausstanden, ausgenommen derjenigen aus Verträgen und anderen Verpflichtungen sowie Rechten, die vor dem 1. September 1939 eingegangen bzw. erworben worden sind. Dieser Verzicht soll so verstanden werden, dass er Schulden, alle Ansprüche zwischen den Regierungen bezüglich im Laufe des Krieges eingegangener Abmachungen und alle Ansprüche auf während des Krieges entstandene Verluste oder Schäden umfasst.“ 2. Das Bundesentschädigungsgesetz aus dem Jahre 1953 23. Im Jahr 1953 verabschiedete die Bundesrepublik Deutschland das Bundesgesetz zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung (BEG), um bestimmte Kategorien von Opfern der nationalsozialistischen Verfolgung zu entschädigen. Zahlreiche Klagen italienischer Staatsangehöriger nach dem Bundesentschädigungsgesetz waren erfolglos, entweder da die Kläger nicht als Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung im Sinne der Definition im Bundesentschädigungsgesetz galten oder da sie keinen Wohnsitz oder dauerhaften Aufenthalt in Deutschland hatten wie nach dem Gesetz erforderlich. Das Bundesentschädigungsgesetz wurde 1965 so abgeändert, dass auch die Ansprüche von Personen, die aufgrund ihrer Nationalität oder ihrer Zugehörigkeit zu einer nicht-deutschen ethnischen Gruppe verfolgt wurden, abgedeckt wurden, wobei jedoch Voraussetzung war, dass die fraglichen Personen am 1. Oktober 1953 Flüchtlingsstatus hatten. Selbst nach der Gesetzesänderung von 1965 hatten zahlreiche italienische Kläger immer noch keinen Anspruch auf Entschädigung, da sie am 1. Oktober 1953 keinen Flüchtlingsstatus inne hatten. Aufgrund der speziellen Bedingungen des Bundesentschädigungsgesetzes in seiner ursprünglichen Fassung sowie in seiner 1965 geänderten Fassung wurden Klagen von Opfern mit ausländischer Nationalität von deutschen Gerichten generell abgewiesen. 3. Die Verträge von 1961 24. Am 2. Juni 1961 wurden zwei Verträge zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Italien geschlossen. Der erste Vertrag, der am 16. September 1963 in Kraft trat, bezog sich auf die „Regelung gewisser vermögensrechtlicher, wirtschaftlicher und finanzieller Fragen“. Nach Artikel 1 dieses Vertrags hat Deutschland an Italien Entschädigung zur Erledigung „schwebender wirtschaftlicher Fragen“ gezahlt. Artikel 2 des Vertrags lautet wie folgt: „(1) Die italienische Regierung erklärt, dass alle Ansprüche und Forderungen der Italienischen Republik oder von italienischen natürlichen oder juristischen Personen, die gegen die Bundesrepublik Deutschland oder deutsche natürliche oder juristische Personen in der Schwebe sind, erledigt sind, sofern sie auf Rechte und Tatbestände zurückgehen, die in der Zeit vom 1. September 1939 bis 8. Mai 1945 entstanden sind. (2) Die italienische Regierung wird die Bundesrepublik Deutschland und die deutschen natürlichen oder juristischen Personen wegen jeder eventuellen gerichtlichen oder jeder sonstigen Inanspruchnahme seitens italienischer natürlicher oder juristischer Personen in Bezug auf die oben genannten Ansprüche und Forderungen schadlos halten.“ 25. Der zweite Vertrag, der am 31. Juli 1963 in Kraft getreten ist, bezog sich auf die „Entschädigung für italienische Staatsangehörige, die von nationalsozialistischen Verfolgungsmaßnahmen betroffen waren“. Aufgrund dieses Vertrags verpflichtete sich die Bundesrepublik Deutschland zu Entschädigungszahlungen an italienische Staatsangehörige, die von solchen Maßnahmen betroffen waren. Nach Artikel 1 dieses Vertrags verpflichtete sich Deutschland zur Zahlung von vierzig Millionen D-Mark „zugunsten der aus Gründen der Rasse, des Glaubens oder der Weltanschauung von nationalsozialistischen Verfolgungsmaßnahmen betroffenen italienischen Staatsangehörigen, die durch die Verfolgungsmaßnahmen Freiheitsschäden oder Gesundheitsschädigungen erlitten haben, sowie zugunsten der Hinterbliebenen der infolge dieser Verfolgungsmaßnahmen Umgekommenen.“ Artikel 3 dieses Vertrags lautet: „Mit der in Artikel 1 bezeichneten Zahlung sind zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Italienischen Republik, unbeschadet etwaiger Ansprüche italienischer Staatsangehöriger aufgrund der deutschen Wiedergutmachungsgesetze alle Fragen, die Gegenstand dieses Vertrags sind, abschließend geregelt.“ 4. Gesetz zur Errichtung einer Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ 26. Am 2. August 2000 wurde in Deutschland ein Bundesgesetz zur Errichtung einer Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ verabschiedet (nachfolgend das „Bundesgesetz 2000“), mit dem Mittel für Einzelpersonen bereit gestellt wurden, die zur Zwangsarbeit gezwungen und „von anderem Unrecht aus der Zeit des Nationalsozialismus“ betroffen waren (§ 2, Abs. 1). Die Stiftung zahlte nach dem Bundesgesetz 2000 keine Gelder unmittelbar an Leistungsberechtigte aus, sondern stattdessen an „Partnerorganisationen“, einschließlich der Internationalen Organisation für Migration in Genf. In §11 des Bundesgesetzes 2000 wurden der Leistungsberechtigung bestimmte Einschränkungen auferlegt. Eine Wirkung dieser Bestimmung bestand darin, diejenigen Personen aus der Leistungsberechtigung auszuschließen, die den Status von Kriegsgefangenen gehabt hatten, soweit sie nicht in Konzentrationslagern inhaftiert gewesen waren oder in andere festgelegte Kategorien fielen. Nach der im offiziellen Kommentar zu dieser Bestimmung angeführten Begründung, die dem Gesetzesentwurf beilag, können Kriegsgefangene „nach den Regeln des Völkerrechts von dem Gewahrsamsstaat zu Arbeiten herangezogen werden.“ (Bundestagsdrucksache 14/3206, 13. April 2000). Tausende ehemaliger italienischer Militärinternierter denen, wie bereits ausgeführt, der Status eines Kriegsgefangenen vom Deutschen Reich verwehrt worden war (vgl. Randnummer 21), stellten nach dem Bundesgesetz 2000 Entschädigungsanträge. Im Jahr 2001 vertraten die deutschen Behörden die Ansicht, dass nach den Regeln des Völkerrechts das Deutsche Reich nicht einseitig in der Lage gewesen sei, den Status der italienischen Militärinternierten von Kriegsgefangenen in zivile Arbeitskräfte umzuwandeln. Daher hatten die italienischen Militärinternierten nach Ansicht der deutschen Behörden nie ihren Status als Kriegsgefangene verloren, mit dem Ergebnis, dass sie aus den Leistungen nach dem Bundesgesetz 2000 ausgeschlossen waren. Auf dieser Grundlage wurde die überwältigende Mehrheit von Entschädigungsanträgen, die durch italienische Militärinternierte gestellt worden waren, abgelehnt. Versuche ehemaliger italienischer Militärinternierter, diese Entscheidung anzufechten und vor deutschen Gerichten eine Wiedergutmachung zu erlangen, blieben erfolglos. In zahlreichen Entscheidungen urteilten deutsche Gerichte, dass die betroffenen Einzelpersonen nach dem Bundesgesetz 2000 nicht leistungsberechtigt seien, da sie Kriegsgefangene gewesen seien. Am 28. Juni 2004 stellte eine Kammer des Bundesverfassungsgerichts fest, dass § 11, Abs. 3 des Bundesgesetzes 2000, nach dem Kriegsgefangene von Reparationszahlungen ausgeschlossen wurden, nicht den Gleichheitsgrundsatz vor dem Recht verletzte, der durch das deutsche Grundgesetz garantiert wird und dass nach dem Völkerrecht kein individueller Entschädigungsanspruch für Zwangsarbeit begründet werde. Eine Gruppe ehemaliger italienischer Militärinternierter erhob am 20. Dezember 2004 gegen Deutschland Beschwerde vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Am 4. September 2007 erklärte eine Kammer dieses Gerichtshofs, dass die Beschwerde „ratione materiae unvereinbar“ mit den Bestimmungen der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten und ihrer Protokolle sei und erklärte sie daher für unzulässig (Associazione Nazionale Reduci und 275 andere gegen Deutschland, Entscheidung vom 4. September 2007, Bsw. Nr. 45563/04). 5. Verfahren vor italienischen Gerichten A. Fälle mit Beteiligung italienischer Staatsangehöriger 27. Am 23. September 1998 erhob Luigi Ferrini, ein italienischer Staatsangehöriger, der im August 1944 festgenommen und nach Deutschland deportiert worden war, wo er in einer Munitionsfabrik bis zum Kriegsende inhaftiert war und Zwangsarbeit leisten musste, gegen die Bundesrepublik Deutschland Klage vor dem Gericht von Arezzo (Tribunale di Arezzo) in Italien. Am 3. November 2000 entschied das Gericht in Arezzo, dass die Klage von Luigi Ferrini nicht zulässig sei, da Deutschland als souveräner Staat durch die gerichtliche Immunität geschützt werde. Mit Urteil vom 16. November 2001, eingetragen am 14. Januar 2002, wurde die Berufung des Klägers aus denselben Gründen vom Berufungsgericht Florenz (Corte di Appello di Firenze) abgelehnt. Am 11. März 2004 stellte der Italienische Kassationsgerichtshof (Corte di Cassazione) fest, dass die italienischen Gerichte für die durch Luigi Ferrini gegen Deutschland geltend gemachten Schadenersatzansprüche zuständig seien, da die Immunität dann nicht gelte, wenn es sich bei der beanstandeten Handlung um ein völkerrechtliches Verbrechen handele (Ferrini v. Federal Republic of Germany, Entscheidung Nr. 5044/2004 (Rivista di diritto internazionale 87 (2004) S. 539; International Law Reports (ILR), 128, S. 658)). Der Fall wurde sodann an das Gericht in Arezzo zurückverwiesen, das in einem Urteil vom 12. April 2007 feststellte, dass, obwohl es in der Sache zuständig sei, der Entschädigungsanspruch verjährt sei. Das Urteil des Gerichts in Arezzo wurde nach Berufung beim Berufungsgericht Florenz aufgehoben, das Deutschland am 17. Februar 2011 zur Zahlung von Schadenersatz sowie der verfahrensverbundenen Kosten, die im Zuge des Gerichtsverfahrens in Italien entstanden waren, an Luigi Ferrini verurteilte. Insbesondere stellte das Berufungsgericht Florenz fest, dass die gerichtliche Immunität nicht absolut gelte und sich ein Staat angesichts von Handlungen dieses Staates, die nach internationalem Recht Verbrechen darstellten, nicht darauf berufen könne. 28. Nach dem Ferrini-Urteil des italienischen Kassationsgerichtshofs vom 11. März 2004 erhoben zwölf Kläger in der Sache Giovanni Mantelli und andere am 13. April 2004 Klage gegen Deutschland vor dem Gericht von Turin (Tribunale di Torino). Am 28. April 2004 klagte Liberato Maietta vor dem Gericht von Sciacca (Tribunale di Sciacca) gegen Deutschland. In beiden Fällen, bei denen es um Zwangsdeportation und Zwangsarbeit in Deutschland zwischen 1943 und 1945 ging, wurde von Deutschland vor dem Italienischen Kassationsgerichtshof eine Zwischenberufung zur Entscheidung über die Zuständigkeit („regolamento preventivo di giurisdizione“) eingelegt. In zwei Beschlüssen vom 29. Mai 2008 in der Sache Giovanni Mantelli und andere bzw. Liberato Maietta (Italienischer Kassationsgerichtshof, Beschluss Nr. 14201 (Mantelli) Foro italiano 134 (2009), I, S. 1568); Beschluss Nr. 14209 (Maietta) Rivista di diritto internazionale, 91 (2008), S. 896) bestätigte der Italienische Kassationsgerichtshof die Zuständigkeit der italienischen Gerichte für Klagen gegen Deutschland. Eine Reihe ähnlich gelagerter Klagen gegen Deutschland ist derzeit vor italienischen Gerichten anhängig. 29. Der Italienische Kassationsgerichtshof ist außerdem der Argumentation des Ferrini-Urteils in einem anderen Zusammenhang, nämlich in einem gegen Max Josef Milde, einem Angehörigen der „Hermann-Göring“-Division der deutschen Streitkräfte, eingeleiteten Verfahren gefolgt, der der Teilnahme an Massakern angeklagt wurde, die am 29. Juni 1944 in Civitella in Val di Chiana, Cornia und San Pancrazio in Italien stattgefunden haben. Das Militärgericht La Spezia (Tribunale Militare di La Spezia) verhängte gegen Milde in Abwesenheit eine lebenslange Freiheitsstrafe und verurteile Milde und Deutschland gesamtschuldnerisch zur Zahlung von Entschädigungen an die Rechtsnachfolger der Opfer des Massakers, die in dem Verfahren als Zivilpartei auftraten (Urteil vom 10. Oktober 2006 (eingetragen am 2. Februar 2007)). Deutschland legte beim Militärberufungsgericht in Rom (Corte Militare die Appello di Roma) gegen den Teil der Entscheidung Berufung ein, in dem es verurteilt wurde. Am 18. Dezember 2007 wies das Militärberufungsgericht die Berufung ab. In einem Urteil vom 21. Oktober 2008 (eingetragen am 13. Januar 2009) wies der Italienische Kassationsgerichtshof das von Deutschland vorgebrachte Argument der mangelnden Zuständigkeit ab und bestätigte seine Argumentation im Ferrini-Urteil, wonach in Fällen völkerrechtlicher Verbrechen die gerichtliche Immunität des Staates aufzuheben sei (Rivista di diritto internazionale, 92 (2009), S. 618). B. Fälle mit Beteiligung griechischer Staatsangehöriger 30. Während der deutschen Besatzung Griechenlands begingen deutsche Streitkräfte am 10. Juni 1944 ein Massaker in dem griechischen Dorf Distomo, von dem zahlreiche Zivilisten betroffen waren. Im Jahr 1995 erhoben Verwandte von Opfern des Massakers, die Entschädigung für Verluste von Menschenleben und Sachwerten forderten, Klage gegen Deutschland. Das griechische Gericht erster Instanz (Protodikeio) von Livadia erließ am 25. September 1997 ein Versäumnisurteil gegen Deutschland (das am 30. Oktober 1997 verkündet wurde) und sprach den Rechtsnachfolgern der Opfer des Massakers Schadenersatz zu. Der deutsche Antrag auf Kassation dieses Urteils wurde durch den Obersten Gerichtshof Griechenlands (Areios Pagos) am 4. Mai 2000 zurückgewiesen (Prefecture of Voiotia v. Federal Republic of Germany, Az. 11/2000 (ILR, 129, S. 513) (der Distomo-Fall)). Nach Artikel 923 des Griechischen Zivilprozessbuchs ist die Genehmigung des Justizministers zur Vollstreckung eines Urteils gegen einen ausländischen Staat in Griechenland erforderlich. Diese Genehmigung wurde von den Klägern im Distomo-Fall beantragt, jedoch nicht gewährt. Folglich wurden die Urteile gegen Deutschland in Griechenland nicht vollstreckt. 31. Die Kläger im Distomo-Fall erhoben vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Beschwerde gegen Griechenland und Deutschland und führten an, dass Deutschland und Griechenland gegen Artikel 6, Absatz 1 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten und Artikel 1 aus Protokoll Nr. 1 dieser Konvention verstoßen hätten, indem sie sich weigerten, die Entscheidung des erstinstanzlichen Gerichts in Livadia vom 25. September 1997 (im Hinblick auf Deutschland) zu befolgen und die Genehmigung zur Vollstreckung der Entscheidung (im Hinblick auf Griechenland) zu erteilen. In seiner Entscheidung vom 12. Dezember 2002 erklärte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte unter Bezugnahme auf den Grundsatz der staatlichen Immunität die Beschwerde der Beschwerdeführer für unzulässig (Kalogeropoulou and others v. Greece and Germany, Bsw. Nr. 59021/00, Entscheidung vom 12. Dezember 2002, ECHR Reports 2002-X, 417; ILR 129, S. 537). 32. Die griechischen Kläger wandten sich an die deutschen Gerichte, um das am 25. September 1997 durch das griechische erstinstanzliche Gericht in Livadia erlassene und am 4. Mai 2000 durch den Obersten Gerichtshof Griechenlands bestätigte Urteil in Deutschland zur Vollstreckung zu bringen. In seinem Urteil vom 26. Juni 2003 entschied der Bundesgerichtshof, dass diese Entscheidungen griechischer Gerichte innerhalb der deutschen Rechtsordnung nicht anerkannt werden könnten, da sie unter Verletzung des Anspruchs Deutschlands auf staatliche Immunität ergangen seien (Griechische Staatsangehörige gegen die Bundesrepublik Deutschland, Az. III ZR 245/98, Neue Juristische Wochenschrift (NJW), 2003, 3488; ILR, 129, S. 556). 33. Die griechischen Kläger versuchten sodann die Urteile der griechischen Gerichte im Distomo-Fall in Italien vollstrecken zu lassen. Das Berufungsgericht Florenz hat in einer Entscheidung vom 2. Mai 2005 (eingetragen am 5. Mai 2005) festgestellt, dass der Urteilsspruch des Obersten Gerichtshofs Griechenlands, mit dem Deutschland die Erstattung der Gerichtskosten für das Verfahren vor diesem Gericht auferlegt wurde, in Italien vollstreckbar sei. In einer Entscheidung vom 6. Februar 2007 (eingetragen am 22. März 2007) wies das Berufungsgericht Florenz den Einspruch Deutschlands gegen diese Entscheidung vom 2. Mai 2005 zurück (Foro italiano, Band 133, 2008, I, S. 1308). Der Italienische Kassationsgerichtshof bestätigte in seinem Urteil vom 6. Mai 2008 (eingetragen am 29. Mai 2008) die Entscheidung des Berufungsgerichts Florenz (Rivista di diritto internazionale, 92 (2009), S. 594). 34. Was die Frage der durch Deutschland an griechische Kläger zu zahlenden Wiedergutmachungen betrifft, erklärte das Berufungsgericht Florenz durch Entscheidung vom 13. Juni 2006 (eingetragen am 16. Juni 2006), dass das Urteil des erstinstanzlichen Gerichts in Livadia vom 25. September 1997 in Italien vollstreckbar sei. In einem Urteil vom 21. Oktober 2008 (eingetragen am 25. November 2008) wies das Berufungsgericht Florenz den Einspruch der deutschen Regierung gegen die Entscheidung vom 13. Juni 2006 ab. Der Italienische Kassationsgerichtshof bestätigte in seinem Urteil vom 12. Januar 2011 (eingetragen am 20. Mai 2011) die Entscheidung des Berufungsgerichts Florenz. 35. Am 7. Juni 2007 ließen die griechischen Kläger entsprechend der Entscheidung des Berufungsgerichts Florenz vom 13. Juni 2006 beim Provinzamt Como des italienischen Grundbuchamts (Agenzia del Territorio) eine Zwangshypothek (ipoteca giudiziale) auf die Villa Vigoni, ein deutsches Staatseigentum in der Nähe des Comer Sees, eintragen. Der Juristische Dienst des Staates für den Bezirk Mailand (Avvocatura Distrettuale dello Stato di Milano) hat in einer Eingabe vom 6. Juni 2008 beim Gericht in Como (Tribunale di Como) die Meinung vertreten, dass die Hypothek zu löschen sei. Nach Rechtsverordnung Nr. 63 vom 28. April 2010, Gesetz Nr. 98 vom 23. Juni 2010 und Rechtsverordnung Nr. 216 vom 29. Dezember 2011 wurde die Zwangshypothek bis zur Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs im vorliegenden Fall ausgesetzt. 36. Nach der Einleitung des Verfahrens im Distomo-Fall im Jahr 1995 wurde durch griechische Staatsangehörige eine weitere Klage gegen Deutschland vor griechischen Gerichten eingebracht. Es handelt sich hierbei um den sogenannten Margellos-Fall, in dem Schadenersatzansprüche für durch deutsche Streitkräfte im griechischen Dorf Lidoriki im Jahr 1944 verübte Handlungen beansprucht wird. Im Jahr 2001 hat der Oberste Gerichtshof Griechenlands den Fall an das Oberste Sondergericht (Anotato Eidiko Dikastirio) verwiesen, das nach Artikel 100 der griechischen Verfassung für die „Regelung von Streitigkeiten bezüglich der Festlegung allgemein anerkannter Regeln des Völkerrechts“ zuständig ist [Übersetzung [ins Englische] durch die Kanzlei]. Es wurde eine Entscheidung darüber beantragt, ob der Grundsatz der staatlichen Immunität auch für die im Margellos-Fall angeführten Handlungen Anwendung findet. Mit Entscheidung vom 17. September 2002 hat das Oberste Sondergericht festgestellt, dass zum gegenwärtigen Entwicklungsstand des Völkerrechts, Deutschland Anspruch auf staatliche Immunität habe (Margellos v. Federal Republic of Germany, Az. 6/2002, ILR, 129, S. 525). II. Gegenstand des Rechtsstreits und Zuständigkeit des Gerichtshofs 37. Die beim Gerichtshof durch Deutschland eingebrachten Anträge sind während des Verfahrens unverändert geblieben (vgl. Rn. 15, 16 und 17 oben). Deutschland begehrt im Wesentlichen vom Gerichtshof die Feststellung, dass Italien durch Zulassung zivilrechtlicher Schadensersatzklagen auf Grund von Verletzungen des humanitären Völkerrechts durch das Deutsche Reich während des Zweiten Weltkriegs, die gegen die Bundesrepublik Deutschland vor italienischen Gerichten erhoben wurden, die gerichtliche Immunität nicht geachtet hat, die die Bundesrepublik Deutschland nach dem Völkerrecht genießt; dass Italien durch die Beschlagnahme der „Villa Vigoni“, ein auf italienischem Hoheitsgebiet gelegenes Eigentum des deutschen Staates, ebenfalls die Immunität Deutschlands verletzt hat; und dass Italien weiterhin durch die Vollstreckbarkeitserklärung von Entscheidungen griechischer Zivilgerichte, die gegen Deutschland aufgrund ähnlicher Vorfälle wie derjenigen, die zu den Klagen vor italienischen Gerichten geführt haben, erlassen wurden, eine weitere Verletzung der gerichtlichen Immunität Deutschlands begangen hat. Entsprechend begehrt der Antragsteller vom Gerichtshof festzustellen, dass Italien international verantwortlich ist und dem Beklagten aufzuerlegen, verschiedene Maßnahmen im Wege der Entschädigung zu ergreifen. 38. Italien begehrt seinerseits vom Gerichtshof festzustellen, dass die Forderungen Deutschlands unbegründet und sie daher abzuweisen sind, ausgenommen des Antrags bezüglich der gegen die Villa Vigoni verhängten Zwangshypothek. Zu diesem Punkt gibt der Beklagte gegenüber dem Gericht zu erkennen, dass keine Einwände gegen eine gerichtliche Anordnung zur Beendigung dieser Maßnahmen erhoben würden. Im Gegenschriftsatz reichte Italien Widerklage „bezüglich der Frage der italienischen Opfern von schweren Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht durch die Streitkräfte des Deutschen Reichs geschuldeten Entschädigungen“ ein. Diese Klage wurde mit Gerichtsbeschluss vom 6. Juli 2010 abgewiesen, da sie nicht in die Zuständigkeit des Gerichtshofs fällt und daher nach Artikel 80, Abs. 1 der Geschäftsordnung nicht zulässig war (vgl. Rn. 5 oben). * 39. Der Gegenstand eines vor den Gerichtshof gebrachten Rechtsstreits bestimmt sich durch die von den Parteien vorgebrachten Klagen. Da im vorliegenden Fall dem Gerichtshof keine Widerklage mehr vorliegt und Italien den Gerichtshof darum ersucht hat, „die Klagen Deutschlands für unbegründet zu erklären“, bestimmt sich der Gegenstand des Rechtsstreits, in dem der Gerichtshof zu entscheiden hat, durch diese Klagen. Der Gerichtshof muss bezüglich dieser Klagen feststellen, ob er in der vorliegenden Sache zuständig ist. 40. Italien hat keinen Widerspruch bezüglich der Zuständigkeit des Gerichtshofs oder der Zulässigkeit der Klage erhoben. Dennoch muss das Gericht nach ständiger Rechtsprechung „… sich stets davon überzeugen, dass es zuständig ist und muss nötigenfalls eine Prüfung proprio motu vornehmen (Beschwerde bezüglich der Zuständigkeit des ICAO-Rats (India v. Pakistan), Urteil, I.C.J. Reports 1972, 52, Rz. 13). 41. Die Klage Deutschlands wurde auf Grundlage der dem Gerichtshof nach Artikel 1 des Europäischen Übereinkommens zur friedlichen Beilegung von Streitigkeiten verliehenen Zuständigkeit eingereicht, der wie folgt lautet: „Die Hohen Vertragschließenden Parteien werden alle zwischen ihnen entstehenden völkerrechtlichen Streitigkeiten dem Internationalen Gerichtshof zur Entscheidung vorlegen, insbesondere Streitigkeiten über: a. die Auslegung eines Vertrags; b. jegliche Fragen des Völkerrechts; c. das Bestehen einer Tatsache, die, wäre sie bewiesen, die Verletzung einer internationalen Verpflichtung bedeuten würde; d. Art und Umfang der wegen Verletzung einer internationalen Verpflichtung geschuldeten Wiedergutmachung.“ 42. Artikel 27, Buchstabe (a) dieses Übereinkommens beschränkt den Umfang dieses Instruments ratione temporis durch den Verweis, dass es keine Anwendung findet „auf Streitigkeiten, die Tatsachen oder Verhältnisse aus der Zeit vor dem Inkrafttreten dieses Übereinkommens zwischen den am Streit beteiligten Parteien betreffen“. Das Übereinkommen ist zwischen Deutschland und Italien am 18. April 1961 in Kraft getreten. 43. Die beim Gerichtshof durch Deutschland eingereichten Klagen beziehen sich auf „völkerrechtliche Streitigkeiten“ im Sinne von Artikel 1 wie oben angeführt, zwischen zwei Staaten, die, wie bereits erwähnt, beide zum Datum der Einreichung der Klage Parteien des Übereinkommens waren und nach wie vor sind. 44. Der Satz im oben genannten Artikel 27, durch den eine Beschränkung ratione temporis auferlegt wird, findet auf die deutschen Klagen keine Anwendung, da sie keine „Tatsachen oder Verhältnisse aus der Zeit vor dem Inkrafttreten dieses Übereinkommens zwischen den am Streit beteiligten Parteien betreffen“, d.h. vor dem 18. April 1961. Bei den „Tatsachen oder Verhältnisse[n]“, die Grund für die Rechtsstreitigkeit vor dem Gerichtshof sind, handelt es sich um italienische Gerichtsentscheidungen, mit denen Deutschland die beanspruchte gerichtliche Immunität versagt wurde und um die gegen deutsches Eigentum verhängte Zwangshypothek. Diese Entscheidungen und Maßnahmen wurden zwischen 2004 und 2011 beschlossen, somit lange nachdem das Europäische Übereinkommen zur friedlichen Beilegung von Streitigkeiten zwischen den Parteien in Kraft getreten war. In der Tat geht es beim Gegenstand des Rechtsstreits, auf den sich die gerichtlichen Verfahren beziehen, um Wiedergutmachung für Verletzungen, die durch Handlungen der deutschen Streitkräfte zwischen 1943-1945 verursacht wurden. Die deutsche Beschwerde vor dem Gerichtshof betrifft jedoch nicht die Behandlung dieses Gegenstands in den Urteilen der italienischen Gerichte. Die Beschwerde richtet sich einzig gegen die verletzten Immunitäten der Gerichtsbarkeit und der Vollstreckung. Nach dieser Definition betrifft die Streitigkeit zweifelsohne „Tatsachen oder Verhältnisse“, die voll und ganz nach dem Inkrafttreten des Übereinkommens zwischen den Parteien liegen. Italien hat sich daher richtigerweise nicht darauf gestützt, dass die Streitigkeit, wegen der Deutschland den Gerichtshof angerufen hat, ganz oder teilweise unter die Einschränkung der ratione temporis nach dem oben genannten Artikel 27 falle. Der Gerichtshof ist in dieser Sache zuständig. 45. Die Parteien, die der obigen Analyse nicht widersprochen haben, haben anderseits die Reichweite der Zuständigkeit des Gerichtshofs in einem völlig anderen Kontext erörtert, nämlich im Zusammenhang mit einigen der von Italien zu seiner Verteidigung angeführten Argumente und bezüglich der angeblichen Nichterfüllung der Pflicht zur Zahlung von Wiedergutmachung an die italienischen und griechischen Opfer der durch das Deutsche Reich von 1943-1945 begangenen Verbrechen durch Deutschland. Nach Ansicht Italiens besteht eine Verbindung zwischen der Frage der Erfüllung der Verpflichtung zur Zahlung von Wiedergutmachung an die Opfer durch Deutschland und der gerichtlichen Immunität, auf die sich Deutschland vor den ausländischen Gerichten berufen kann, an die sich diese Opfer wenden. Danach könne einem Staat, der seine Pflicht zur Zahlung von Wiedergutmachung an die Opfer schwerer Verletzungen des humanitären Völkerrechts nicht erfüllt und der diesen Opfern keine wirksamen Mittel bietet, um die Wiedergutmachung zu erlangen, die ihnen eventuell zusteht, das Recht aberkannt werden, sich vor den Gerichten des Staates der Nationalität der Opfer auf seine gerichtliche Immunität zu berufen. 46. Deutschland hat geltend gemacht, dass der Gerichtshof über ein solches Vorbringen nicht entscheiden könne, da es sich um die Frage von Wiedergutmachungsansprüchen handele, die sich auf Tatsachen von vor dem 18. April 1961 beziehen. Nach Ansicht von Deutschland „liegen Tatsachen, die vor dem Datum des Inkrafttretens des Europäischen Übereinkommens zur friedlichen Beilegung von Streitigkeiten zwischen Italien und Deutschland eingetreten sind, eindeutig außerhalb der Zuständigkeit des Gerichtshofs“ und „gehören Wiedergutmachungsansprüche nicht zum Gegenstand des gegenwärtigen Rechtsstreits und bilden nicht Teil des gegenwärtigen Verfahrens“. Hierbei stützt sich Deutschland auf den Beschluss, mit dem der Gerichtshof die Wiederklage Italiens abgewiesen hat, mit welcher der Gerichtshof ersucht worden war festzustellen, dass Deutschland seine Widergutmachungsverpflichtung gegenüber italienischen Opfern von Kriegsverbrechen und durch das Deutsche Reich begangenen Verbrechen gegen die Menschlichkeit (vgl. Absatz 38) verletzt habe. Deutschland verweist darauf, dass diese Zurückweisung mit der Tatsache begründet wurde, dass die besagte Widerklage aufgrund der Klausel, mit der eine Beschränkung ratione temporis im obigen Artikel 27 des Europäischen Übereinkommens zur friedlichen Beilegung von Streitigkeiten auferlegt wird, nicht in die Zuständigkeit des Gerichtshofs gefallen sei und sich die Frage von Wiedergutmachungsansprüchen unmittelbar aus Handlungen ergebe, die zwischen 1943-1945 verübt wurden. 47. Italien hat diesen Einwand damit beantwortet, dass während der Beschluss vom 6. Juli 2010 sicherlich die Verfolgung seiner Widerklage im vorliegenden Fall verhindere, es andererseits dadurch nicht daran gehindert werde, die Argumente zu verwenden, auf denen es seinen Widerspruch zur Abwehr der deutschen Klageanträge aufgebaut habe. Die Frage der mangelnden angemessenen Widergutmachung sei seiner Ansicht nach wesentlich für die Entscheidung in der Streitfrage der Immunität. Die Zuständigkeit des Gerichtshofs dies zur Kenntnis zu nehmen sei somit im Übrigen unstrittig. 48. Der Gerichtshof stellt fest, dass ihm seit der Zurückweisung der Gegenklage Italiens keine weiteren Anträge dazu vorliegen, über die Frage zu entscheiden, ob Deutschland eine Wiedergutmachungspflicht gegenüber italienischen Opfern von durch das Deutsche Reich begangenen Verbrechen hat und ob es dieser Pflicht bezüglich aller dieser Opfer oder nur einiger davon nachgekommen sei. Der Gerichtshof ist daher nicht gehalten, in diesen Fragen zu entscheiden. 49. Jedoch führt Italien zur Untermauerung seines Vorbringens, dass es die gerichtliche Immunität Deutschlands nicht verletzt habe, an, dass Deutschland das Recht, sich auf diese Immunität vor den italienischen Gerichten zu berufen, bei denen Zivilklagen von einigen Opfern erhoben wurden, verloren habe, da es seiner Wiedergutmachungspflicht nicht im vollem Umfang nachgekommen sei. 50. Der Gerichtshof muss entscheiden, ob, wie von Italien behauptet, die nicht vollständige Erfüllung der behaupteten Wiedergutmachungspflicht eines Staates eine rechtliche Wirkung auf den Bestand und den Umfang der gerichtlichen Immunität dieses Staates vor ausländischen Gerichten haben kann. Hierbei handelt es sich um eine Rechtsfrage, in der der Gerichtshof entscheiden muss, um das für die staatliche Immunität für Zwecke des vorliegenden Falls anwendbare gewohnheitsmäßige Völkerrecht zu ermitteln. Sollte die vorstehende Frage bejaht werden, ergäbe sich als zweite Frage unter den besonderen Umständen des Falls und insbesondere unter Berücksichtigung des Verhaltens von Deutschland in der Frage der Wiedergutmachung, ob die italienischen Gerichte ausreichend Gründe für die Aufhebung der Immunität Deutschlands hatten. Der Gerichtshof muss seine Zuständigkeit in dieser zweiten Fragen nicht prüfen, bis er die erste beantwortet hat. Der Gerichtshof ist zu diesem Zeitpunkt der Auffassung, dass keine weiteren Fragen bezüglich des Vorliegens oder des Umfangs seiner Zuständigkeit auftreten. * 51. Der Gerichtshof wird sich zunächst mit den im ersten Antrag von Deutschland erhobenen Fragen befassen, nämlich ob durch die Ausübung der Gerichtsbarkeit über Deutschland bei durch die verschiedenen italienischen Kläger erhobenen Klagen die italienischen Gerichte die Verpflichtung Italiens verletzt haben, Deutschland gerichtliche Immunität zu gewähren. Wir werden sodann in Abschnitt IV auf die Zwangsmaßnahmen eingehen, die bezüglich der Villa Vigoni erlassen wurden und in Abschnitt V auf die Entscheidungen der italienischen Gerichte, mit denen die Urteile griechischer Gerichte in Italien für vollstreckbar erklärt wurden. III. Angebliche Verletzung der gerichtlichen Immunität Deutschlands in durch die italienischen Kläger eingeleiteten Verfahren 1. Die Streitfragen vor dem Gerichtshof 52. Der Gerichtshof beginnt mit der Feststellung, dass die Verfahren vor italienischen Gerichten ihren Ursprung in Handlungen haben, die von den deutschen Streitkräften und anderen Organen des Deutschen Reichs verübt wurden. Deutschland hat das „immense Leid, das italienischen Männern und Frauen insbesondere bei Massakern sowie ehemaligen italienischen Militärinternierten zugefügt wurde“ uneingeschränkt anerkannt (Gemeinsame Erklärung von Deutschland und Italien, Triest, 18. November 2008), akzeptiert die Unrechtmäßigkeit dieser Handlungen und erklärte vor dem Gerichtshof „sich [seiner] Verantwortung in dieser Hinsicht im vollen Umfang bewusst zu sein“. Der Gerichtshof ist der Auffassung, dass die fraglichen Handlungen nur als völlige Missachtung der „grundlegenden Überlegungen der Menschlichkeit“ beschrieben werden können (Corfu Channel (United Kingdom v. Albania), I.C.J. Reports (1949), 22, Military and Paramilitary Activities in and against Nicaragua (Nicaragua v. United States of America), Merits, Judgement, I.C.J. Reports (1986), S. 112). Bei einer Gruppe von Fällen ging es um die Massentötung von Zivilisten im besetzten Gebiet im Zuge von Vergeltungsmaßnahmen, wie beispielsweise durch die Massaker am 29. Juni 1944 in Civitella in Val di Chiana, Cornia und San Pancrazio durch Angehörige der „Hermann Göring“-Division der deutschen Streitkräfte. Dabei wurden 203 Zivilisten als Geiseln genommen, nachdem Widerstandskämpfer wenige Tage zuvor vier deutsche Soldaten getötet hatten (der Fall Max Josef Milde, Militärgericht La Spezia, Urteil vom 10. Oktober 2006 (eingetragen am 2. Februar 2007)). Bei einer weiteren Gruppe ging es um Angehörige der Zivilbevölkerung, die wie Luigi Ferrini, aus Italien deportiert wurden, um im Wesentlichen Sklavenarbeit in Deutschland zu leisten. Eine dritte Gruppe betraf Angehörige der italienischen Streitkräfte, denen der Status von Kriegsgefangenen verweigert wurde ebenso wie der mit diesem Status verbundene Schutz, auf den sie Anspruch hatten und die ebenfalls als Zwangsarbeiter eingesetzt wurden. Das Gericht ist der Meinung, dass kein Zweifel daran bestehen kann, dass dieses Verhalten eine schwerwiegende Verletzung des Kriegsvölkerrechts darstellt, das von 1943-1945 Anwendung fand. Artikel 6 lit. b des Statuts für den Internationalen Militärgerichtshof, 8. August 1945 (Vereinte Nationen, Treaty Series (UNTS), Bd. 82, S. 279), zusammengetreten in Nürnberg, kodifizierte „Mord, Misshandlung oder Deportation der Zivilbevölkerung eines oder in einem besetzten Gebiet zur Sklavenarbeit oder für einen anderen Zweck“ sowie „Mord oder Misshandlung von Kriegsgefangenen“ als Kriegsverbrechen. Die Aufzählung der Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Artikel 6 lit. c des Statuts umfasste weiterhin „Mord, Ausrottung, Versklavung, Deportation und andere unmenschliche Handlungen begangen an irgendeiner Zivilbevölkerung vor oder während des Krieges“. Der Mord an zivilen Geiseln in Italien war einer der Anklagepunkte, wegen derer eine Reihe von Kriegsverbrechern in Verhandlungen unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg verurteilt wurden (z. B. Von Mackensen and Maelzer (1946) Annual Digest, Bd. 13, 258; Kesselring (1947) Annual Digest, Bd. 13, 260 und Kappler (1948) Annual Digest, Bd. 15, S. 471). Die Grundsätze des Nürnberger Statuts wurden durch die Generalversammlung der Vereinten Nationen mit Beschluss 95 (I) vom 11. Dezember 1946 bestätigt. 53. Jedoch ist der Gerichtshof nicht gehalten darüber zu entscheiden, ob diese Handlungen unrechtmäßig waren, da dieser Punkt unstrittig ist. Die Frage für den Gerichtshof besteht darin, ob in Verfahren bezüglich Entschädigungsansprüchen, die sich aus diesen Handlungen ergeben, die italienischen Gerichte dazu verpflichtet waren, Deutschland Immunität zu gewähren. In diesem Zusammenhang stellt der Gerichtshof fest, dass zwischen den Parteien weitestgehend Übereinstimmung über das anwendbare Recht besteht. Insbesondere sind sich beide Parteien darüber einig, dass die Immunität dem Völkerrecht unterliegt und keine reine Frage des guten Einvernehmens ist. 54. Was das Verhältnis zwischen Deutschland und Italien angeht, so lässt sich ein Anspruch auf Immunität allein aus dem Völkergewohnheitsrecht und nicht aus einem Vertrag ableiten. Auch wenn Deutschland einer der acht Unterzeichnerstaaten des Europäischen Übereinkommens über Staatenimmunität vom 16. Mai 1972 ist (European Treaty Series (ETS), Nr. 74, UNTS, Bd. 1495, S. 182) (nachfolgend das „Europäische Übereinkommen“), so ist Italien nicht Vertragspartei und somit durch das Übereinkommen nicht gebunden. Keiner der Staaten ist Vertragspartei des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Immunität der Staaten und ihres Vermögens von der Gerichtsbarkeit, das am 2. Dezember 2004 verabschiedet wurde (nachfolgend das „VN-Übereinkommen“), das ohnehin noch nicht in Kraft getreten ist. Bis zum 1. Februar 2012 haben 28 Staaten das VN-Übereinkommen unterzeichnet und bisher liegen dreizehn Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunden vor. Artikel 30 des Übereinkommens sieht vor, dass es am dreißigsten Tag nach Hinterlegung der dreißigsten dieser Urkunden in Kraft tritt. Weder Deutschland noch Italien haben dieses Übereinkommen unterzeichnet. 55. Folglich muss das Gericht nach Artikel 38, Abs. 1, lit. (b) seines Statuts die Existenz des „internationalen Gewohnheitsrechts als Ausdruck einer allgemeinen, als Recht anerkannten Übung“ feststellen, durch die Staaten Immunität gewährt wird und ggf. wie sich Umfang und Reichweite dieser Immunität darstellen. Dabei sind die Kriterien anzuwenden, die wiederholt zur Identifizierung einer Regel des Völkergewohnheitsrechts niedergelegt wurden. Insbesondere erfordert die Existenz einer Regel des Völkergewohnheitsrechts, wie der Gerichtshof in North Sea Continental Shelf-Fällen klargestellt hat, dass eine „ständige Praxis“ in Verbindung mit einer opinio juris vorliegt (North Sea Continental Shelf (Federal Republic of Germany/Denmark; Federal Republic of Germany/Netherlands), Urteil, I.C.J. Reports (1969), 44, Rz. 77). Weiterhin stellt der Gerichtshof wie folgt fest: „Es ist natürlich unumgänglich, dass der Gegenstand des Völkergewohnheitsrechts in erster Linie in der tatsächlichen Übung und der opinio juris der Staaten zu suchen ist, selbst wenn multilaterale Übereinkommen möglicherweise eine wichtige Rolle bei der Erfassung und Definition von Regeln, die sich aus Gewohnheiten ableiten, oder gar bei ihrer Entwicklung spielen.“ (Continental Shelf (Libyan Arab Jamahiriya/Malta), I.C.J. Reports (1985) S. 29-30, Rz. 27.)“[1] Im vorliegenden Kontext lässt sich eine Staatenpraxis von besonderer Bedeutung in den Urteilen nationaler Gerichte finden, die gehalten waren, über die Immunität eines fremden Staates zu entscheiden, in der Gesetzgebung derjenigen Staaten, die Gesetze zur Frage der Immunität erlassen haben, in den von Staaten vor fremden Gerichten geltend gemachten Immunitätsansprüchen und in den Aussagen von Staaten zunächst im Zuge der umfangreichen Studien zu diesem Thema durch die International Law Commission und des Weiteren im Zusammenhang mit der Verabschiedung des VN-Übereinkommens. Die opinio juris in diesem Kontext schlägt sich insbesondere darin nieder, dass Immunität beanspruchende Staaten sich auf ein ihnen nach dem Völkerrecht zustehendes Recht auf Immunität gegenüber der Gerichtsbarkeit anderer Staaten stützen, in dem Anerkenntnis von Immunität gewährenden Staaten, dass sie nach dem Völkerrecht dazu verpflichtet sind und andererseits in der Geltendmachung eines Rechts zur Ausübung der Gerichtsbarkeit über fremde Staaten durch Staaten in anderen Fällen. Während es durchaus der Fall sein kann, dass Staaten gelegentlich eine weiter gefasste Immunität gewähren als dies völkerrechtlich erforderlich wäre, geht es für den vorliegenden Zweck darum, dass die Gewährung von Immunität in einem solchen Fall nicht mit der erforderlich opinio juris einhergeht und daher kein Licht auf die aktuell vom Gerichtshof zu behandelnde Frage wirft. 56. Obgleich in der Vergangenheit zahlreiche Debatten über die Ursprünge der Staatenimmunität und die Identifikation der dieser Immunität zugrundeliegenden Prinzipien geführt wurden, ist die International Law Commission 1980 zu dem Schluss gelangt, dass die Regel der Staatenimmunität „als allgemeine Regel im Völkergewohnheitsrecht angenommen wurde, die fest in der aktuellen Praxis der Staaten verankert ist“ (Yearbook of the International Law Commission (1980), II(2), 147, Rz. 26). Diese Schlussfolgerung beruhte auf einer umfassenden Erhebung zur Staatenpraxis und wird nach Meinung des Gerichtshofs durch die Entwicklung der nationalen Gesetzgebung, gerichtliche Entscheidungen, Geltendmachungen eines Immunitätsrechts und die Stellungnahmen von Staaten bestätigt, aus denen das VN-Übereinkommen entstanden ist. Diese Praxis zeigt, dass sowohl bei der Beanspruchung von Immunität für sich selbst als auch bei der Gewährung von Immunität an andere, die Staaten generell davon ausgehen, dass ein völkerrechtliches Recht auf Immunität gekoppelt mit einer entsprechenden Verpflichtung seitens des anderen Staates zur Achtung und Umsetzung dieser Immunität existiert. 57. Der Gerichtshof ist der Ansicht, dass die Regel der Staatenimmunität einen wichtigen Platz im Völkerrecht und bei den internationalen Beziehungen einnimmt. Sie leitet sich aus dem Grundsatz der souveränen Gleichheit der Staaten ab, die, wie aus Artikel 2, Absatz 1 der Charta der Vereinten Nationen klar hervorgeht, einer der fundamentalen Grundsätze der internationalen Rechtsordnung ist. Dieser Grundsatz muss in Verbindung mit dem Grundsatz gesehen werden, dass jeder Staat Souveränität über sein eigenes Hoheitsgebiet genießt und dass sich aus dieser Souveränität die Gerichtsbarkeit des Staates für Ereignisse und Personen innerhalb dieses Hoheitsgebiets ergibt. Ausnahmen von der Staatenimmunität stellen eine Abweichung vom Grundsatz der souveränen Gleichheit dar. Die Immunität kann eine Abweichung vom Grundsatz der territorialen Souveränität und der daraus resultierenden Gerichtsbarkeit darstellen. 58. Die Parteien sind sich daher weitgehend über die Gültigkeit und Bedeutung der Staatenimmunität als Teil des Völkergewohnheitsrechts einig. Sie vertreten jedoch unterschiedliche Meinungen dazu, ob (wie Deutschland anführt) das Recht anzuwenden ist, welches Reichweite und Umfang der Staatenimmunität in den Jahren 1943-1945 regelte, d.h. zu der Zeit, als die den Verfahren vor italienischen Gerichten zugrunde liegenden Ereignisse stattfanden oder ob (wie Italien anführt) das Recht anzuwenden ist, das zu der Zeit anwendbar war, als die Verfahren selbst stattfanden. Der Gerichtshof stellt fest, dass nach dem in Artikel 13 der Artikelentwürfe zur Staatenverantwortlichkeit für völkerrechtswidrige Handlungen der International Law Commission wiedergegebenen Grundsatz, die Vereinbarkeit einer Handlung mit dem Völkerrecht sich nur durch Bezugnahme auf das Recht feststellen lässt, das zum Zeitpunkt der Handlung in Kraft war. In diesem Zusammenhang muss zwischen den relevanten Handlungen Deutschlands und denen Italiens unterschieden werden. Die relevanten Handlungen Deutschlands – die in Rn. 52 beschrieben werden – wurden 1943-1945 verübt. Damit findet auf sie das damalige Völkerrecht Anwendung. Zu den relevanten italienischen Handlungen – Verweigerung der Immunität und Ausübung der Gerichtsbarkeit durch die italienischen Gerichte – kam es erst mit der Durchführung der Verfahren vor den italienischen Gerichten. Da sich die Klage vor dem Gerichtshof auf die Handlungen der italienischen Gerichte bezieht, muss der Gerichtshof das Völkerrecht anwenden, das zur Zeit dieser Verfahren in Kraft war. Weiterhin ist, wie der Gerichtshof (im Zusammenhang mit den durch das Völkerrecht den ausländischen Ministern gewährten Immunitäten) ausgeführt hat, das Immunitätsrecht im Wesentlichen prozessualer Natur (Arrest Warrant (Democractic Republic of Congo v. Belgium), Urteil, I.C.J. Reports (2002), 25, Rz. 60). Es regelt die Ausübung der Gerichtsbarkeit bezüglich eines bestimmten Verhaltens und unterscheidet sich damit grundlegend vom materiellen Recht, das festlegt, ob dieses Verhalten rechtmäßig oder unrechtmäßig ist. Aus diesen Gründen ist der Gerichtshof der Meinung, dass das Recht bezüglich der Staatenimmunität zu prüfen und anzuwenden ist, wie es zum Zeitpunkt der italienischen Verfahren in Kraft war und nicht wie es in den Jahren 1943-1945 Geltung hatte. 59. Die Parteien sind auch unterschiedlicher Meinung über Reichweite und Umfang der Regel der Staatenimmunität. In diesem Zusammenhang bemerkt der Gerichtshof, dass zahlreiche Staaten (einschließlich Deutschland und Italien) heute zwischen acta jure gestionis, bei denen die Immunität, die sie für sich selbst in Anspruch nehmen und die sie anderen zugestehen, eingeschränkt wurde, und acta jure imperii unterscheiden. Dieser Ansatz wurde auch im VN-Übereinkommen und dem Europäischen Übereinkommen verfolgt (vgl. auch Entwurf der Inter-American Convention on Jurisdictional Immunity of States, erstellt durch das Inter-American Juridicial Committee of the Organization of American States, 1983 (ILM, Bd. 22, S. 292)). 60. Der Gerichtshof ist nicht gehalten, auf die Frage der Behandlung der Staatenimmunität im Völkerrecht im Hinblick auf acta jure gestionis einzugehen. Die Handlungen der deutschen Streitkräfte und anderer staatlicher Organe, die Gegenstand der Verfahren vor italienischen Gerichten waren, stellen unstrittig acta jure imperii dar. Der Gerichtshof bemerkt, dass Italien in Beantwortung einer von einem Angehörigen des Gerichtshofs gestellten Frage anerkannte, dass diese Handlungen unabhängig von ihrer Unrechtmäßigkeit als acta jure imperii zu charakterisieren seien. Das Gericht ist der Ansicht, dass die Begriffe „jure imperii“ und „jure gestionis“ nicht beinhalten, dass die fraglichen Handlungen rechtmäßig sind. Vielmehr wird darauf abgestellt, ob die fra
  3. 61. Beide Parteien sind sich darüber einig, dass Staaten bei acta jure imperii generell Immunität beanspruchen können. Diesem Ansatz folgen auch das VN-Übereinkommen und das Europäische Übereinkommen sowie der Entwurf der Inter-American Convention, die nationale Gesetzgebung der Staaten, die Gesetze zu dieser Frage verabschiedet haben und die Rechtsprechung der nationalen Gerichte. Vor diesem Hintergrund muss der Gerichtshof die im vorliegenden Verfahren aufgeworfene Frage angehen, nämlich ob diese Immunität auf Handlungen anwendbar ist, die von den Streitkräften eines Staates (und anderen Organen dieses Staates, die mit den Streitkräften gemeinsam gehandelt haben) im Zuge der Führung eines bewaffneten Konflikts begangen wurden. Deutschland vertritt die Auffassung, dass Immunität anwendbar sei und dass keine relevante Beschränkung für die Immunität bestehe, auf die ein Staat bezüglich acta jure imperii Anspruch habe. Italien vertritt in seinen Ausführungen vor dem Gerichtshof die Ansicht, dass Deutschland im Hinblick auf Fälle vor italienischen Gerichten aus zwei Gründen keinen Anspruch auf Immunität habe: erstens beziehe sich die Immunität bezüglich acta jure imperii nicht auf im Hoheitsgebiet des Forumstaates begangene Vergehen oder Delikte, die zu Tod, Personen- oder Sachschäden führen und zweitens habe Deutschland, unabhängig davon, wo die relevanten Handlungen stattgefunden haben, keinen Anspruch auf Immunität, da es bei diesen Handlungen zu den schwersten Verletzungen der zwingenden Regeln des Völkerrechts gekommen sei, bei denen keine alternative Möglichkeit der Wiedergutmachung zur Verfügung stehe. Der Gerichtshof wird auf jedes Argument Italiens im Einzelnen eingehen. 2. Italiens erstes Argument: Gebietsbezogene Deliktsausnahme 62. Im Wesentlichen stützt sich das erste Argument Italiens darauf, dass sich das Völkergewohnheitsrecht dahingehend entwickelt habe, dass ein Staat bei Handlungen, die zu Tod, Personen- oder Sachschäden auf dem Hoheitsgebiet des Forumstaates führen, keinen Anspruch auf Immunität mehr besitze, selbst wenn die fragliche Handlung jure imperii begangen wurde. Italien anerkennt, dass dieses Argument nur auf die vor italienischen Gerichten erhobenen Klagen anwendbar ist, die sich auf in Italien verübte Handlungen beziehen und nicht auf die Fälle italienischer Militärinternierter, die außerhalb von Italien in Gefangenschaft geraten sind und nach Deutschland oder in andere Gebiete außerhalb Italiens als Zwangsarbeiter verschleppt wurden. Zur Untermauerung dieses Arguments verweist Italien auf die Übernahme von Artikel 11 des Europäischen Übereinkommens und Artikel 12 des VN-Übereinkommens sowie die Tatsache, dass neun der zehn aufgeführten Staaten (mit Ausnahme von Pakistan), die Gesetze verabschiedet haben, die sich speziell auf die Staatenimmunität beziehen, Bestimmungen erlassen haben, die denen der beiden Übereinkommen entsprechen. Italien anerkennt, dass das Europäische Übereinkommen eine Bestimmung enthält, nach der das Übereinkommen nicht auf Handlungen fremder Streitkräfte anwendbar ist (Artikel 31), vertritt jedoch die Auffassung, dass diese Bestimmung lediglich eine salvatorische Klausel darstelle, die in erster Linie darauf abziele, Konflikte zwischen dem Übereinkommen und Dokumenten zu vermeiden, mit denen der Status von Stationierungsstreitkräften geregelt wird, die mit Zustimmung des Gebietssouverän anwesend sind und dass daraus nicht hervorgehe, dass Staaten Immunität bezüglich Handlungen ihrer Streitkräfte in einem anderen Staat beanspruchen können. Italien lehnt die Bedeutung bestimmter, im Zuge der Verabschiedung des VN-Übereinkommens abgegebener Erklärungen (in Rn. 69 unten erörtert) ab, die nahelegten, dass dieses Übereinkommen nicht auf die Handlungen von Streitkräften anwendbar sein soll. Italien stellt weiterhin fest, dass zwei der nationalen Statuten (die Großbritanniens und Singapurs) nicht auf Handlungen fremder Streitkräfte anwendbar seien, weist aber darauf hin, dass die anderen sieben Statuten (in Argentinien, Australien, Kanada, Israel, Japan, Südafrika und den Vereinigten Staaten von Amerika) einer bedeutsamen Staatenpraxis gleichkämen, mit der die Gerichtsbarkeit für durch fremde Streitkräfte verübte Vergehen bejaht werde. 63. Deutschland legt dar, dass insoweit eine Staatenimmunität für acta jure imperii abgelehnt werde, weder Artikel 11 des Europäischen Übereinkommens, noch Artikel 12 des VN-Übereinkommens Ausdruck des Völkergewohnheitsrechts seien. Diese Artikel seien jedenfalls für das vorliegende Verfahren irrelevant, da keine der Bestimmungen zur Anwendung auf die Handlungen von Streitkräften vorgesehen sei. Deutschland weist außerdem darauf hin, dass mit Ausnahme der italienischen Fälle und des Distomo-Falles in Griechenland, kein nationales Gericht jemals einem Staat die Immunität für Handlungen seiner Streitkräfte im Zusammenhang mit einem bewaffneten Konflikt verwehrt habe und dass die Gerichte in verschiedenen Staaten vielmehr ausdrücklich die Gerichtsbarkeit in solchen Fällen mit der Begründung abgelehnt hätten, dass der beklagte Staat Immunität beanspruchen könne. * 64. Der Gerichtshof stellt zunächst fest, dass die Auffassung, nach der sich die Staatenimmunität nicht auf Zivilverfahren wegen auf dem Gebiet des Forumstaates begangener Handlungen, die zu Tod, Personen- oder Sachschäden geführt haben, erstreckt, ihren Ursprung in Fällen hat, die Straßenverkehrsunfälle und sonstige „versicherbare Risiken“ betreffen. Die von manchen nationalen Gerichten in solchen Fällen anerkannte Einschränkung der Immunität galt als auf acta jure gestionis beschränkt (vgl. Urteil des Obersten Gerichtshofs Österreichs in Holubek ./. die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika (Juristische Blätter (Wien), 84 (1962) 43, ILR, 40, S. 73)). Der Gerichtshof stellt jedoch fest, dass in keiner der nationalen Gesetzgebungen, in denen eine „gebietsbezogene Deliktsausnahme“ für die Immunität vorgesehen ist, ausdrücklich zwischen acta jure gestionis und acta jure imperii unterschieden wird. Der Supreme Court of Canada hat ausdrücklich die Vermutung zurückgewiesen, dass für die Ausnahmeregelung in der kanadischen Gesetzgebung eine solche Unterscheidung gelte (Schreiber v. Federal Republic of Germany, [2002], Supreme Court Reports (SCR), Bd. 3, S. 269, Rz. 33-36). Auch findet sich eine solche Unterscheidung weder in Artikel 11 des Europäischen Übereinkommens, noch in Artikel 12 des VN-Übereinkommens. Der Kommentar der International Law Commission zum Text des späteren Artikel 12 des VN-Übereinkommens stellt klar, dass es sich um eine bewusste Entscheidung handelte und dass die Bestimmung nicht als Beschränkung auf acta jure gestionis gedacht war (Yearbook of the International Law Commission (1991), II(2), 45, Rz. 8). Jedoch hat nicht nur Deutschland darauf hingewiesen, dass, soweit die Anwendung auf acta jure imperii gewollt war, Artikel 12 nicht repräsentativ für das Völkergewohnheitsrecht sei. In seiner Kritik am Entwurf der International Law Commission für den späteren Artikel 12 führte China 1990 aus, dass „der Artikel weit über die restriktive Doktrin hinausgegangen [sei], denn es werde keine Unterscheidung zwischen hoheitlichem Handeln und privatem Handeln getroffen (United Nations, doc. A/C.6/45/SR.25, S. 2). Die Vereinigten Staaten wiesen in ihrem Kommentar aus dem Jahr 2004 zum Entwurf des VN-Übereinkommens darauf hin, dass Artikel 12 „entsprechend der bewährten Unterscheidung zwischen Handlungen jure imperii und Handlungen jure gestionis ausgelegt und angewendet“ werden müsse, da die Ausweitung der Gerichtsbarkeit ohne Beachtung dieser Unterscheidung „den bestehenden Grundsätzen des Völkerrechts entgegen laufen würde“ (United Nations doc. A/C.6/56/SR.13, S. 10, Rz. 63). 65. Der Gerichtshof vertritt die Ansicht, dass er im vorliegenden Verfahren nicht in der Frage zu entscheiden hat, ob im Völkergewohnheitsrecht eine generelle „Deliktsausnahme“ zur Staatenimmunität für acta jure imperii gilt. Der dem Gerichtshof vorgelegte Sachverhalt betrifft lediglich Handlungen, die auf dem Gebiet des Forumstaates durch die Streitkräfte eines fremden Staates und andere Organe des Staates begangen wurden, die mit diesen Streitkräften im Zuge der Führung eines bewaffneten Konflikts kooperiert haben. 66. Der Gerichtshof wird zunächst abwägen, ob die Verabschiedung von Artikel 11 des Europäischen Übereinkommens oder von Artikel 12 des VN-Übereinkommens die Behauptung Italiens stützen kann, dass Staaten bezüglich der im vorstehenden Absatz spezifizierten Handlungen keine Immunität mehr beanspruchen können. Wie der Gerichtshof bereits erläutert hat (vgl. Rn. 54 oben) hat keines der Übereinkommen für die Streitparteien Gültigkeit. Die Bestimmungen dieser Übereinkommen sind daher nur insoweit relevant als ihre Bestimmungen und der Prozess ihrer Verabschiedung und Umsetzung den Inhalt des Völkergewohnheitsrechts beleuchten. 67. Artikel 11 des Europäischen Übereinkommens umreißt den Grundsatz des gebietsbezogenen Delikts grob: „Ein Vertragsstaat kann vor einem Gericht eines anderen Vertragsstaates Immunität von der Gerichtsbarkeit nicht beanspruchen, wenn das Verfahren den Ersatz eines Personen- oder Sachschadens betrifft, das schädigende Ereignis im Gerichtsstaat eingetreten ist und der Schädiger sich bei Eintritt dieses Ereignisses in diesem Staat aufgehalten hat.“ Diese Bestimmung muss jedoch im Lichte von Artikel 31 gesehen werden, der wie folgt lautet: „Dieses Übereinkommen berührt nicht die Immunitäten oder Vorrechte, die ein Vertragsstaat für alle Handlungen oder Unterlassungen genießt, die von seinen Streitkräften oder im Zusammenhang mit diesen im Hoheitsgebiet eines anderen Vertragsstaates begangen werden.“ Obwohl eines der Themen, das mit Artikel 31 angesprochen werden sollte, die Beziehung zwischen dem Übereinkommen und den verschiedenen Vereinbarungen über den Status von Stationierungsstreitkräften war, stellt die Formulierung von Artikel 31 doch klar, dass er sich nicht auf diese Frage beschränkt und aus dem Anwendungsbereich des Übereinkommens alle Verfahren ausschließt, die sich auf Handlungen fremder Streitkräfte beziehen, unabhängig davon, ob sich diese Streitkräfte auf dem Hoheitsgebiet des Forumstaates mit Zustimmung des Forumstaates befinden und ob ihre Handlungen in Friedenszeiten oder unter den Bedingungen eines bewaffneten Konflikts begangen werden. Der Erläuternde Bericht zum Übereinkommen, der auch einen detaillierten Kommentar enthält, der im Zuge der Verhandlungen erstellt wurde, merkt zu Artikel 31 wie folgt an: „Das Übereinkommen soll weder Situationen regeln, die sich im Falle eines bewaffneten Konflikts ergeben, noch kann es zur Lösung von Problem herangezogen werden, die sich zwischen verbündeten Staaten als Folge der Stationierung von Streitkräften ergeben können. Derartige Probleme sind generell Gegenstand besonderer Übereinkünfte (vgl. Artikel 33) … [Artikel 31] verhindert, dass das Übereinkommen so ausgelegt werden kann, dass es Einfluss auf solche Fragen hat.“ (Nr. 116, Hervorhebung durch den Autor). 68. Der Gerichtshof ist mit Italien darin einig, dass Artikel 31 als „salvatorische Klausel“ mit dem Ergebnis wirkt, dass die Immunität eines Staates für Handlungen seiner Streitkräfte völlig außerhalb des Übereinkommens fällt und durch Bezugnahme auf das Völkergewohnheitsrecht bestimmt werden muss. Daraus ergibt sich jedoch, dass die Aufnahme des „Grundsatzes des gebietsbezogenen Delikts“ in Artikel 11 des Übereinkommens nicht als Beleg für das Argument gewählt werden kann, dass ein Staat keine Immunität für durch seine Streitkräfte verübte Delikte genießen kann. Wie im Erläuternden Bericht ausgeführt wirkt Artikel 31 dahingehend, dass das Übereinkommen keinen Einfluss auf diese Frage hat. Gerichte in Belgien (Urteil des erstinstanzlichen Gerichts in Gent in Botelberghe v. German State, 18. Februar 2000), Irland (Urteil des Supreme Court in McElhinney v. Williams, 15. Dezember 1995, [1995] 3 Irish Reports 382; ILR, 104, S. 691), Slowenien (Az. Up-13/99, Verfassungsgericht, Nr. 13), Griechenland (Margellos v. Federal Republic of Germany, Az. 6/2002; ILR, 129, S. 529) und Polen (Urteil des Obersten Gerichtshof von Polen, Natoniewski v. Federal Republic of Germany, Polish Yearbook of International Law, XXX (2010), S. 299) sind zu dem Schluss gelangt, dass Artikel 31 dahingehend wirkt, dass die Immunität eines Staates für durch seine Streitkräfte begangene Delikte nicht durch Artikel 11 des Übereinkommens berührt wird. 69. Artikel 12 des VN-Übereinkommens lautet: „Sofern die betreffenden Staaten nichts anderes vereinbart haben, kann sich ein Staat vor einem sonst zuständigen Gericht eines anderen Staates nicht auf Immunität von der Gerichtsbarkeit in einem Verfahren berufen, das sich auf die Entschädigung in Geld für den Tod einer Person, für einen Personenschaden oder für einen Schaden an materiellen Vermögenswerten oder deren Verlust bezieht, wenn der Tod, Schaden oder Verlust durch eine dem Staat vorgeblich zuzurechnende Handlung oder Unterlassung verursacht wurde, die Handlung oder Unterlassung ganz oder teilweise im Hoheitsgebiet dieses anderen Staates stattfand und die Person, welche die Handlung oder Unterlassung begangen hat, sich zum Zeitpunkt der Begehung im Hoheitsgebiet dieses anderen Staates aufhielt.“ Anders als das Europäische Übereinkommen enthält das VN-Übereinkommen keine ausdrückliche Bestimmung, mit der die Handlungen von Streitkräften aus seinem Anwendungsbereich ausgeschlossen werden. Jedoch gilt nach dem Kommentar der International Law Commission zum Wortlaut von Artikel 12 die Bestimmung nicht für „Situationen von bewaffneten Konflikten“ (Yearbook of the International Law Commission, (1991), II (2), 46, Rz. 10). Bei der Vorlage des Berichts des ad hoc-Ausschusses über die Immunität der Staaten und ihres Vermögens von der Gerichtsbarkeit (United Nations doc. A/59/22) vor dem Sechsten Ausschuss der Generalversammlung führte der Vorsitzende des ad hoc-Ausschusses aus, dass der Entwurf des Übereinkommens auf Grundlage des allgemeinen Einvernehmens erstellt worden sei, dass militärische Aktivitäten nicht abgedeckt würden (United Nations doc. A/C.6/59/SR. 13, S. 6, Rz. 36). Kein Staat hat diese Auslegung in Frage gestellt. Weiterhin stellt der Gerichtshof fest, dass zwei der Staaten, die das Übereinkommen bisher ratifiziert haben, nämlich Norwegen und Schweden, gleichlautende Erklärungen abgegeben haben, wonach „das Übereinkommen nicht für militärische Aktivitäten gilt, einschließlich Aktivitäten von Streitkräften während eines bewaffneten Konflikts nach Definition dieser Begriffe im humanitären Völkerrecht, und für Aktivitäten, die von Streitkräften eines Staates in Ausübung ihrer amtlichen Pflichten unternommenen werden“ (United Nations doc. C.N.280.2006.TREATIES-2 und United Nations doc. C.N.912.2009.TREATIES-1). Angesichts dieser mannigfaltigen Ausführungen gelangt der Gerichtshof zu der Schlussfolgerung, dass die Aufnahme von Artikel 12 im Übereinkommen nicht als Unterstützung der Behauptung gewertet werden kann, dass nach dem Völkergewohnheitsrecht die Staatenimmunität bei Verfahren verweigert werde, die Handlungen mit Todesfolge, Personen- oder Sachschäden betreffen und auf dem Hoheitsgebiet des Forumstaates durch die Streitkräfte und verbundene Organe eines anderen Staates im Zusammenhang mit einem bewaffneten Konflikt begangen werden. 70. Was die Staatenpraxis in Form der nationalen Gesetzgebung betrifft, stellt der Gerichtshof fest, dass neun der zehn von den Parteien aufgeführten Staaten, die spezielle Gesetze zur Frage der Staatenimmunität erlassen haben, Bestimmungen verabschiedet haben, nach denen ein Staat keinen Anspruch auf Immunität bei Delikten genießt, die zu Tod, Personen- oder Sachschäden auf dem Hoheitsgebiet des Forumstaates führen (United States of America Foreign Sovereign Immunities Act 1976, 28 USC, Section 1605 (a) (5); United Kingdom State Immunity Act 1978, Section 5; South Africa Foreign States Immunities Act 1981, Section 6; Canada State Immunity Act 1985, Section 6; Australia Foreign States Immunities Act 1985, Section 13; Singapore State Immunity Act 1985, Section 7; Argentinisches Gesetz Nr. 24.488 (Immunidad Jurisdiccional de los Estados Extreanjeros ante los Tribunales Argentinos) 1995, Artikel 2 (e); Israel Foreign State Immunity Law 2008, Section 5, und Act on the Civil Jurisdiction of Japan with Respect to a Foreign State, Japan, 2009, Article 10). Nur die pakistanische State Immunity Ordinance 1981 enthält keine vergleichbare Bestimmung. 71. Zwei dieser Gesetze (der United Kingdom State Immunity Act 1978, Section 16(2) und der Singapore State Immunity Act 1985, Section 19(2)(a) enthalten Bestimmungen, nach denen eine Anwendung auf Verfahren bezüglich Handlungen fremder Streitkräfte ausgeschlossen wird. Die entsprechenden Bestimmungen in den kanadischen, australischen und israelischen Gesetzen schließen lediglich Handlungen von Stationierungsstreitkräften, die mit Zustimmung des Aufnahmestaates anwesend sind bzw. Fragen aus, die durch die Gesetzgebung bezüglich der Stationierungsstreitkräfte abgedeckt sind (Canada State Immunity Act 1985, Section 16; Australia Foreign States Immunities Act 1985, Section 6; Israel Foreign State Immunity Law 2008, Section 22). Die Gesetzgebung in Argentinien, Südafrika und Japan enthält keine Ausschlussklausel. Jedoch bleiben „die Vorrechte oder Immunitäten, die ein fremder Staat … aufgrund von Verträgen oder gängigem Völkerrecht genießt, unberührt“ von den Bestimmungen des japanischen Gesetzes (in Artikel 3). Das United States Foreign Sovereign Immunities Act 1976 enthält keine Bestimmung, die sich ausdrücklich auf Klagen bezieht, die Handlungen fremder Streitkräfte betreffen. Jedoch gilt für die Bestimmung, dass keine Immunität für Klagen gilt, „bei denen monetärer Schadenersatz von einem fremden Staat für Personenschäden oder Tod oder Schäden oder Verluste von Sachvermögen verlangt wird, die in den Vereinigten Staaten eingetreten sind und aus unerlaubter Handlung oder Unterlassung dieses fremden Staates herrühren“[2] (Sec. 1605(a)(5)) eine Ausnahme für „alle Klagen aufgrund der Ausübung oder Erfüllung oder Nichtausübung oder Nichterfüllung einer Ermessensfunktion, unabhängig davon, ob das Ermessen missbraucht wird“[3] (Sec. 1605(a)(5()A)). Bei der Auslegung dieser Bestimmung, die keine Entsprechung in der Gesetzgebung anderer Staaten hat, wurde von einem Gericht in den Vereinigten Staaten entschieden, dass ein fremder Staat, dessen Agenten in den Vereinigten Staaten ein Attentat begangen hatten, keine Immunität beanspruchen könne (Letelier v. Republic of Chile (1980) Federal Supplement (F. Supp.), 488, S. 655; ILR, 63, S. 378 (United States District Court, District of Columbia)). Jedoch ist dem Gerichtshof kein Fall in den Vereinigten Staaten bekannt, bei dem die Gerichte diese Bestimmung auf Handlungen hätten anwenden müssen, die durch Streitkräfte und verbundene Organe eines fremden Staates im Zuge eines bewaffneten Konflikts begangen wurden. In der Tat mussten in keinem der sieben Staaten, in denen die Rechtsprechung keine generelle Ausnahme für Handlungen der Streitkräfte vorsieht, die Gerichte über die Anwendung dieser Gesetzgebung in einem Fall entscheiden, an dem die Streitkräfte eines fremden Staates und verbundene Organe des Staates im Zusammenhang mit einem bewaffneten Konflikt beteiligt waren. 72. Der Gerichtshof wendet sich als nächstes der Staatenpraxis in Form von Urteilen nationaler Gerichte zur Staatenimmunität bezüglich Handlungen von Streitkräften zu. Die Frage, ob ein Staat in Verfahren bezüglich Delikten Immunität beanspruchen kann, die angeblich durch die Streitkräfte verübt wurden, während diese im Hoheitsgebiet eines anderen Staates stationiert sind oder sich mit dessen Zustimmung dort aufhalten, wurde von nationalen Gerichten in zahlreichen Fällen behandelt. Entscheidungen der Gerichte in Ägypten (Bassionni Amrane v. John, Gazette des Tribunaux mixtes d’Egypte, Januar 1934, S. 108, Annual Digest, Bd. 7, S. 187), Belgien (S.A. Eau, gaz, électricité et applications v. Office d’Aide Mutuelle, Cour d’Appel, Brüssel, Pasicrisie belge, 1957, Bd. 144, 2. Teil, S. 88; ILR, 23, S. 205) und Deutschland (Immunität des Vereinigten Königreichs, Schleswig-Holsteinisches OLG, Jahrbuch für Internationales Recht, Band 7, 1957, S. 400; ILR, 24, S. 207) sind frühere Beispiele, bei denen nationale Gerichte bei Handlungen fremder Streitkräfte, die als acta jure imperii eingestuft wurden, Immunität gewährt haben. Seitdem haben mehrere nationale Gerichte entschieden, dass ein Staat bezüglich durch Kriegsschiffe (United States of America v. Eemshaven Port Authority, Oberster Gerichtshof der Niederlande, Nederlandse Jurisprudentie, 2001, Nr. 567; ILR, 127, S. 225; Allianz Via Insurance v. United States of America (1999), Cour d’Appel, Aix-en-Provence, 2. Kammer, Urteil vom 3. September 1999, ILR, 127, S. 148) oder durch militärische Übungen (FILT-CGIL Trento v. United States of America, Italienischer Kassationsgerichtshof, Rivista di diritto internazionale, Bd. 83, 2000, S. 1155; ILR, 128, S. 644) verursachter Schäden Immunität genießt. Die Gerichte im Vereinigten Königreich sind zu der Auffassung gelangt, dass nach dem Völkergewohnheitsrecht in Verfahren wegen durch fremde Streitkräfte auf dem Hoheitsgebiet des Vereinigten Königreichs begangener Delikte Immunität zu gewähren sei, wenn die fraglichen Handlungen acta jure imperii darstellen (Littrell v. United States of America (No. 2), Court of Appeal, [1995] 1 Weekly Law Reports (WLR) 82; ILR, 100, S. 438; Holland v. Lampen-Wolfe, House of Lords [2000] 1 WLR 1573; ILR, 119, S. 367). Der Supreme Court of Ireland hat entschieden, dass nach dem Völkerrecht einem fremden Staat Immunität bezüglich Handlungen jure imperii zu gewähren sei, die von den Angehörigen seiner Streitkräfte begangen wurden, selbst wenn diese sich ohne Genehmigung des Forumstaates auf dem Hoheitsgebiet des Forumstaates aufhalten (McElhinney v. Williams, [1995] 3 Irish Reports 382; ILR, 104, S. 691). Die Große Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ist später zu der Auffassung gelangt, dass diese Entscheidung eine im Völkerrecht weit verbreitete Auffassung wiedergebe, so dass die Gewährung der Immunität nicht als mit der Europäischen Menschenrechtskonvention unvereinbar gesehen werden könne (McEhlinney v. Ireland [GC], Bsw. Nr. 31253/96, Urteil vom 21. November 2001, ECHR Reports 2001-XI, S. 39; ILR, 123, S. 73, Rz. 38). Auch wenn keine unmittelbare Verbindung zu der speziellen Fragestellung im vorliegenden Fall besteht, so weisen diese Entscheidungen, denen soweit bekannt nicht durch Urteile anderer nationaler Gerichte widersprochen wurde, doch darauf hin, dass ein Staat für durch seine Streitkräfte auf dem Hoheitsgebiet eines anderen Staates begangene acta jure imperii Immunität beanspruchen kann. 73. Das Gericht ist jedoch der Ansicht, dass für Zwecke des vorliegenden Falles die wichtigste Staatenpraxis in denjenigen nationalen Gerichtsentscheidungen zu finden ist, die sich mit der Frage befassen, ob ein Staat Immunität in einem Verfahren bezüglich Handlungen beanspruchen kann, die durch seine Streitkräfte im Zuge eines bewaffneten Konflikts verübt worden sein sollen. Alle diese Fälle, bei denen der Sachverhalt häufig ähnlich gelagert ist wie bei den Fällen vor den italienischen Gerichten, betreffen die Ereignisse des Zweiten Weltkriegs. In diesem Zusammenhang vertritt der französische Cour de cassation in einer Reihe von Verfahren, die von Klägern eingeleitet wurden, die während des Zweiten Weltkriegs aus dem besetzten französischen Hoheitsgebiet deportiert worden waren, durchgängig die Auffassung, dass Deutschland Immunität beanspruchen könne (Nr. 02-45961, 16. Dezember 2003, Bull. civ., 2003, I, Nr. 258, S. 206 (der Bucheron-Fall); Nr. 03-41851, 2. Juni 2004, Bull. civ., 2004, I, Nr. 158, S. 132 (der X-Fall) und Nr. 04-47504, 3. Januar 2006 (der Grosz-Fall)). Der Gerichtshof stellt auch fest, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Grosz v. France (Bsw. Nr. 14717/06, Entscheidung vom 16. Juni 2009) im dem Verfahren, das 2006 Gegenstand des Urteils des Cour de cassation war (Urteil 04-47504) war, nicht gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstoßen habe, da der Cour de cassation eine völkerrechtlich notwendige Immunität umgesetzt habe. 74. Die höchsten Gerichte in Slowenien und Polen vertreten ebenfalls die Auffassung, dass Deutschland bezüglich Unrechtshandlungen, die auf ihrem Hoheitsgebiet während des Zweitens Weltkriegs durch deutsche Streitkräfte begangen wurden, Immunität beanspruchen könne. Im Jahr 2001 hat das Verfassungsgericht von Slowenien in einer Klage, die durch einen während der deutschen Besatzung nach Deutschland deportierten Kläger eingereicht worden war, entschieden, dass Deutschland Immunität beanspruchen könne und dass der Oberste Gerichtshof von Slowenien bei der Gewährung dieser Immunität nicht willkürlich entschieden habe (Fall Nr. Up-13-99, Urteil vom 8. März 2001). Der Oberste Gerichtshof von Polen hat in Natoniewski v. Federal Republic of Germany (Urteil vom 29. Oktober 2010, Polish Yearbook of International Law, XXX, S. 299) entschieden, dass Deutschland bei einer Klage Anspruch auf Immunität genieße, die durch einen Kläger erhoben worden war, der 1944 schwere Verletzungen erlitten hatte, als deutsche Streitkräfte sein Dorf im besetzten Polen niederbrannten und mehrere Hundert Einwohner ermordeten. Der Oberste Gerichtshof gelangte nach gründlicher Prüfung der Entscheidungen in Sachen Ferrini, Distomo und Margellos sowie der Bestimmungen des Europäischen Übereinkommens und des VN-Übereinkommens und einer breiten Palette anderer Materialien zu der Auffassung, dass Staaten ihren Anspruch auf Immunität für durch ihre Streitkräfte im Zuge von bewaffneten Konflikten begangene Handlungen bewahren. In Urteilen nachgeordneter Gerichte in Belgien (Urteil des erstinstanzlichen Gerichts Gent von 2000 in Botelberghe v. German State), Serbien (Urteil des erstinstanzlichen Gerichts Leskovac, 1. November 2001) und Brasilien (Barreto v. Federal Republic of Germany, Bundesgericht, Rio de Janeiro, Urteil vom 9. Juli 2008, bei dem Deutschland Immunität für das Versenken eines brasilianischen Fischereischiffs durch ein deutsches Unterseeboot in brasilianischen Gewässern zugesprochen wurde) wurde Deutschland ebenfalls Immunität für Kriegshandlungen gewährt, die auf ihrem Hoheitsgebiet oder in ihren Gewässern begangen wurden. 75. Schließlich bemerkt der Gerichtshof, dass deutsche Gerichte ebenfalls die Meinung vertreten, dass der Grundsatz des gebietsfremden Delikts nicht den Anspruch des Staates auf völkerrechtliche Immunität für Handlungen aufhebt, die durch seine Streitkräfte verübt werden, selbst wenn diese Handlungen auf dem Hoheitsgebiet des Forumstaates begangen wurden (Urteil des Bundesgerichtshof vom 26. Juni 2003 (Griechische Staatsangehörige ./. Bundesrepublik Deutschland, Az. III ZR 245/98, NJW, 2003, S. 3488; ILR, 129, S. 556), mit dem die Vollstreckung des griechischen Urteils im Distomo-Fall in Deutschland abgelehnt wurde, da es unter Verletzung des deutschen Anspruchs auf Immunität ergangen sei). 76. Der einzige Staat, in dem eine Justizpraxis besteht, die – abgesehen von den Urteilen italienischer Gerichte, die Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind – das italienische Argument zu stützen scheint, ist Griechenland. Das Urteil des Obersten Gerichtshofs Griechenlands im Distomo-Fall aus dem Jahr 2000 enthält eine eingehende Diskussion des Grundsatzes des gebietsfremden Delikts ohne irgendeinen Hinweis darauf, dass es nicht auf Handlungen von Streitkräften während eines bewaffneten Konflikts gelte. Jedoch hat der Griechische Sondergerichtshof in seinem Urteil in Margellos v. Federal Republic of Germany (Fall Nr. 6/2002) (ILR, 129 S. 525) die Begründung des Obersten Gerichtshofs in der Sache Distomo zurückgewiesen und die Meinung vertreten, dass Deutschland Immunität zustehe. Insbesondere hat der Oberste Sondergerichtshof festgestellt, dass der Grundsatz des gebietsfremden Delikts nicht auf Handlungen von Streitkräften eines Staates im Zuge eines bewaffneten Konflikts anwendbar sei. Auch wenn dieses Urteil das Ergebnis im Distomo-Fall nicht ändert, eine Frage auf die weiter unten einzugehen ist, hat Griechenland den Gerichtshof darüber in Kenntnis gesetzt, dass Gerichte und andere Behörden in Griechenland, die sich mit eben dieser Frage der Anwendbarkeit der Immunität auf Delikte, die von fremden Streitkräften in Griechenland begangen worden sein sollen, beschäftigen, dem vom Obersten Sondergerichtshof in seiner Margellos-Entscheidung vertretenen Standpunkt Folge zu leisten hätten, soweit sie nicht zu der Überzeugung gelangten, dass sich das Völkergewohnheitsrecht seit dem Margellos-Urteil geändert habe. Deutschland hat darauf hingewiesen, dass seit der Verkündung des Margellos-Urteils kein griechisches Gericht in gegen Deutschland wegen angeblich durch die deutschen Streitkräfte im Zweiten Weltkrieg verübter Vergehen eingeleiteter Verfahren mehr die Immunität verweigert habe und der Oberste Gerichtshof in einer Entscheidung von 2009 (Entscheidung 853/2009) der Argumentation in der Sache Margellos gefolgt sei, obwohl der Fall mit einer anderen Begründung entschieden worden sei. In Anbetracht des Margellos-Urteils und des Ausspruchs im Fall von 2009 sowie der Entscheidung der griechischen Regierung, die Vollstreckung des Distomo-Urteils in Griechenland selbst nicht zuzulassen und der Verteidigung dieser Entscheidung durch die Regierung vor dem Europäischen Menschengerichtshof in Kalogeropoulou and others v. Greece and Germany (Bsw. Nr. 59021/00, Entscheidung vom 12. Dezember 2002, ECHR Reports 2002-X, S. 417; ILR, Band 129, S. 537), kommt das Gericht zu dem Schluss, dass die griechische Staatenpraxis insgesamt dem Argument Italiens eher wiederspricht als es zu unterstützen. 77. Nach Meinung des Gerichts unterstützt die Staatenpraxis in Form von Gerichtsentscheidungen die These, dass Staatenimmunität bezüglich acta jure imperii weiterhin auch für Zivilverfahren wegen Handlungen gilt, die zu Tod, Personen- oder Sachschäden führen, die durch die Streitkräfte und andere Organe eines Staates im Zuge eines bewaffneten Konflikts begangen werden, selbst wenn die relevante Handlung auf dem Hoheitsgebiet des Forumstaates stattfindet. Diese Praxis geht einher mit der opinio juris, wie sie durch die von den Staaten bezogenen Positionen und die Rechtsprechung einer Reihe nationaler Gerichte belegt wird, die klargestellt haben, dass ihrer Meinung nach durch das Völkergewohnheitsrecht die Immunität verlangt wird. Das fast vollständige Fehlen abweichender Rechtsprechung ist ebenfalls signifikant, ebenso wie das Fehlen jeglicher Aussagen von Staaten in Verbindung mit der Arbeit der International Law Commission bezüglich der Staatenimmunität und der Verabschiedung des VN-Übereinkommens oder, soweit der Gerichtshof feststellen konnte, in jedem anderen Kontext, wonach laut Völkergewohnheitsrecht in solchen Fällen keine Immunität geboten sei. 78. Angesichts der obigen Ausführungen ist der Gerichtshof der Meinung, dass einem Staat nach dem Völkergewohnheitsrecht weiterhin Immunität in Verfahren wegen Delikten zu gewähren ist, die auf dem Hoheitsgebiet eines anderen Staates durch seine Streitkräfte und sonstige Organe im Zuge eines bewaffneten Konflikts verübt worden sein sollen. Diese Schlussfolgerung wird durch Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gestützt, auf die der Gerichtshof verwiesen hat (vgl. RN. 72, 73 und 76). 79. Der Gerichtshof schlussfolgert daher, dass entgegen der von Italien im vorliegenden Verfahren vorgetragenen Argumentation die Entscheidung der italienischen Gerichte, Deutschland die Immunität zu verweigern, nicht mit dem Grundsatz des gebietsfremden Delikts gerechtfertigt werden kann. 3. Italiens zweites Argument: der Gegenstand und die Umstände der Klagen vor italienischen Gerichten 80. Italiens zweites Argument, das, im Gegensatz zum ersten Argument für alle vor italienischen Gerichten erhobenen Klagen gilt, besteht darin, dass die Verweigerung der Immunität aufgrund der besonderen Natur der Handlungen, die Gegenstand der Klagen vor italienischen Gerichten waren, und der Umstände, unter denen diese Klagen erhoben wurden, gerechtfertigt gewesen sei. Hier werden drei Argumentationsstränge verfolgt. Erstens behauptet Italien, dass die Handlungen, die Auslöser der Klagen waren, schwere Verletzungen der Grundsätze des Völkerrechts bezüglich der Führung bewaffneter Konflikte gewesen seien und es sich um Kriegsverbrechen bzw. Verbrechen gegen die Menschlichkeit gehandelt habe. Zweitens führt Italien an, dass die Regeln des Völkerrechts, gegen die damit verstoßen wurde, zwingende Normen seien (jus cogens). Drittens legt Italien dar, dass, da den Klägern alle anderen Formen der Abhilfe verweigert worden seien, die Ausübung der Gerichtsbarkeit durch italienische Gerichte als letzte Instanz notwendig gewesen sei. Der Gerichtshof wird jeden dieser Argumentationsstränge prüfen, wobei auch beachtet wird, dass Italien im mündlichen Verfahren außerdem geltend gemacht hat, dass seine Gerichte aufgrund der kombinierten Wirkung dieser drei Argumentationsstränge zur Verweigerung der staatlichen Immunität berechtigt gewesen seien. A. Die Schwere der Verletzungen 81. Der erste Argumentationsstrang beruht auf der These, dass das Völkerrecht einem Staat keine Immunität zugesteht oder zumindest sein Immunitätsrecht einschränkt, wenn dieser Staat schwerwiegende Verletzungen des Kriegsrechts (heute zunehmend als humanitäres Völkerrecht bezeichnet, obwohl dieser Begriff 1943-1945 nicht verwendet wurde) begangen hat. Im vorliegenden Fall hat der Gerichtshof bereits klargestellt (vgl. Rn. 52 oben), dass die Handlungen der deutschen Streitkräfte und anderer Organe des Deutschen Reichs, die Auslöser der Verfahren vor den italienischen Gerichten waren, schwere Verletzungen des Kriegsrecht darstellten, die völkerrechtlichen Verbrechen gleichkamen. Die Frage lautet, ob diese Tatsache dazu führt, dass Deutschland seinen Anspruch auf Immunität verliert. 82. Zu Beginn muss der Gerichtshof jedoch feststellen, dass die These, die Gültigkeit der Immunität hinge in irgendeinem Maße von der Schwere der rechtswidrigen Handlung ab, ein logisches Problem darstellt. Immunität gegenüber der Gerichtsbarkeit beinhaltet nicht nur Immunität gegenüber nachteiligen Urteilen, sondern auch vom Gerichtsverfahren. Sie ist daher von Natur aus notwendigerweise vorläufiger Art. Folglich muss ein nationales Gericht feststellen, ob ein fremder Staat Anspruch auf völkerrechtliche Immunität hat, bevor es in der Sache selbst verhandeln und bevor es den Tatbestand feststellen kann. Wenn die Immunität davon abhängig wäre, dass der Staat tatsächlich eine schwerwiegende Verletzung der internationalen Menschenrechte oder des Kriegsvölkerrechts begangen hat, so müsste das nationale Gericht den Sachverhalt prüfen, um festzustellen, ob es zuständig ist. Wenn andererseits die reine Behauptung, dass ein Staat solche Unrechtshandlungen begangen habe, ausreichen würde, um den Staat seines Anspruchs auf Immunität zu berauben, so könnte die Immunität praktisch schon durch eine geschickte Konstruktion der Klage ausgeschlossen werden. 83. Nichtsdestoweniger muss das Gericht prüfen, ob das Völkergewohnheitsrecht sich so weit entwickelt hat, dass ein Staat im Falle schwerer Vergehen gegen die Menschenrechte oder das Kriegsvölkerrecht keinen Anspruch auf Immunität hat. Neben den Entscheidungen der italienischen Gerichte, die Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind, existiert fast keine Staatenpraxis, die zur Unterstützung der These herangezogen werden könnte, dass ein Staat seinen Immunitätsanspruch in einem solchen Falle verliert. Obwohl sich der Oberste Gerichtshof Griechenlands im Distomo-Fall einer Form dieser These angeschlossen hat, wurde dieser Ansatz zwei Jahre später durch das Oberste Sondergericht im Margellos-Fall verworfen. Wie der Gerichtshof in Randnummer 76 oben bemerkt hat, muss nach griechischem Recht der im Margellos-Fall vertretene Standpunkt in späteren Fällen befolgt werden, soweit die griechischen Gerichte nicht befinden, dass seit 2002 eine Änderung im Völkergewohnheitsrecht eingetreten ist, was sie jedoch nicht getan haben. Wie schon beim Grundsatz des gebietsfremden Delikts stellt der Gerichtshof fest, dass die griechische Praxis insgesamt eher dazu neigt abzulehnen, dass die von Italien vertretene These Teil des Völkergewohnheitsrecht geworden ist. 84. Weiterhin finden sich zahlreiche Nachweise für die Staatenpraxis aus anderen Ländern, die zeigen, dass das Völkergewohnheitsrecht den Anspruch eines Staates auf Immunität nicht von der Schwere einer Handlung, wegen der er angeklagt wird, oder der zwingenden Natur einer Regel, die er verletzt haben soll, abhängig macht. 85. Diese Praxis wird besonders offenkundig in Urteilen nationaler Gerichte. Argumente, die darauf abzielen, dass nach dem Völkerrecht keine Staatenimmunität in Fällen geboten sei, in denen wegen schwerer Verletzungen der Menschenrechte, Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit Anklage erhoben wird, wurden abgewiesen durch Gerichte in Kanada (Bouzari v. Islamic Republic of Iran, Court of Appeal of Ontario, (2004) Dominion Law Reports (DLR), 4th Series, Vol. 243, S. 406; ILR, 128, S. 586; Foltervorwurf), Frankreich (Urteil des Berufungsgerichts Paris, 9. September 2002 und Cour de cassation, Nr. 02-45961, 16. Dezember 2003, Bull. civ. 2003, I, Nr. 258, S. 206 (Bucheron-Fall); Cour de cassation, No. 03-41851, 2. Juni 2004, Bull. civ., 2004, I, Nr. 158, S. 132 (X-Fall) und Cour de cassation, Nr. 04-47504, 3. Januar 2006 (Grosz-Fall); Vorwurf betreffend Verbrechen gegen die Menschlichkeit), Slowenien (Fall No. Up-13/99, Verfassungsgericht von Slowenien; Vorwurf betreffend Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit), Neuseeland (Fang v. Jiang, High Court, [2007] New Zealand Administrative Reports [NZAR], S. 420; ILR 141, S. 702; Vorwürfe betreffend Folter), Polen (Natoniewski, Oberster Gerichtshof, 2010, Polish Yearbook of International Law, Vol. XXX, 2010, S. 299; Vorwürfe betreffend Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit) und im Vereinigten Königreich (Jones v. Saudi Arabia, House of Lords [2007] 1 Appeal Cases (AC) 270; ILR, Vol. 129, S. 629; Vorwürfe betreffend Folter). 86. Der Gerichtshof stellt fest, dass in Beantwortung einer Frage eines Mitglieds des Gerichtshofs Italien selbst eine Unsicherheit zu diesem Aspekt des Falles an den Tag zu legen schien. Italien kommentierte wie folgt: „Italien ist sich der Sicht bewusst, nach der Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit nicht als hoheitliche Akte betrachtet werden können, für die der Staat sich auf die Einrede der hoheitlichen Immunität berufen kann… Während Italien anerkennt, dass in diesem Bereich das Recht der Staatenimmunität sich in einem Wandel befindet, wird auch erkannt, dass es in dieser Phase nicht klar ist, ob dieser Prozess zu einer neuen allgemeinen Ausnahme der Immunität führen wird – nämlich zu einer Regel, die Immunität bezüglich eines jeden Entschädigungsanspruchs gewährt, der sich aus internationalen Verbrechen ergibt.“ Eine ähnliche Ungewissheit kommt in den Beschlüssen des italienischen Kassationsgerichtshofs in Sachen Mantelli und Maietta zum Ausdruck (Verfügungen vom 29. Mai 2008). 87. Der Gerichtshof ist nicht der Ansicht, dass das Urteil aus dem Vereinigten Königreich in Sachen Pinochet (No. 3) ([2000] I AC 147; ILR, 119, S. 136) relevant ist, auch wenn dieses Urteil durch den italienischen Kassationsgerichtshof in Ferrini herangezogen wurde. Bei Pinochet ging es um die Immunität des ehemaligen Staatsoberhaupts von der Strafgerichtsbarkeit in einem anderen Staat, nicht um die Immunität des Staates selbst in einem Verfahren, in dem seine Haftung für Schadenersatz festzustellen war. Die Unterscheidung zwischen der Immunität der Amtsperson im Verfahren der ersten Art und des Staates in Verfahren der zweiten Art wurde durch verschiedene Richter im Fall Pinochet hervorgehoben (Lord Hutton auf S. 254 und 264, Lord Millett auf S. 278 und Lord Philipps auf S. 280-281). In seinem späteren Urteil in Jones v. Saudi Arabia ([2007] I AC 270; ILR, 129, S. 629) nahm das House of Lords eine weitere Klarstellung dieser Unterscheidung vor, wobei Lord Bingham die Unterscheidung zwischen straf- und zivilrechtlichen Verfahren als „grundlegend für die Entscheidung“ im Fall Pinochet (Nr. 32) einstufte. Weiterhin lag die Begründung des Urteils im Fall Pinochet in der spezifischen Formulierung des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen Folter aus dem Jahr 1984, das mit dem vorliegenden Fall in keinem Zusammenhang steht. 88. In Bezug auf nationale Gesetzgebung hat sich Italien auf einen Zusatz zum United States Foreign Sovereign Immunities Act berufen, der 1996 verabschiedet wurde. Dieser Zusatz entzieht die Immunität für bestimmte Handlungen (z. B. Folter und außergerichtliche Hinrichtungen), wenn sie durch einen Staat verübt worden sein sollen, der von der Regierung der Vereinigten Staaten als Schurkenstaat [„State sponsor of terrorism“] eingestuft wurde (28 USC 1605A). Der Gerichtshof bemerkt, dass dieser Zusatz kein Pendant in der Gesetzgebung anderer Staaten findet. Keiner der Staaten, die zum Thema der Staatenimmunität Gesetze erlassen haben, hat Einschränkungen für die Immunität aufgrund der Schwere der vorgeworfenen Handlungen vorgesehen. 89. Es ist auch bemerkenswert, dass im Europäischen Übereinkommen, im VN-Übereinkommen oder im Entwurf der Inter-American Convention keine Einschränkung der Staatenimmunität durch Bezugnahme auf die Schwere der Verletzungen oder den zwingenden Charakter der verletzten Regel vorgesehen ist. Das Fehlen einer solchen Bestimmung im VN-Übereinkommen ist von besonderer Bedeutung, da die Frage der Notwendigkeit einer solchen Bestimmung zu der Zeit vorgebracht wurde, als der Wortlaut des späteren Übereinkommens zur Diskussion stand. Im Jahr 1999 wurde von der International Law Commission eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die bestimmte Entwicklungen in der Praxis bezüglich verschiedener Fragen der Staatenimmunität zu prüfen hatte, die vom Sechsten Ausschuss der Generalversammlung aufgezeigt worden waren. In einem Anhang zu diesem Bericht verwies die Arbeitsgruppe zusätzlich auf Entwicklungen bei Klagen „im Falle von Tod oder Personenschäden, die sich aus Handlungen eines Staates unter Verletzung der Normen der Menschenrechte mit Charakter eines jus cogens ergaben“. Nach Ansicht der Arbeitsgruppe sollte diese Frage nicht vernachlässigt werden, jedoch wurde keine Empfehlung für einen Zusatz zum Text der Artikelentwürfe der International Law Commission (Yearbook of the International Law Commission (1999) II (2), S. 171-172) abgegeben. Die Frage wurde sodann durch die vom Sechsten Ausschuss der Generalversammlung gegründete Arbeitsgruppe geprüft, die später im Jahr 1999 berichtete, dass sie sich entschlossen habe, die Frage nicht weiter zu verfolgen, da „sie nicht so weit ausgereift sei, dass die Arbeitsgruppe sich an einer Kodifizierung versuchen müsse“ und bemerkte, dass es Sache des Sechsten Ausschusses sei zu entscheiden, welche Vorgehensweise ggf. zu verfolgen sei (United Nations doc A/C.6/54/L.12, S. 7, Rz. 47). Während der nachfolgenden Debatten im Sechsten Ausschuss schlug kein Staat die Aufnahme einer Einschränkung der Immunität als jus cogens in das Übereinkommen vor. Das Gericht ist der Auffassung, dass diese Vorgeschichte zeigt, dass bei Verabschiedung des VN-Übereinkommens im Jahr 2004 die Staaten nicht der Meinung waren, dass die Immunität durch das Völkergewohnheitsrecht in der nun von Italien dargestellten Weise beschränkt wird. 90. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat die These nicht gestützt, dass Staaten in Fällen schwerer Verbrechen gegen das humanitäre Völkerrecht oder die Menschenrechte keinen Anspruch auf Immunität mehr haben. Im Jahr 2001 ist die Große Kammer dieses Gerichtshofs mit der zugegebenermaßen knappen Mehrheit von neun zu acht Stimmen zu folgendem Schluss gelangt: „Ungeachtet des speziellen Charakters des völkerrechtlichen Folterverbots kann der Gerichtshof weder internationalen Verträgen noch Rechtsquellen oder sonstigen ihm vorliegenden Materialien eine zuverlässige Grundlage für die Schlussfolgerung entnehmen, dass aus Gründen des Völkerrechts ein Staat keine Immunität mehr gegen eine Zivilklage vor den Gerichten in einem anderen Staat zustehen soll, mit der Foltervorwürfe gegen ihn erhoben werden.“ (Al-Adsani v. United Kingdom [GC], Beschwerde Nr. 35763/97, Urteil vom 21. November 2001, ECHR Reports 2001-XI, S. 101, Nr. 61; ILR, 123, S. 24)[4]. Im folgenden Jahr wies der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Kalogeropoulou and others v. Greece and Germany einen Antrag ab, der sich auf die Weigerung der griechischen Regierung zur Zulassung der Vollstreckung des Distomo-Urteils bezog und erklärte: „Der Gerichtshof sieht es jedoch nicht für erwiesen an, dass es zum jetzigen Zeitpunkt eine Akzeptanz im Völkerrecht für die These gäbe, wonach Staaten in Bezug auf Zivilklagen wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die in einem anderen Staat geltend gemacht werden, nicht mehr zur Immunität berechtigt sein sollten.“ (Beschwerde Nr. 59021/00, Entscheidung vom 12. Dezember 2002, ECHR Reports 2002-X, S. 417; ILR, Vol. 129, S. 537). 91. Der Gerichtshof gelangt zu der Auffassung, dass nach dem gegenwärtigen Stand des Völkergewohnheitsrechts ein Staat seine Immunität nicht aufgrund der Tatsache verliert, dass er wegen schwerer Verbrechen gegen das humanitäre Völkerrecht oder das Kriegsvölkerrecht angeklagt wird. Bei dieser Schlussfolgerung muss der Gerichtshof betonen, dass hier nur die Immunität des Staates selbst gegen die Gerichtsbarkeit der Gerichte anderer Staaten angesprochen wird. Im vorliegenden Fall geht es nicht um die Frage ob und wenn ja, in welchem Umfang, die Immunität in einem Strafverfahren gegen einen Vertreter des Staates Anwendung finden kann. B. Das Verhältnis zwischen jus cogens und der Regel der Staatenimmunität 92. Der Gerichtshof wendet sich nun dem zweiten Strang der Argumentation Italiens zu, der auf den jus cogens-Status der Regeln abstellt, die von Deutschland in der Zeit von 1943-1945 verletzt wurden. Dieser Argumentationsstrang beruht auf der Prämisse, dass ein Konflikt zwischen den jus cogens-Regeln, die Teil des Kriegsvölkerrechts bilden, und der Gewährung von Immunität an Deutschland bestehe. Da entsprechend dieser Argumentation die jus cogens-Regeln stets Vorrang vor einer entgegenstehenden Regel des Völkerrechts haben, unabhängig davon, ob diese sich aus Vertrag oder Völkergewohnheitsrecht ergibt, und da die Regel, welche einem Staat Immunität vor den Gerichten eines anderen Staates gewährt, keinen jus cogens-Status genieße, müsse die Immunitätsregel zurücktreten. 93. Dieses Argument hängt somit von der Existenz eines Widerspruchs zwischen einer oder mehreren jus cogens-Regeln und der gewohnheitsrechtlichen Regel ab, nach der ein Staat einem anderen Staat Immunität zu gewähren hat. Nach Ansicht des Gerichtshofs existiert ein solcher Widerspruch allerdings nicht. Wenn für diesen Zweck angenommen wird, dass es sich bei den Regeln des Kriegsvölkerrechts, die die Ermordung von Zivilisten in besetztem Gebiet, die Verschleppung der Zivilbevölkerung zur Sklavenarbeit und die Deportation von Kriegsgefangenen zur Sklavenarbeit verbieten, um jus cogens-Regeln handelt, besteht kein Widerspruch zwischen diesen Regeln und den Regeln der Staatenimmunität. Die beiden Regeln betreffen verschiedene Materien. Die Regeln der Staatenimmunität haben prozessrechtlichen Charakter und beschränken sich darauf festzulegen, ob die Gerichte eines Staates die Gerichtsbarkeit über einen anderen Staat ausüben dürfen. Sie haben keinen Einfluss auf die Frage, ob das Verhalten, bezüglich dessen ein Verfahren eingeleitet wird, rechtmäßig oder unrechtmäßig war. Daher verletzt die Anwendung der modernen Rechtsnorm der Staatenimmunität auf Verfahren, die Ereignisse betreffen, die sich 1943-1945 abgespielt haben, nicht den Grundsatz, dass Recht nicht rückwirkend anzuwenden ist, um Fragen der Rechtmäßigkeit und Verantwortung zu klären (wie das Gericht in Rn. 58 oben erläutert hat). Aus demselben Grunde kommt die Anerkennung der Immunität eines fremden Staates nach dem Völkergewohnheitsrecht nicht der Anerkennung der Rechtmäßigkeit einer Situation gleich, die durch eine Verletzung einer jus cogens-Regel oder durch Beihilfe zur Aufrechterhaltung dieser Situation geschaffen wurde. Sie kann daher nicht zu dem Grundsatz in Artikel 41 der Artikelentwürfe zur Staatenverantwortlichkeit der International Law Commission in Widerspruch stehen. 94. Im vorliegenden Fall wurden die Regeln, nach denen Mord, Deportation und Sklavenarbeit verboten sind, zwischen 1943-1945 verletzt. Die Unrechtmäßigkeit dieser Handlungen wird von allen Beteiligten offen eingeräumt. Die Anwendung von Regeln der Staatenimmunität, um festzustellen, ob die italienischen Gerichte für Klagen zuständig sind, die sich aus diesen Verletzungen ergeben, kann keinen Konflikt mit den Regeln beinhalten, die verletzt wurden. Auch wird das Argument nicht durch Verweis auf die Verpflichtung des völkerrechtswidrig handelnden Staats zur Zahlung von Reparationen statt auf die ursprüngliche völkerrechtswidrige Handlung gestärkt. Die Reparationspflicht ist eine Regel, die unabhängig von den Regeln besteht, die sich auf die Maßnahmen zu ihrer Erfüllung beziehen. Das Recht der Staatenimmunität bezieht sich nur auf letztere. Eine Entscheidung darüber, dass ein fremder Staat Immunität genießt, ist ebenso wenig ein Widerspruch zur Reparationspflicht wie zu der Regel, mit der die ursprüngliche völkerrechtswidrige Handlung verboten wird. Angesichts eines Jahrhunderts, in dem es üblich war, in fast alle Friedensverträge oder Nachkriegsordnungen entweder eine Entscheidung darüber aufzunehmen, dass keine Reparationszahlungen zu leisten oder Pauschalzahlungen und -aufrechnungen vorzunehmen sind, lässt sich darüber hinaus schwer erkennen, dass im Völkerrecht eine Regel gelten soll, nach der die Zahlung einer vollen Wiedergutmachung an jedes einzelne Opfer durch die internationale Staatengemeinschaft insgesamt als eine Form akzeptiert worden sein soll, von der keine Ausnahme erlaubt wäre. 95. Insofern angeführt wird, dass selbst bei Fehlen eines direkten Widerspruchs keine Regel, die nicht den Status von jus cogens hat, angewendet werden dürfe, wenn dies die Durchsetzung einer jus cogens-Regel verhindern würde, sieht das Gericht keine Grundlage für eine solche These. Eine jus cogens-Regel ist eine Regel, von der keine Ausnahme erlaubt ist. Die Regeln jedoch, die Reichweite und Umfang der Gerichtsbarkeit und den Zeitpunkt der Ausübung dieser Gerichtsbarkeit festlegen, weichen weder von den materiellen Regeln ab, die jus cogens-Status besitzen, noch findet sich im jus cogens-Konzept irgendein Hinweis darauf, der ihre Änderung notwendig machen oder ihre Anwendung verdrängen würde. Der Gerichtshof hat diesen Ansatz in zwei Fällen verfolgt, unabhängig davon, dass im Endeffekt ein Mittel, mit dem eine jus cogens-Regel durchgesetzt werden könnte, nicht mehr herangezogen werden konnte. In Armed Activities wurde festgestellt, dass die Tatsache, dass eine Regel jus cogens-Status hat, dem Gerichtshof keine Gerichtsbarkeit verleiht, die ihm ansonsten nicht zustehen würde (Armed Activities on the Territory of the Congo (New Application: 2002), Urteil, I.C.J. Reports 2006, S. 6, Rz. 64 und 125). In Arrest Warrant stellte der Gerichtshof, wenn auch ohne ausdrückliche Bezugnahme auf das jus cogens-Konzept fest, dass aufgrund der Tatsache, dass ein Außenminister strafrechtlicher Vergehen gegen Regeln angeklagt wurde, die unzweifelhaft jus cogens-Charakter besitzen, der Demokratischen Republik Kongo nicht der Anspruch aberkannt werden könne, den sie nach dem Völkergewohnheitsrecht auf Beanspruchung von Immunität zu seinen Gunsten hat (Arrest Warrant of 11 April 2000 (Democractic Republic of Congo v. Belgium, Urteil, I.C.J. Reports 2002, S. 3, Rz. 58 und 78). Der Gerichtshof ist der Ansicht, dass dieselbe Begründung für die Anwendung des Völkergewohnheitsrechts bezüglich der Immunität eines Staates gegen Verfahren vor Gerichten eines anderen Staates anwendbar ist. 96. Darüber hinaus wurde das Argument, nach dem jus cogens das Recht der Staatenimmunität verdrängt, durch nationale Gerichte im Vereinigten Königreich (Jones v. Saudi Arabia, House of Lords, [2007] I ACT 270; ILR, 129, S. 629), Kanada (Bouzari v. Islamic Republic of Iran, Court of Appeal of Ontario, DLR, 4th Series, Vol. 243, S. 406; ILR, 128, S. 586), Polen (Natoniewski, Supreme Court, Polish Yearbook of International Law, Vol. XXX, 2010, S. 299), Slowenien (Fall Nr. Up-13/99 Verfassungsgericht von Slowenien), Neuseeland (Fang v. Jiang, High Court [2007] NZAR, S. 420; ILR, 141, S. 702) und Griechenland (Margellos, Oberster Sondergerichtshof, ILR, 129, S. 525) sowie durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Al-Adsani v. United Kingdom und Kalogeropoulou and others v. Greece and Germany (die in Rn. 90 oben erörtert wurden), in jedem Fall nach gründlicher Prüfung abgelehnt. Nach Ansicht des Gerichts kann das Urteil des französischen Court de cassation vom 9. März 2011 in La Réunion aérienne v. Libyan Arab Jamahiriya (Nr. 09-14743, 9. März 2001, Bull. civ., März 2011, Nr. 49, S. 49) keine abweichende Schlussfolgerung unterstützen. Der Cour de cassation hat in diesem Fall nur erklärt, dass, selbst wenn eine jus cogens-Norm eine rechtmäßige Einschränkung der Staatenimmunität darstellen könnte, eine solche Einschränkung nicht durch die Tatsachen dieses Falles gerechtfertigt wäre. Daraus folgt jedoch, dass die Urteile der italienischen Gerichte, die Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind, die einzigen Entscheidungen nationaler Gerichte sind, in denen der Begründung gefolgt wurde, auf der dieser Teil des zweiten Arguments Italiens beruht. Weiterhin wird in keiner der in Rn. 70-71 oben betrachteten nationalen Rechtsvorschriften die Immunität in Fällen eingeschränkt, bei denen auf Verletzungen des jus cogens abgestellt wird. 97. Entsprechend gelangt der Gerichtshof zu der Schlussfolgerung, dass selbst bei der Annahme, dass die Verfahren vor den italienischen Gerichten Verletzungen von jus cogens-Regeln zum Gegenstand hatten, die Anwendbarkeit der völkergewohnheitsrechtlichen Staatenimmunität davon nicht berührt wird. C. Das Argument der „letzten Instanz“ 98. Nach dem dritten und abschließenden Strang der italienischen Argumentation sei Deutschland die Immunität, auf die es ansonsten Anspruch gehabt hätte, begründeter Weise durch die italienischen Gerichte verweigert worden, da alle anderen Versuche für die verschiedenen an den italienischen Verfahren beteiligten Opfergruppen Entschädigung zu erlangen, fehlgeschlagen seien. In seiner Antwort führt Deutschland an, dass es nach dem Zweiten Weltkrieg erhebliche finanzielle und sonstige Opfer im Wege von Reparationen im Rahmen einer ganzen Reihe von zwischenstaatlichen Vereinbarungen erbracht habe, nach denen, angesichts der wirtschaftlichen Realität der damaligen Zeit, kein alliierter Staat eine volle Entschädigung für die Verluste erhalten habe, die seine Bevölkerung erlitten hat. Es wird auch auf Zahlungen verwiesen, die an Italien nach den Bedingungen der beiden Verträge von 1961 vorgenommen wurden und auf die Zahlungen, die in jüngerer Vergangenheit nach dem Bundesgesetz von 2000 an verschiedene italienische Staatsbürger/innen geleistet wurden, die unrechtmäßig zur Zwangsarbeit nach Deutschland verschleppt worden waren. Italien vertritt jedoch weiterhin den Standpunkt, dass zahlreiche italienische Opfer dennoch keine Entschädigung erhalten hätten. * 99. Das Gericht stellt fest, dass Deutschland umfassende Schritte ergriffen hat, um sicherzustellen, dass italienischen Opfern von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit Wiedergutmachungen geleistet wurden. Dennoch hat Deutschland entschieden, aus dem Umfang des nationalen Entschädigungsplans die meisten Ansprüche italienischer Militärinternierter mit der Begründung auszuschließen, dass Kriegsgefangene keinen Anspruch auf Entschädigung für Zwangsarbeit hätten (vgl. Nr. 26 oben). Der überwältigenden Mehrheit der italienischen Militärinternierten wurde in der Tat durch die Nazi-Behörden die Behandlung als Kriegsgefangene versagt. Ungeachtet dieses historischen Hintergrundes hat die deutsche Regierung im Jahr 2001 beschlossen, diesen Internierten keinen Anspruch auf Entschädigung zu gewähren, da sie einen Rechtsanspruch auf den Status von Kriegsgefangenen gehabt hätten. Der Gerichtshof möchte an dieser Stelle seine Überraschung – und sein Bedauern – darüber zum Ausdruck bringen, dass Deutschland sich entschlossen hat, einer Gruppe von Opfern die Entschädigung mit der Begründung zu verwehren, dass sie Anspruch auf einen Status gehabt hätten, der zum relevanten Zeitpunkt von Deutschland nicht anerkannt wurde, insbesondere, da diesen Opfern damit der Rechtsschutz versagt wurde, der ihnen bei diesem Status zugestanden hätte. 100. Wie der Gerichtshof bereits ausgeführt hat, wenngleich im anders gearteten Zusammenhang der Immunität von Staatsbediensteten gegen strafrechtliche Verfahren, ändert die Tatsache, dass Immunität die Ausübung der Gerichtsbarkeit in einem bestimmten Fall verhindern kann, nicht die Anwendbarkeit der materiellen Regeln des Völkerrechts (Arrest Warrant (Democractic Republic of Congo v. Belgium), Urteil, I.C.J. Reports 2002, S. 25, Rz. 60; vgl. auch Certain Questions of Mutual Assistance in Criminal Matters (Djibouti v. France), Urteil, I.C.J. Reports 2008, S. 244, Nr. 196). In diesem Zusammenhang möchte der Gerichtshof darauf hinweisen, dass die Frage, ob ein Staat vor den Gerichten eines anderen Staats Anspruch auf Immunität hat, völlig getrennt davon zu beantworten ist, ob die internationale Verantwortlichkeit dieses Staates betroffen ist und ob er zu Reparationen verpflichtet ist. 101. Dessen ungeachtet kann der Gerichtshof die Behauptung Italiens nicht akzeptieren, dass die angeblichen Mängel der deutschen Bestimmungen bezüglich Entschädigungen für italienische Opfer den italienischen Gerichten das Recht verliehen hätten, Deutschland die gerichtliche Immunität zu entziehen. Der Gerichtshof kann keine Grundlage in der Staatenpraxis, aus der sich das Völkergewohnheitsrecht ableitet, erkennen, nach der völkerrechtlicher Anspruch eines Staats auf Immunität von der Existenz wirksamer alternativer Rechtsbehelfe abhängig gemacht werden könnte. Weder in der nationalen Gesetzgebung zu dieser Frage, noch in der Rechtsprechung der nationalen Gerichte, die über sich auf Immunität stützende Einwendungen entscheiden mussten, finden sich Nachweise dafür, dass der Immunitätsanspruch einer solchen Vorbedingung unterliegt. Außerdem wurde auch keine solche Bedingung von den Staaten in das Europäische Übereinkommen oder das VN-Übereinkommen aufgenommen. 102. Weiterhin kann der Gerichtshof nicht umhin festzustellen, dass die Anwendung einer solchen Bedingung, würde sie tatsächlich existieren, in der Praxis äußerst schwierig wäre, insbesondere in einem Kontext wie dem vorliegenden Fall, bei dem die Klagen schon Gegenstand ausführlicher Gespräche zwischen den Regierungen waren. Folgte man dem italienischen Argument, so würde, solange solche Gespräche noch weiter geführt werden und eine Aussicht auf ein erfolgreiches Ergebnis besteht, die Immunität fortbestehen. Dagegen würde vermutlich, wiederum dieser Argumentation folgend, die Immunität nicht länger zur Anwendung gelangen, wenn die Aussichten für eine Regelung zwischen den Staaten schwinden. Dennoch dürften die nationalen Gerichte in einem der betroffenen Länder in keiner guten Position sein, um zu entscheiden, wann dieser Punkt erreicht ist. Nach Leistung einer Pauschalentschädigung – was nach dem Krieg übliche Praxis war, wie auch Italien anerkennt – würde außerdem die Entscheidung darüber, ob ein bestimmter Kläger weiterhin einen Entschädigungsanspruch besitzt, eine Untersuchung der Einzelheiten dieser Vereinbarung durch das Gericht erfordern sowie der Art und Weise, in der der Staat, der die Mittel erhalten hat (in diesem Fall der Staat, in dem das fragliche Gericht sich befindet) diese Mittel ausgeschüttet hat. Hat ein Staat, der im Zuge einer beabsichtigten umfassenden Regelung nach einem bewaffneten Konflikt Mittel erhält, diese Mittel zum Wiederaufbau seiner nationalen Wirtschaft und Infrastruktur eingesetzt, statt sie an die einzelnen Opfer unter seinen Staatsbürgern auszuzahlen, ist schwer einzusehen, warum die Tatsache, dass diese Einzelpersonen keinen Anteil an den Geldern erhalten haben, eine Begründung dafür sein sollte, dass sie gegen den Staat, der die Gelder an ihren Heimatstaat überwiesen hat, noch einen Anspruch haben sollten. 103. Der Gerichtshof lehnt daher das Argument Italiens ab, nach dem Deutschland auf dieser Grundlage die Immunität zu verweigern sei. 104. Bei dieser Schlussfolgerung ist sich der Gerichtshof wohl der Tatsache bewusst, dass die gerichtliche Immunität Deutschlands nach dem Völkerrecht den betroffenen italienischen Staatsangehörigen die Möglichkeit zur Einlegung von Rechtsmitteln abschneiden kann. Er ist jedoch der Auffassung, dass die Ansprüche, die sich aus der Behandlung der italienischen Militärinternierten wie in Rn. 99 dargestellt ergeben, zusammen mit anderen Ansprüchen italienischer Staatsangehöriger, die nicht beglichen worden sein sollen – und die Grundlage der italienischen Verfahren waren – Gegenstand weiterer Verhandlungen zwischen den beiden beteiligten Staaten sein könnten, um eine Lösung dieser Frage herbeizuführen. D. Die kombinierte Wirkung der von Italien geltend gemachten Umstände 105. Im Zuge der mündlichen Verhandlung hat der Vertreter Italiens angeführt, dass die drei Argumentationsstränge des zweiten italienischen Arguments zusammen zu betrachten seien. Die kombinierte Wirkung der Schwere der Verletzungen, des Status der verletzten Regeln und des Fehlens alternativer Rechtsbehelfe habe die Weigerung der italienischen Gerichte gerechtfertigt, Deutschland Immunität zu gewähren. 106. Der Gerichtshof hat bereits ausgeführt, dass keiner der drei Stränge des zweiten italienischen Arguments für sich selbst das Vorgehen der italienischen Gerichte rechtfertigen würde. Er ist auch nicht zu der Überzeugung gelangt, dass sie zusammen genommen diese Wirkung hätten. Bei der Prüfung der Staatenpraxis hat sich kein Anhaltspunkt für die Stützung der These ergeben, dass das gleichzeitige Vorliegen von zwei oder selbst allen drei Elementen die Weigerung eines nationalen Gerichts rechtfertigen könnte, einem beklagten Staat die Immunität zu gewähren, auf den er ansonsten Anspruch hätte. Insofern als das Argument der kombinierten Wirkung der Umstände so gedacht ist, dass das nationale Gericht die verschiedenen Faktoren abzuwägen habe, wobei einerseits die verschiedenen Umstände, die für die Ausübung seiner Gerichtsbarkeit sprechen könnten, und andererseits die mit dem Schutz der Immunität verbundenen Interessen abzuwägen wären, so würde dieser Ansatz die eigentliche Natur der Staatenimmunität missachten. Wie in Rn. 56 oben bereits erläutert, stellt die Staatenimmunität nach dem Völkerrecht, sofern sie gegeben ist, ein Recht des fremden Staates dar. Wie in Rn. 82 dieses Urteils erläutert, müssen außerd
  4. 4. Schlussfolgerungen

    107. Der Gerichtshof vertritt daher die Auffassung, dass das Vorgehen der italienischen Gerichte, Deutschland die Immunität zu verweigern, auf die es nach der Entscheidung des Gerichtshofs gemäß dem Völkergewohnheitsrecht Anspruch hatte, eine Verletzung der durch den italienischen Staat gegenüber Deutschland geschuldeten Verpflichtungen darstellt.

    108. Daher erübrigt es sich für den Gerichtshof, eine Reihe von Fragen zu prüfen, die von den Parteien bereits ausführlich erörtert wurden. Insbesondere ist der Gerichtshof nicht gehalten darüber zu entscheiden, ob, wie Italien anführt, das Völkerrecht einem individuellen Opfer einer Verletzung des Kriegsvölkerrechts ein unmittelbar vollstreckbares Recht auf Forderung einer Entschädigung verleiht. Auch muss nicht, wie Deutschland anführt, darüber entschieden werden, ob Artikel 77, Absatz 4 des Friedensvertrags oder die Bestimmungen der Verträge von 1961 einen verbindlichen Verzicht auf Ansprüche darstellen, die Gegenstand der italienischen Verfahren sind. Dies soll jedoch nicht bedeuten, dass es sich hier um minder wichtige Fragen handelt, sondern nur, dass eine Entscheidung darüber nicht im Rahmen des vorliegenden Falls zu treffen ist. Die Frage, ob Deutschland noch gegenüber Italien oder italienischen Einzelpersonen für Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die während des Zweitens Weltkriegs verübt wurden, verantwortlich ist, berührt nicht die Frage des deutschen Anspruchs auf Immunität. Entsprechend hat auch die Entscheidung des Gerichtshofs zur Frage der Immunität keinen Einfluss darauf, welche Verantwortlichkeit Deutschland eventuell trifft.

    IV. Gegen auf italienischem Hoheitsgebiet gelegenes deutsche Eigentum ergriffene Zwangsmaßnahmen

    109. Auf Grundlage einer Entscheidung des Berufungsgerichts Florenz vom 13. Juni 2006, mit der in Italien das Urteil des Erstinstanzlichen Gerichts von Livadia, Griechenland, für vollstreckbar erklärt wurde, nach dem Deutschland zur Zahlung einer Entschädigung an bestimmte griechische Kläger verurteilt worden war, ließen diese Kläger am 7. Juni 2007 im Grundbuch der Provinz Como eine Zwangshypothek auf die Villa Vigoni, ein Eigentum des deutschen Staates in der Nähe des Comer Sees, eintragen (vgl. Rn. 35 oben).

    110. Deutschland hat vor dem Gerichtshof vorgetragen, dass eine solche Zwangsmaßnahme die Immunität gegen Vollstreckung verletze, die ihm nach dem Völkerrecht zustehe. Italien hat nicht versucht, diese Maßnahme zu rechtfertigen. Es hat im Gegenteil dem Gerichtshof zu erkennen gegeben, dass „keine Einwände gegen eine Entscheidung des Gerichtshofs bestehen, mit der Italien dazu verpflichtet wird, dafür zu sorgen, dass die im Grundbuch eingetragene Hypothek auf die Villa Vigoni gelöscht wird“.

    111. Als Folge der Gesetzesverordnung Nr. 63 vom 28. April 2010, des Gesetzes Nr. 98 vom 23. Juni 2010 und der Gesetzesverordnung Nr. 216 vom 29. Dezember 2011 wurde die fragliche Belastung ausgesetzt, um dem vor dem Gerichtshof in dem vorliegenden Fall anhängigen Verfahren Rechnung zu tragen. Sie wurde jedoch nicht gelöscht.

    112. Der Gerichtshof ist der Meinung, dass unbeschadet der oben erwähnten Aussetzung und auch wenn Italien nicht darum bemüht ist, die internationale Gültigkeit der fraglichen Zwangsmaßnahme zu begründen, gleichwohl eine Meinungsverschiedenheit zwischen den Parteien in dieser Sache besteht, deren Gegenstand nicht beseitigt wurde. Italien hat nicht formell zugestanden, dass die Zwangshypothek auf der Villa Vigoni eine gegen seine internationalen Verpflichtungen verstoßende Maßnahme darstellt. Ebenso wurden die Wirkungen dieser Maßnahme nicht abgestellt, sondern lediglich ausgesetzt. Dem Gerichtshof wurde durch seinen Vertreter vorgetragen, dass die gegen Deutschland ergangenen Entscheidungen der italienischen Gerichte bis zur Entscheidung des Gerichtshofs ausgesetzt worden seien und dass diese Entscheidungen erst vollstreckt würden, „sollte der Gerichtshof entscheiden, dass Italien die von Deutschland gerügten Unrechtshandlungen nicht begangen hat“. Dies bedeutet, dass die Belastung auf die Villa Vigoni reaktiviert werden könnte, sollte der Gerichtshof zu der Auffassung gelangen, dass sie nicht völkerrechtswidrig ist. Ohne dem Gerichtshof eine solche Schlussfolgerung nahezulegen, schließt Italien sie dennoch nicht aus und wartet die Entscheidung des Gerichtshofs ab, bevor entsprechende Maßnahmen getroffen werden.

    Folglich sollte der Gerichtshof, wie dies von beiden Parteien gewünscht wird, über den zweiten Antrag Deutschlands entscheiden, der die Meinungsverschiedenheit bezüglich der gegen die Villa Vigoni ergriffenen Zwangsmaßnahme betrifft.

    113. Bevor geprüft wird, ob die Ansprüche des Klägers in diesem Punkt begründet sind, stellt der Gerichtshof fest, dass die Immunität gegen Vollstreckung, die Staaten bezüglich ihres in einem fremden Hoheitsgebiet gelegenen Eigentums genießen, weiter geht als die gerichtliche Immunität, die diese Staaten vor ausländischen Gerichten genießen. Selbst wenn ein Urteil gegen einen fremden Staat rechtmäßig ergangen ist, ohne dass dieser gerichtliche Immunität beanspruchen konnte, ergibt sich daraus nicht ipso facto, dass der Staat, gegen den das Urteil ergangen ist, Gegenstand von Zwangsmaßnahmen auf dem Hoheitsgebiet des Forumstaates oder eines dritten Staates hinsichtlich der Vollstreckung des fraglichen Urteils sein kann. Entsprechend bedeutet auch ein Verzicht eines Staates auf seine gerichtliche Immunität vor einem fremden Gericht nicht per se, dass dieser Staat auf seine Immunität gegen Vollstreckung hinsichtlich seines Vermögens verzichtet, das in fremdem Hoheitsgebiet gelegenen ist.

    Die Regeln des Völkergewohnheitsrechts bezüglich der Immunität gegen Vollstreckung und der gerichtlichen Immunität (stricto sensu als Recht eines Staates verstanden, nicht Gegenstand eines Gerichtsverfahrens vor den Gerichten eines anderen Staates zu sein) sind deutlich ausgeprägt und müssen getrennt angewendet werden.

    114. Im vorliegenden Fall bedeutet dies, dass der Gerichtshof über die Frage entscheiden kann, ob die Hypothek auf die Villa Vigoni eine die Immunität Deutschlands gegen Vollstreckung verletzende Maßnahme darstellt, ohne feststellen zu müssen, ob die Entscheidungen der griechischen Gerichte, durch die die finanziellen Entschädigungen gegen Deutschland verhängt wurden, zu deren Vollstreckung dieser Maßnahme ergriffen wurde, selbst eine Verletzung der gerichtlichen Immunität dieses Staates dargestellt haben.

    Entsprechend stellt sich die Frage der internationalen Rechtmäßigkeit der fraglichen Zwangsmaßnahme angesichts der auf die Immunität gegen Vollstreckung anwendbaren Regeln, getrennt – und kann daher getrennt behandelt werden – von der Frage der internationalen Rechtmäßigkeit der Entscheidungen der italienischen Gerichte, die auf italienischem Hoheitsgebiet die griechischen Urteile gegen Deutschland für vollstreckbar erklärten angesichts der für die gerichtliche Immunität anwendbaren Regeln. Letztere Frage, die Gegenstand des dritten von Deutschland beim Gerichtshof eingebrachten Antrags ist (vgl. Rn. 17 oben) wird im folgenden Abschnitt des Urteils beleuchtet.

    115. Zur Unterstützung seines Anspruchs in dem hier zu erörternden Punkt hat Deutschland die in Artikel 19 des VN-Übereinkommens festgelegten Regeln zitiert. Dieses Übereinkommen ist noch nicht in Kraft getreten, kodifiziert jedoch nach Ansicht Deutschlands bezüglich der Frage der Immunität gegen Vollstreckung die bestehenden Regeln des allgemeinen Völkerrechts. Daher seien die Bedingungen verbindlich insofern als sie Gewohnheitsrecht zu dieser Angelegenheit wiedergeben.

    116. Artikel 19 mit dem Titel „Staatenimmunität von Zwangsmaßnahmen, die nach einer gerichtlichen Entscheidung angeordnet werden“, lautet wie folgt:

    „Gegen das Vermögen eines Staates dürfen im Zusammenhang mit einem Verfahren vor einem Gericht eines anderen Staates nach der Entscheidung keine Zwangsmaßnahmen, wie beispielsweise Pfändung, Beschlagnahme oder Vollstreckung, angeordnet werden, sofern und soweit nicht

    (a) der Staat der Anordnung derartiger Maßnahmen ausdrücklich zugestimmt hat, und zwar

    (i) durch internationale Vereinbarung,

    (ii) durch eine Schiedsvereinbarung oder in einem schriftlichen Vertrag oder

    (iii) durch eine Erklärung vor dem Gericht oder durch eine schriftliche Mitteilung nach Entstehen einer Streitigkeit zwischen den Parteien, oder

    (b) der Staat Vermögen für die Befriedigung des Anspruchs, der Gegenstand des Verfahrens ist, bereitgestellt oder bestimmt hat oder

    (c) der Nachweis erbracht worden ist, dass das Vermögen von dem Staat eigens zu anderen als nicht privatwirtschaftlichen staatlichen Zwecken genützt wird oder für eine solche Nutzung bestimmt ist und dass es sich im Gerichtsstaat befindet, vorausgesetzt, dass Zwangsmaßnahmen nach einer Entscheidung nur gegen Vermögen angeordnet werden dürfen, das mit dem Rechtsträger, gegen den das Verfahren gerichtet war, im Zusammenhang steht.“

    117. Beim Entwurf des VN-Übereinkommens gaben diese Bestimmungen Anlass zu langen und schwierigen Diskussionen. Der Gerichtshof ist der Meinung, dass es für Zwecke des vorliegenden Falls nicht erforderlich ist, zu entscheiden, ob alle Aspekte von Artikel 19 das aktuelle Völkergewohnheitsrecht wiedergeben.

    118. In der Tat begnügt sich der Gerichtshof damit, festzustellen, dass es zumindest eine Bedingung gibt, die erfüllt werden muss, bevor eine Zwangsmaßnahme gegen Vermögen eines fremden Staats ergriffen werden darf: das Vermögen muss für eine Aktivität genutzt werden, mit der keine hoheitlichen, nicht-wirtschaftlichen Zwecke verfolgt werden oder der Staat, in dessen Eigentum sich das Vermögen befindet, muss ausdrücklich der Zwangsmaßnahme zugestimmt haben oder der Staat hat das fraglichen Vermögen zur Befriedigung eines Rechtsanspruchs zugeteilt (ein Beispiel für diese gut eingeführte Praxis findet sich in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Dezember 1977 (BVerfGE 46, 342; ILR, Vol. 65, S. 146), im Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts vom 30. April 1986 in Königreich Spanien gegen die Firma X (Schweizerisches Jahrbuch für internationales Recht. Annuaire Suisse de droit international, 43 (1987), S. 158; IlR, 82, S. 44) sowie dem Urteil des House of Lords vom 12. April 1984 in Alcom Ltd. v. Republic of Colombia ([1984] I AC 580; ILR, 74, S. 170) und dem Urteil des Spanischen Verfassungsgerichts vom 1. Juli 1992 in Abbot v. Republic of South Africa (Revista española de derecho internacional, 44 (1992), S. 565; ILR, 113, S. 414)).

    119. Im vorliegenden Fall ist offenkundig, dass das Vermögen, das Gegenstand der fraglichen Zwangsmaßnahme war, für hoheitliche Zwecke verwendet wird, die in keiner Weise kommerzieller Natur sind und daher für Zwecke, die unter die hoheitlichen Funktionen Deutschlands fallen. Die Villa Vigoni ist tatsächlich Sitz eines Kulturzentrums, das der Förderung des kulturellen Austauschs zwischen Deutschland und Italien dienen soll. Diese Kulturzentrum wird auf Grundlage einer Vereinbarung, die zwischen beiden Regierungen in Form eines Austauschs von Noten vom 21. April 1986 geschlossen wurde, organisiert und verwaltet. Vor dem Gerichtshof hat Italien die fraglichen Aktivitäten als „Kompetenzzentrum der italienisch-deutschen Zusammenarbeit in den Bereichen Forschung, Kultur und Bildung“ bezeichnet und anerkannt, dass Italien direkt an „seiner besonderen binationalen …. Verwaltungsstruktur“ mitwirke. Auch hat Deutschland in keiner Weise ausdrücklich dem Ergreifen einer Maßnahme wie der fraglichen Zwangshypothek zugestimmt oder die Villa Vigoni zur Befriedigung von Rechtsansprüchen gegen Deutschland zur Verfügung gestellt.

    120. Unter diesen Umständen stellt der Gerichtshof fest, dass die Eintragung einer Zwangshypothek auf die Villa Vigoni eine Pflichtverletzung Italiens bezüglich der Deutschland geschuldeten Immunität darstellt.

    V. Die Entscheidungen italienischer Gerichte, mit denen Entscheidungen griechISCHer Gerichte, die ZIVILRECHTLICHEN Klagen gegen Deutschland stattgegeben haben, für in italien vollstreckbar erklärt wurden

    121. In seinem dritten Antrag führt Deutschland darüber Beschwerde, dass seine gerichtliche Immunität auch durch Entscheidungen der italienischen Gerichte verletzt worden sei, mit denen von griechischen Gerichten gegen Deutschland in das Distomo-Massaker betreffenden Verfahren erlassene Urteile für in Italien vollstreckbar erklärt wurden. Im Jahr 1995 hatten Rechtsnachfolger der Opfer dieses Massakers, das von den deutschen Streitkräften in einem griechischen Dorf im Jahre 1944 verübt worden war, gegen Deutschland vor griechischen Gerichten auf Entschädigung geklagt. Mit Urteil vom 25. September 1997 wurde Deutschland durch das örtlich zuständige Erstinstanzliche Gericht in Livadia zur Zahlung einer Entschädigung an die Kläger verurteilt. Die Berufung Deutschlands gegen dieses Urteil wurde mit Entscheidung des Obersten Gerichtshofs Griechenland vom 4. Mai 2000 abgelehnt, womit das Urteil des Erstinstanzlichen Gerichts Rechtskraft erlangte und gleichzeitig Deutschland die Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt wurden. Die nach dem Urteil des Gerichts erster Instanz und dem Urteil des Obersten Gerichthofs erfolgreichen griechischen Kläger wandten sich an die italienischen Gerichte zwecks Exequatur dieser Urteile, um die Vollstreckung in Italien zu ermöglichen, da es nicht möglich war, sie in Griechenland oder in Deutschland vollstrecken zu lassen (siehe Rn. 30 und 32 oben). Aufgrund dieser Anträge entschied das Berufungsgericht Florenz und gab ihnen mit Entscheidung vom 13. Juni 2006, die nach Widerspruch Deutschlands am 21. Oktober 2008 bezüglich des durch das Erstinstanzliche Gericht in Livadia zugesprochenen finanziellen Schadenersatzes bestätigt wurde, und mit Entscheidung vom 2. Mai 2005 statt, die nach Wiederspruch Deutschlands am 6. Februar 2007 bezüglich der Kostenentscheidung des Obersten Gerichtshof Griechenlands bestätigt wurde. Diese letzte Entscheidung wurde durch den italienischen Kassationsgerichtshof am 6. Mai 2008 bestätigt. Auch gegen die Entscheidung, mit der bezüglich des Urteils des Erstinstanzlichen Gerichts in Livadia Exequatur gewährt wurde, wurde vor dem italienischen Kassationsgerichtshof Berufung eingelegt, der die Berufung am 12. Januar 2011 ablehnte.

    122. Nach deutscher Ansicht stellen die Entscheidungen des Berufungsgerichts Florenz, mit denen die Urteile des Gerichts in Livadia und des Obersten Gerichtshofs Griechenlands für vollstreckbar erklärt wurden, Verletzungen seiner gerichtlichen Immunität dar, da, aus den gleichen Gründen, auf die sich Deutschland bezüglich der italienischen Verfahren zu in Italien zwischen 1943 und 1945 verübten Kriegsverbrechen beruft, die Entscheidungen der griechischen Gerichte selbst unter Verletzung der gerichtlichen Immunität ergangen seien.

    123. Nach italienischer Ansicht jedoch und aus denselben Gründen wie sie unter Abschnitt III des vorliegenden Urteils dargestellt und erörtert werden, wurde die gerichtliche Immunität Deutschlands weder durch die Entscheidungen der griechischen Gerichte noch durch die der italienischen Gerichte, die diese für in Italien vollstreckbar erklärten, verletzt.

    124. Es sollte zunächst festgestellt werden, dass das Klagebegehren im dritten Antrag Deutschlands völlig getrennt und losgelöst von dem oben dargestellten ist, das in Abschnitt IV oben (Rn. 109 bis 120) erörtert wurde. Der Gerichtshof muss hier nicht mehr feststellen, ob eine Zwangsmaßnahme – wie die Zwangshypothek auf die Villa Vigoni – die Immunität Deutschlands gegen Vollstreckung verletzt, sondern muss entscheiden, ob die italienischen Urteile, mit denen die in Griechenland zugesprochenen finanziellen Entschädigungen als in Italien vollstreckbar erklärt wurden, selbst – unabhängig von nachfolgenden Vollstreckungsmaßnahmen – eine Verletzung der gerichtlichen Immunität des Klägers darstellen. Obwohl eine Verbindung zwischen diesen beiden Aspekten besteht – da die Auferlegung der Zwangsmaßnahme gegen die Villa Vigoni nur auf Grundlage der Urteile des Berufungsgerichts Florenz möglich war, das für das Urteil des griechischen Gerichts in Livadia Exequatur erteilt hat – sind beide Fragen jedoch klar voneinander getrennt. Im vorstehenden Abschnitt ging es um die Immunität gegen Vollstreckung. Nunmehr muss sich der Gerichtshof jedoch mit der Immunität gegen Gerichtsbarkeit beschäftigen. Wie oben bereits erwähnt unterliegen beide Formen der Immunität unterschiedlichen Regeln.

    125. Der Gerichtshof wird sodann seine Sicht der Frage der gerichtlichen Immunität in Bezug auf ein Urteil erläutern, in dem nicht über den Sachverhalt einer gegen einen fremden Staat erhobenen Klage entschieden wird, sondern über einen Antrag, nach dem ein Urteil, das von einem fremden Gericht gegen einen Drittstaat erlassen wurde, auf dem Hoheitsgebiet des Gerichtsstaats, in dem dieser Antrag gestellt wird, vollstreckbar erklärt werden soll (ein Exequaturantrag). Die Schwierigkeit ergibt sich aus der Tatsache, dass in diesen Fällen das Gericht nicht um ein Urteil direkt gegen einen fremden Staat, der sich auf gerichtliche Immunität beruft, ersucht wird, sondern um Vollstreckung eines bereits durch ein Gericht eines anderen Staates erlassenen Urteils, wobei davon ausgegangen wird, dass dieses bereits selbst die Immunität des beklagten Staates geprüft und die entsprechenden Regeln angewendet hat.

    126. Im vorliegenden Fall haben beide Parteien offensichtlich dahingehend argumentiert, dass in einer solchen Situation die Frage, ob das um Exequatur ersuchte Gericht die gerichtliche Immunität des Drittstaates beachtet hat, einfach davon abhängt, ob diese Immunität durch das fremde Gericht, von dem das Urteil in der Sache gegen den dritten Staat erlassen wurde, beachtet wurde. In anderen Worten haben offenbar beide Parteien die Frage, ob das Berufungsgericht Florenz die gerichtliche Immunität Deutschlands bei der Vollstreckbarkeitserklärung der Entscheidungen des Gerichts in Livadia und des Obersten Gerichtshofs Griechenlands verletzt hat, davon abhängig gemacht, ob diese Entscheidungen selbst die gerichtliche Immunität verletzt haben, die Deutschland in seiner Verteidigung gegen die in Griechenland eingeleiteten Verfahren für sich beansprucht hat.

    127. Nationale Gerichte werden vor der Gewährung des Exequatur in keiner Weise daran gehindert, sich davon zu überzeugen, dass das ausländische Urteil nicht unter Verletzung der Immunität des beklagten Staates ergangen ist. Für Zwecke des vorliegenden Falles jedoch ist der Gerichtshof der Auffassung, dass die Frage von einem völlig anderen Standpunkt aus zu prüfen ist. Seiner Meinung nach ist es zur Entscheidung über die Frage, ob das Berufungsgericht Florenz die gerichtliche Immunität Deutschlands verletzt hat, nicht notwendig darüber zu entscheiden, ob durch die Entscheidungen der griechischen Gerichte selbst diese Immunität verletzt wurde, – was er im Übrigen auch nicht könnte, da damit über die Rechte und Pflichten eines Staats, nämlich Griechenland, zu entscheiden wäre, der nicht Partei im vorliegenden Verfahren ist (siehe Monetary Gold Removed From Rome in 1943 (Italy v. France; United Kingdom and United States of America); Vorfrage; Urteil, I.C.J Reports 1954, S. 32; East Timor (Portugal v. Australia), Urteil, I.C.J. Reports 1955, S. 105, Nr. 34).

    Die relevante Frage ist aus Sicht des Gerichtshofs und für Zwecke des vorliegenden Falls, ob die italienischen Gerichte selbst die gerichtliche Immunität Deutschlands bei Zulassung des Exequaturantrags beachtet haben und nicht, ob das griechische Gericht, von dem das Urteil erlassen wurde, für das Exequatur beantragt wird, die gerichtliche Immunität Deutschlands beachtet hat. In einer solchen Situation müssen die Antworten auf beide Fragen nicht notwendigerweise identisch sein. Nur der ersten Frage ist hier vom Gerichtshof nachzugehen.

    128. Wenn ein Gericht, wie im vorliegenden Fall, wegen eines Exequaturantrags für ein ausländisches Urteil gegen einen Drittstaat angerufen wird, muss es selbst seine Gerichtsbarkeit gegenüber dem betroffenen Drittstaat ausüben. In der Tat geht es im Exequaturverfahren nicht um eine Entscheidung in der Sache, sondern lediglich um die Erklärung der Vollstreckbarkeit eines bestehenden Urteils auf dem Hoheitsgebiet eines Staates, bei dem es sich nicht um den Staat handelt, in dem das Gericht in der Sache entschieden hat. Es ist somit nicht Aufgabe des Exequaturgerichts, den Fall, über den entschieden wurde, in allen seinen Aspekten inhaltlich erneut zu prüfen. Tatsache ist jedoch, dass das Gericht mit der Gewährung oder Verweigerung des Exequatur eine gerichtliche Befugnis ausübt, durch die das fremde Urteil die gleichen Wirkungen erlangt wie ein Urteil, das in dem angerufenen Staat selbst in der Sache ergangen ist. Das vor diesem Gericht eingeleitete Verfahren muss daher als Verfahren gegen den Drittstaat angesehen werden, der Gegenstand des ausländischen Urteils war.

    129. In dieser Hinsicht stellt der Gerichtshof nach Artikel 6, Abs. 2 des VN-Übereinkommens fest:

    „Ein Verfahren vor einem Gericht eines Staates gilt als gegen einen anderen Staat eingeleitet, wenn dieser andere Staat

    (a) als Partei in diesem Verfahren benannt wird oder

    (b) zwar nicht als Partei in dem Verfahren benannt wird, das Verfahren aber tatsächlich darauf abzielt, das Vermögen, die Rechte, die Interessen oder die Tätigkeiten dieses anderen Staates zu beeinträchtigen.“

    In Anwendung auf ein Exequaturverfahren beinhaltet diese Definition, dass ein solches Verfahren als gegen den Staat eingeleitet anzusehen ist, der Gegenstand des ausländischen Urteils war. Aus eben diesem Grunde war Deutschland zum Widerspruch gegen die Exequaturentscheidungen des Berufungsgerichts von Florenz – auch wenn dieser erfolglos blieb – und zur Berufung beim italienischen Kassationsgerichtshof gegen die Urteile, mit denen diese Entscheidungen bestätigt wurden, berechtigt.

    130. Aus vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass das mit einem Exequaturantrag für ein ausländisches, gegen einen Drittstaat ergangenes Urteil angerufene Gericht sich selbst die Frage stellen muss, ob der beklagte Staat – unter Berücksichtigung der Natur des Falls, in dem das Urteil ergangen ist – gerichtliche Immunität gegenüber den Gerichten des Staates besitzt, in dem das Exequaturverfahren eingeleitet wurde. In anderen Worten muss es sich selbst die Frage stellen, ob, falls es selbst in einem Streitfall mit identischem Sachverhalt wie dem, zu dem das ausländische Urteil ergangen ist, angerufen würde, nach dem Völkerrecht dazu verpflichtet gewesen wäre, dem beklagten Staat Immunität zu gewähren (vgl. hierzu Urteil des Supreme Court of Canada in Kuwait Airways Corp. v. Iraq [2010] SCR, Vol. 2, S. 571 und Urteil des United Kingdom Supreme Court in NML Capital Limited v. Republic of Argentina [2011] UKSC 31).

    131. Im Lichte dieser Überlegung ergibt sich, dass die italienischen Gerichte, die Entscheidungen griechischer Gerichte gegen Deutschland für in Italien vollstreckbar erklärt haben, seine Immunität verletzt haben. Aus den in Abschnitt III oben des vorliegenden Urteils dargelegten Gründen wären die italienischen Gerichte dazu verpflichtet gewesen, Deutschland Immunität zu gewähren, wären sie in einem Fall mit identischem Sachverhalt angerufen worden, wie er Gegenstand der Entscheidungen der griechischen Gerichte war, bezüglich derer sie wegen einer Vollstreckbarkeitserklärung angerufen wurden (nämlich der Fall des Distomo-Massakers). Entsprechend konnten sie kein Exequatur ohne Verletzung der gerichtlichen Immunität Deutschlands gewähren.

    132. Um zu einer solchen Entscheidung zu gelangen, muss nicht über die Frage entschieden werden, ob die griechischen Gerichte selbst die Immunität Deutschlands verletzt haben. Diese Frage wurde dem Gerichtshof nicht gestellt und kann weiterhin aus den oben geschilderten Gründen nicht von ihm entschieden werden. Der Gerichtshof beschränkt sich darauf festzustellen, dass generell unter bestimmten Umständen sehr wohl der Fall eintreten kann, dass das in der Sache ergangene Urteil nicht die gerichtliche Immunität des beklagten Staates verletzt, z. B. weil dieser auf seine Immunität vor den Gerichten, vor denen der Sachverhalt verhandelt wird, verzichtet hat, während das in einem anderen Staat eingeleitete Exequaturverfahren durch die Immunität des Beklagten untersagt ist. Daher handelt es sich um zwei verschiedene Fragestellungen und daher kann im vorliegenden Urteil nicht über die Rechtmäßigkeit der Entscheidungen der griechischen Gerichte befunden werden.

    133. Der Gerichtshof gelangt deshalb zu der Auffassung, dass die oben genannten Entscheidungen des Berufungsgerichts Florenz eine Verletzung der Pflichten Italiens bezüglich der gerichtlichen Immunität Deutschlands darstellen.

    VI. Deutschlands SCHLUSSANTRÄGE und eingelegte Rechtsbehelfe

    134. In seinen Schlussanträgen am Ende der mündlichen Verhandlung hat Deutschland sechs Anträge an das Gericht gestellt, wobei es sich bei den drei ersten um Feststellungsanträge handelte, während die letzten drei darauf gerichtet waren, die Schlussfolgerungen aus den festgestellten Verletzungen im Hinblick auf Wiedergutmachung zu ziehen (vgl. Nr. 17 oben). Es ist Aufgabe des Gerichtshofs über diese Anträge im Urteilstenor zu entscheiden.

    135. Aus den in den Abschnitten III, IV und V oben dargestellten Gründen unterstützt der Gerichtshof die ersten drei Anträge Deutschlands, in denen darum ersucht wird festzustellen, dass Italien die gerichtliche Immunität verletzt hat, die Deutschland nach dem Völkerrecht genießt, indem zivilrechtliche Klagen auf Grund von durch das Deutsche Reich zwischen 1943 und 1945 begangenen Verletzungen des humanitären Völkerrechts zugelassen wurden; dass Italien weiterhin die Deutschland geschuldete Immunität durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen die Villa Vigoni verletzt hat und letztlich, dass Italien die Immunität Deutschlands dadurch verletzt hat, dass griechische Urteile zu ähnlichen Vorfällen wie den oben geschilderten in Italien für vollstreckbar erklärt wurden.

    136. In seinem vierten Antrag bittet Deutschland das Gericht zu erkennen, dass angesichts der obigen Ausführungen, die internationale Verantwortung Italiens betroffen ist.

    Es besteht kein Zweifel daran, dass durch die Verletzung bestimmter völkerrechtlicher Pflichten durch Italien seine internationale Verantwortung betroffen ist und ihm aufgrund des allgemeinen Völkerrechts eine Verpflichtung auferlegt wird, die durch die begangenen Unrechtshandlungen entstandenen Verletzungen vollständig wiedergutzumachen. Der Inhalt dieser Verpflichtung zur Wiedergutmachung im vorliegenden Fall wird weiter unten in Zusammenhang mit den deutschen Anträgen fünf und sechs dargestellt. Die diesbezügliche Entscheidung des Gerichtshofs wird im Urteilstenor verkündet. Andererseits erachtet es das Gericht nicht für notwendig, im Tenor eine ausdrückliche Erklärung darüber aufzunehmen, dass die internationale Verantwortung Italiens betroffen ist. Dies wäre völlig redundant, da diese Verantwortung automatisch aus der Feststellung, dass bestimmte Pflichten verletzt wurden, abzuleiten ist.

    137. In seinem fünften Antrag ersucht Deutschland den Gerichtshof zu verfügen, dass Italien mit Mitteln seiner eigenen Wahl alle Maßnahmen ergreift, um sicherzustellen, dass alle Entscheidungen seiner Gerichte und sonstiger Justizbehörden, mit denen die Staatenimmunität Deutschlands verletzt wird, ihre Vollstreckbarkeit verlieren. Dies ist so zu verstehen, dass auch die jeweiligen Entscheidungen ihre Rechtskraft verlieren sollen.

    Nach dem allgemeinen Völkerrecht über die Verantwortung von Staaten für völkerrechtswidriges Handeln wie sie diesbezüglich in Artikel 30 (a) der Artikelentwürfe der International Law Commission zu diesem Thema formuliert wird, ist der für das völkerrechtswidrige Handeln verantwortliche Staat dazu verpflichtet, dieses Handeln einzustellen, wenn es noch fortdauert. Selbst wenn das fragliche Handeln eingestellt wurde, unterliegt der verantwortliche Staat der Verpflichtung im Wege der Wiedergutmachung die Situation wiederherzustellen, die vor der Begehung des rechtwidrigen Handelns bestanden hat, vorausgesetzt, dass die Wiederherstellung nicht tatsächlich unmöglich ist und dass sie für diesen Staat nicht eine Belastung enthält, die außer allem Verhältnis zu dem Vorteil steht, der sich aus der Wiederherstellung anstelle von Schadensersatz ergibt. Diese Regel wird in Artikel 35 der Artikelentwürfe der International Law Commission wiedergegeben.

    Entsprechend ergibt sich, dass der Gerichtshof dem fünften Antrag Deutschlands stattzugeben hat. Die noch rechtskräftigen Entscheidungen und Maßnahmen, die die gerichtliche Immunität Deutschlands verletzt haben, sind außer Kraft zu setzen und die Wirkungen, die bereits durch diese Entscheidungen und Maßnahmen herbeigeführt wurden, rückgängig zu machen, so dass die Situation, die vor Begehung des rechtswidrigen Handelns bestanden hat, wiederhergestellt wird. Es wurde nicht behauptet oder nachgewiesen, dass in diesem Falle eine Wiederherstellung tatsächlich unmöglich wäre oder dass damit eine Belastung für Italien verbunden wäre, die außer allem Verhältnis zu dem Vorteil steht, der sich daraus ergibt. Insbesondere hebt die Tatsache, dass einige der Verletzungen eventuell durch Justizorgane begangen wurden und andere fragliche gerichtliche Entscheidungen nach dem innerstaatlichen Recht Italiens in Rechtskraft erwachsen sind, die Wiederherstellungsverpflichtung Italiens nicht auf. Andererseits hat der Beklagte das Recht, die Mittel zu wählen, die er für am besten geeignet hält, um das erforderliche Ergebnis zu erreichen. Daher ist der Beklagte verpflichtet, dieses Ergebnis durch Erlassen von Regelungen oder Rückgriff auf andere Methoden seiner Wahl zu erzielen, die dieselbe Wirkung haben.

    138. In seinem sechstem Antrag ersucht Deutschland schließlich den Gerichtshof zu verfügen, dass Italien alle Maßnahmen zu ergreifen hat, um in der Zukunft sicherzustellen, dass italienische Gerichte keine Verfahren gegen Deutschland betreiben, die auf den im ersten Vortrag geschilderten Vorfällen beruhen (nämlich Verletzungen des humanitären Völkerrechts, die durch das Deutsche Reich zwischen 1943 und 1945 begangen wurden).

    Wie der Gerichtshof in früheren Fällen bereits ausgeführt hat (vgl. insbesondere Dispute regarding Navigational and Related Rights (Costa Rica v. Nicaragua), Urteil, I.C.J. Reports 2009, S. 367, Nr. 150), gibt es generell keinen Grund für die Annahme, dass ein Staat, dessen Handeln oder Verhalten durch den Gerichtshof für rechtswidrig erklärt wurde, dieses Handeln oder Verhalten in der Zukunft wiederholt, da von seinem guten Glauben auszugehen ist. Während der Gerichtshof den Staat, der für ein völkerrechtswidriges Handeln verantwortlich ist, zur Abgabe von Versicherungen der Nichtwiederholung gegenüber dem verletzten Staat oder zum Ergreifen spezifischer Maßnahmen auffordern kann, um sicherzustellen, dass das rechtswidrige Handeln sich nicht wiederholt, kann er dies nur dann, wenn besondere Umstände herrschen, die dies rechtfertigen, was wiederum vom Gerichtshof im Einzelfall zu entscheiden ist.

    Im vorliegenden Fall hat der Gerichtshof keinen Grund zu der Annahme, dass derartige Umstände vorliegen. Daher wird dem letzten Antrag Deutschlands nicht stattgegeben.

    *

    * *

    139. Aus diesen Gründen

    stellt der Gerichtshof wie folgt fest:

    (1) mit zwölf zu drei Stimmen

    dass die Italienische Republik ihre Pflichten bezüglich der Immunität, die die Bundesrepublik Deutschland nach dem Völkerrecht genießt, verletzt hat, indem zivilrechtliche Klagen gegen sie wegen durch das Deutsche Reich zwischen 1943 und 1945 begangener Verletzungen des humanitären Völkerrechts zugelassen wurden;

    DAFÜR: Präsident Owada, Vizepräsident Tomka, Richter Koroma, Simma, Abraham, Keith, Sepúlveda-Amor, Bennouna, Skotnikov, Greenwood, Xue, Donoghue;

    DAGEGEN: Richter Cançado Trindade, Yusuf, ad-hoc-Richter Gaja;

    (2) mit vierzehn zu einer Stimme

    dass die Italienische Republik ihre Pflichten bezüglich der Immunität, die die Bundesrepublik Deutschland nach dem Völkerrecht genießt, verletzt hat, indem Maßnahmen der Zwangsvollstreckung gegen die Villa Vigoni verhängt wurden;

    DAFÜR: Präsident Owada, Vizepräsident Tomka, Richter Koroma, Simma, Abraham, Keith, Sepúlveda-Amor, Bennouna, Skotnikov, Yusuf, Greenwood, Xue, Donoghue; ad-hoc-Richter Gaja;

    DAGEGEN: Richter Cançado Trindade;

    (3) mit vierzehn zu einer Stimme,

    dass die Italienische Republik ihre Pflichten bezüglich der Immunität, die die Bundesrepublik Deutschland nach dem Völkerrecht genießt, verletzt hat, indem Entscheidungen griechischer Gerichte auf Grundlage von Verletzungen des humanitären Völkerrechts, die in Griechenland durch das Deutsche Reich begangen wurden, für in Italien vollstreckbar erklärt wurden;

    DAFÜR: Präsident Owada, Vizepräsident Tomka, Richter Koroma, Simma, Abraham, Keith, Sepúlveda-Amor, Bennouna, Skotnikov, Yusuf, Greenwood, Xue, Donoghue; ad-hoc-Richter Gaja;

    DAGEGEN: Richter Cançado Trindade;

    (4) mit vierzehn zu einer Stimme,

    dass die Italienische Republik durch Erlass entsprechender Regelungen oder Ergreifen anderer Maßnahmen ihrer Wahl sicherzustellen hat, dass die Entscheidungen ihrer Gerichte und anderer Gerichtsbehörden, welche die Immunität, die die Bundesrepublik Deutschland nach dem Völkerrecht genießt, verletzen, außer Kraft gesetzt werden;

    DAFÜR: Präsident Owada, Vizepräsident Tomka, Richter Koroma, Simma, Abraham, Keith, Sepúlveda-Amor, Bennouna, Skotnikov, Yusuf, Greenwood, Xue, Donoghue; ad-hoc-Richter Gaja;

    DAGEGEN: Richter Cançado Trindade;

    und weist alle anderen Anträge der Bundesrepublik Deutschland

    (5) einstimmig

    zurück.

    Erstellt in französischer und englischer Sprache, wobei der französische Wortlaut maßgeblich ist, im Friedenspalast in Den Haag am dritten Februar zweitausendzwölf, in vier Ausfertigungen, von denen eine dem Archiv des Gerichtshofs zugeführt wird und die anderen an die Regierung der Bundesrepublik Deutschland, die Regierung der Italienischen Republik und die Regierung der Hellenischen Republik ergehen.

    (gezeichnet) Hisashi Owada

    Präsident

    (gezeichnet) Philippe Couvreur,

    Kanzler

    Die Richter KOROMA, KEITH und BENNOUNA fügen dem Urteil des Gerichtshofs gesonderte Voten bei; die Richter CANÇADO TRINDADE und YUSUF fügen dem Urteil des Gerichtshof abweichende Voten bei; ad hoc-Richter GAJA fügt dem Urteil des Gerichtshofs ein abweichendes Votum bei.

    (Paraphiert) H.O.

    (Paraphiert) Ph.C.

  5. Vielen Dank. Woher stammt die Übersetzung?
    Und ja, ich sehe auch nichts von Rechtsnachfolge, sondern nur, daß die BRD als mit D identisch behandelt wird.

  6. Ein Staat ist seiner Natur nach eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, weil er keine private Körperschaft ist. Aber er nimmt auch am Wirtschaftsleben teil, etwa als Arbeitgeber oder als Käufer von Waren oder Dienstleistungen. Ab und zu braucht doch Frau Merkel mal einen Bleistift. Wo ist da das Problem?

  7. Ein Staat ist keine Körperschaft des öffentlichen Rechts, jedenfalls nicht der klassische Staat, sondern er hat welche. Erstmals in D eingeführt im Preußen des 18. Jh. Später vielleicht ausführlicher, hab grad wenig Zeit.

  8. Die Übersetzung habe ich in Auftrag gegeben.- Mein Englisch hätte nicht ausgereicht.

    Copyright by brd2go ;-))

    Es muss ja einen Grund haben, warum solch ein wesentliches Urteil nicht in Deutsch erhältlich ist!!

  9. Um genau hier an dieser Stelle einen Kommentar aus einer anderen Rubrik zu kombinieren, frage ich, worauf eine Landesregierung deren kommunale Abgabenordnung stellt? Basiert alles auf der Abgabenordnung von 1977 ?

    Es ist doch von entscheidender Wichtigkeit für die Sachbearbeiter/innen einer Kommune, wie der Dienstherr seine Arbeitskräfte rechtlich absichert, wenn es immer wieder heißt, die AO wäre wegen des Zitiergebotes nichtig.

    Salvatore

  10. Meiner Erfahrung nach ist das den Sachbearbeitern einer Kommune völlig egal. Sie haben Anweisung von oben und sehen sich daher abgesichert. Mehr wollen sie nicht.

    Siehe mein neuester Blog-Eintrag von eben: Wenn man mal genau hinschaut, stimmt das alles vorne und hinten nicht. Ein einziger großer Schmu.

  11. Danke für die Info!
    Nur noch einmal Richtigstellen:

    >>Ich meine, dass durch das Urteil eins bestätigt wird, die BRD ist NICHT der Rechtsnachfolger des DEUTSCHEN REICHS!<<

  12. Sehe ich auch so, wie gesagt. Vielmehr wird sie als subjektidentisch mit dem Deutschen Reich behandelt – was nicht heißt, daß sie es völkerrechtlich legitimiert sein kann, soweit ich bisher sehe. Sie ist und bleibt die Kammerjungfer, die illegitim auf dem Thron sitzt.

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